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Bildungswege
Biographien zwischen Teilhabe und Ausgrenzung, Biographie- und Lebensweltforschung 13
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Einleitung
Bettina Dausien, Daniela Rothe und Dorothee Schwendowius
Prozesse sozialer Ausgrenzung und gesellschaftliche Ungleichheiten werden in den Sozial- und Bildungswissenschaften seit einigen Jahren wieder verstärkt thematisiert. Anlass dafür sind die sichtbaren Verwerfungen gesellschaftlicher Modernisierung wie die steigende Zahl der Langzeitarbeitslosen, die "Rückkehr der Armut" (z.B. Bude 2010; Butterwegge 2012; Neckel 2013; Mau/Schöneck 2015) und die Zuspitzung gesellschaftlicher Verteilungskonflikte sowie neue Formen von Migration, Grenzverschiebungen, Flucht und kriegerische Konflikte, die mitten in Europa virulent sind. Diese Prozesse betreffen nicht nur Strukturen und Politiken auf der Makro- und Mesoebene der Gesellschaft, sie wirken auch in die alltäglichen Lebensverhältnisse, in die biographischen Erfahrungs- und Handlungsräume der Individuen hinein und werfen die Frage nach den Bedingungen für gesellschaftliche Teilhabe auf.
In der Erziehungswissenschaft wird diese Frage vor allem mit Blick auf das Bildungssystem diskutiert. Dieses ist in modernen Gesellschaften in doppelter Weise an der Ermöglichung und Begrenzung sozialer Teilhabe beteiligt. Einerseits trägt es dazu bei, den Individuen kulturelle Fähigkeiten und Kompetenzen zu vermitteln, die notwendig sind bzw. gesellschaftlich als notwendig erachtet werden, um an den komplexen sozialen, politischen und kulturellen Verhältnissen, in denen wir leben, teilhaben und diese mitgestalten zu können. Andererseits ist Bildung als gesellschaftliches Teilsystem, das historisch und funktional eng an nationalstaatliche Interessen und Ordnungen gebunden ist, seinerseits an der Definition und Institutionalisierung von Teilhabebedingungen beteiligt. Über die Vergabe von Bildungszertifikaten wird der Zugang zu unterschiedlichen beruflichen Positionen ermöglicht oder verschlossen und damit die Positionierung der Subjekte im sozialen Raum wesentlich vorstrukturiert.
Bildungssoziologische und erziehungswissenschaftliche Forschungen haben nun vielfach gezeigt, dass diese Vergabe von Bildungschancen nicht nach meritokratischen Prinzipien erfolgt und auch das Versprechen der Chancengleichheit, die soziale Ungleichheiten kompensieren, wenn nicht gar beseitigen soll, keineswegs eingelöst ist (vgl. Bourdieu/Passeron 1971; Becker/Solga 2012). Die Bildungsinstitutionen sind - offen, vor allem aber vielfach verdeckt - von gesellschaftlichen Differenzkonstruktionen und Machtverhältnissen durchzogen und reproduzieren sie zugleich. Im historischen Rückblick wird sichtbar, dass die Geschichte des Schulsystems aufs engste mit gesellschaftlichen Selektions- und Allokationsfunktionen verbunden ist und die Demokratisierung von Bildungszugängen in der bürgerlichen Gesellschaft noch lange an Klassen- und Geschlechtergrenzen scheitert (vgl. z.B. Friedeburg 1989). Auch in der gegenwärtigen bundesrepublikanischen Gesellschaft, fünfzig Jahre nach der Bildungsreform, sind offene und subtile Mechanismen der Produktion von Ungleichheit im Bildungssystem noch immer wirksam, wobei unter den Bedingungen der Migrationsgesellschaft neue soziale Teilungsstrukturen hinzugekommen sind.
Im Interesse, die Wirkungsweise von Ungleichheit im und durch das Bil-dungssystem genauer zu verstehen, haben empirische Studien beispielsweise die hierarchische Logik der Anerkennung unterschiedlicher lebensweltlicher Zugänge zu Bildung (vgl. z.B. Helsper u.a. 2009; Wiezorek/Grundmann 2013) oder institutionelle Normen, Regelungen und professionelle Handlungsroutinen herausgearbeitet, die zu Benachteiligungen und Ausschlüssen führen (vgl. Gomolla/Radtke 2009; Dirim/Mecheril 2010; Leeman u.a. 2016), und auch Prozesse auf der Mikroebene gezielt untersucht (vgl. Siebholz u.a. 2013). In Abwandlung einer Charakterisierung, die Pierre Bourdieu (vgl. 1987: 98) für sein Konzept des "Habitus" entwickelt hat, könnten auch Bildungsinstitutionen als "strukturierte und strukturierende Strukturen" bezeichnet werden. S
Einleitung
Bettina Dausien, Daniela Rothe und Dorothee Schwendowius
Prozesse sozialer Ausgrenzung und gesellschaftliche Ungleichheiten werden in den Sozial- und Bildungswissenschaften seit einigen Jahren wieder verstärkt thematisiert. Anlass dafür sind die sichtbaren Verwerfungen gesellschaftlicher Modernisierung wie die steigende Zahl der Langzeitarbeitslosen, die "Rückkehr der Armut" (z.B. Bude 2010; Butterwegge 2012; Neckel 2013; Mau/Schöneck 2015) und die Zuspitzung gesellschaftlicher Verteilungskonflikte sowie neue Formen von Migration, Grenzverschiebungen, Flucht und kriegerische Konflikte, die mitten in Europa virulent sind. Diese Prozesse betreffen nicht nur Strukturen und Politiken auf der Makro- und Mesoebene der Gesellschaft, sie wirken auch in die alltäglichen Lebensverhältnisse, in die biographischen Erfahrungs- und Handlungsräume der Individuen hinein und werfen die Frage nach den Bedingungen für gesellschaftliche Teilhabe auf.
In der Erziehungswissenschaft wird diese Frage vor allem mit Blick auf das Bildungssystem diskutiert. Dieses ist in modernen Gesellschaften in doppelter Weise an der Ermöglichung und Begrenzung sozialer Teilhabe beteiligt. Einerseits trägt es dazu bei, den Individuen kulturelle Fähigkeiten und Kompetenzen zu vermitteln, die notwendig sind bzw. gesellschaftlich als notwendig erachtet werden, um an den komplexen sozialen, politischen und kulturellen Verhältnissen, in denen wir leben, teilhaben und diese mitgestalten zu können. Andererseits ist Bildung als gesellschaftliches Teilsystem, das historisch und funktional eng an nationalstaatliche Interessen und Ordnungen gebunden ist, seinerseits an der Definition und Institutionalisierung von Teilhabebedingungen beteiligt. Über die Vergabe von Bildungszertifikaten wird der Zugang zu unterschiedlichen beruflichen Positionen ermöglicht oder verschlossen und damit die Positionierung der Subjekte im sozialen Raum wesentlich vorstrukturiert.
Bildungssoziologische und erziehungswissenschaftliche Forschungen haben nun vielfach gezeigt, dass diese Vergabe von Bildungschancen nicht nach meritokratischen Prinzipien erfolgt und auch das Versprechen der Chancengleichheit, die soziale Ungleichheiten kompensieren, wenn nicht gar beseitigen soll, keineswegs eingelöst ist (vgl. Bourdieu/Passeron 1971; Becker/Solga 2012). Die Bildungsinstitutionen sind - offen, vor allem aber vielfach verdeckt - von gesellschaftlichen Differenzkonstruktionen und Machtverhältnissen durchzogen und reproduzieren sie zugleich. Im historischen Rückblick wird sichtbar, dass die Geschichte des Schulsystems aufs engste mit gesellschaftlichen Selektions- und Allokationsfunktionen verbunden ist und die Demokratisierung von Bildungszugängen in der bürgerlichen Gesellschaft noch lange an Klassen- und Geschlechtergrenzen scheitert (vgl. z.B. Friedeburg 1989). Auch in der gegenwärtigen bundesrepublikanischen Gesellschaft, fünfzig Jahre nach der Bildungsreform, sind offene und subtile Mechanismen der Produktion von Ungleichheit im Bildungssystem noch immer wirksam, wobei unter den Bedingungen der Migrationsgesellschaft neue soziale Teilungsstrukturen hinzugekommen sind.
Im Interesse, die Wirkungsweise von Ungleichheit im und durch das Bil-dungssystem genauer zu verstehen, haben empirische Studien beispielsweise die hierarchische Logik der Anerkennung unterschiedlicher lebensweltlicher Zugänge zu Bildung (vgl. z.B. Helsper u.a. 2009; Wiezorek/Grundmann 2013) oder institutionelle Normen, Regelungen und professionelle Handlungsroutinen herausgearbeitet, die zu Benachteiligungen und Ausschlüssen führen (vgl. Gomolla/Radtke 2009; Dirim/Mecheril 2010; Leeman u.a. 2016), und auch Prozesse auf der Mikroebene gezielt untersucht (vgl. Siebholz u.a. 2013). In Abwandlung einer Charakterisierung, die Pierre Bourdieu (vgl. 1987: 98) für sein Konzept des "Habitus" entwickelt hat, könnten auch Bildungsinstitutionen als "strukturierte und strukturierende Strukturen" bezeichnet werden. S
Details
Medium: Taschenbuch
Seiten: 388
Inhalt: 388 S.
ISBN-13: 9783593506326
ISBN-10: 3593506327
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Dausien, Bettina
Rothe, Daniela
Schwendowius, Dorothee
Redaktion: Dausien, Bettina
Rothe, Daniela
Schwendowius, Dorothee
Herausgeber: Bettina Dausien/Daniela Rothe/Dorothee Schwendowius
Auflage: 1/2016
Besonderheit: Unsere Aufsteiger
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 139 x 23 mm
Erscheinungsdatum: 15.12.2016
Gewicht: 0,481 kg
preigu-id: 107895711
Details
Medium: Taschenbuch
Seiten: 388
Inhalt: 388 S.
ISBN-13: 9783593506326
ISBN-10: 3593506327
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Dausien, Bettina
Rothe, Daniela
Schwendowius, Dorothee
Redaktion: Dausien, Bettina
Rothe, Daniela
Schwendowius, Dorothee
Herausgeber: Bettina Dausien/Daniela Rothe/Dorothee Schwendowius
Auflage: 1/2016
Besonderheit: Unsere Aufsteiger
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 139 x 23 mm
Erscheinungsdatum: 15.12.2016
Gewicht: 0,481 kg
preigu-id: 107895711
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