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Kontrollgewinn - Kontrollverlust
Die Geschichte des Schlafs in der Moderne
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Einleitung: Die Ambivalenz des Schlafens und die Geschichte der Moderne

Hannah Ahlheim

"Es sieht so aus, als hätte die Welt auch uns Erwachsene nicht ganz, nur zu zwei Dritteilen; zu einem Drittel sind wir überhaupt ungeboren. Jedes Erwachen am Morgen ist dann wie eine neue Geburt." Mit diesen Worten beschrieb Sigmund Freud vor fast 100 Jahren unseren allnächtlichen Schlaf. Die einfache Tatsache, dass der Mensch ein Drittel seiner Lebenszeit verschläft, gehört auf die erste Seite nahezu jeder Veröffentlichung zum Schlaf. Doch in Freuds vielzitiertem Satz steckt mehr als die Feststellung, dass jeder Mensch viel Zeit mit Schlafen verbringt. Im Schlaf, das legen Freuds Worte nahe, verlässt der Mensch für einige Stunden die Welt des Wachseins und des Erwachsenseins. Er ist in diesen Stunden so gut wie "ungeboren", in einem Zustand also, den jeder Mensch erfahren hat und der sich doch dem Bewusstsein und der Erinnerung entzieht. Nicht umsonst ist Hypnos, der Schlaf, in der griechischen Mythologie der Zwillingsbruder des Todes.

Der Schlaf ist aber nicht nur für den wachenden Geist unzugänglich und unfassbar, im Schlaf brechen sich auch Ängste, Wünsche und Irratio-nalität Bahn, die der Mensch nicht beherrschen kann. Gespenster nehmen Gestalt an, Phantasien werden erfahrbar und fühlbar, der Traum scheint Wege zu öffnen in innere Welten, die dem wachen Individuum nicht zu-gänglich sind. Die (Angst-)Phantasie, dass der Mensch im Schlaf und Traum die Herrschaft über sein Inneres verlieren könnte und damit an-greifbar wird, begeistert auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein Millio-nenpublikum: Der Protagonist des Hollywood Blockbusters Inception war 2010 im Auftrag des US-Militärs unterwegs, um Menschen durch heim-liches gemeinsames Träumen ihre Geheimnisse zu entreißen und ihnen Gedanken "einzupflanzen", die auch ihr waches Handeln bestimmen sol-len. Entzieht sich also ein Drittel unseres Lebens der rationalen Wahr-nehmung, verliert der Mensch zwangsläufig allnächtlich seine Bewusstheit, seine Entscheidungsgewalt?

Der enge Zusammenhang zwischen dem Schlaf und der Erfahrung des Kontrollverlusts wird jedoch nicht nur während des Schlafens selbst erkennbar, wenn das Bewusstsein erlischt. Vielmehr kann der Mensch auch den Vorgang des Einschlafens, Durchschlafens und Ausschlafens nicht wirklich steuern. "Wir können den Schlaf nicht direkt kontrollieren", das stellte der an der Universität Tübingen beschäftigte Neurowissenschaftler und Schlafforscher Jan Born in einem Interview im Jahr 2013 fest. Schlaf lasse sich nicht erzwingen, er funktioniere nach seinen eigenen Regeln, die die Wissenschaft noch immer nicht entdeckt und verstanden habe. Man könne daher letztlich nur versuchen, empfahl Born, dem Schlaf gegenüber "ein gelassenes Verhältnis zu entwickeln" .

So ein "gelassenes Verhältnis" zum Schlaf scheint allerdings nicht ein-fach zu haben zu sein. In westlichen Industriegesellschaften ist die Angst vor einem Verlust und den Störungen des Schlafes omnipräsent. Experten schreiben über die "unausgeschlafene" oder "schlaflose Gesellschaft" , Schlafstörungen gelten als ernstzunehmende "Zivilisationskrankheit" , die große Teile der Bevölkerung angreift; die Schlafmedizin hat sich als eigenständiges Feld etabliert. Jedes Jahr erscheinen unzählige Feuilletonartikel, Sonderhefte und Sonderbeilagen zum Thema Schlaf, tausende Ratgeber, Internetseiten, Fernseh- und Radiosendungen geben Tipps, wie man "richtig" und "gut" schläft. Verschiedenste Hilfsmittel sollen helfen, den "gesunden" Schlaf wieder zu finden, Therapien, Medikamente, teure Matratzen, Kopfkissen und Schlafzimmereinrichtungen versprechen den "gesunden Schlaf", und Handy-Apps sollen den perfekten Zeitpunkt fürs Aufwachen errechnen. "Richtig" schlafen ist eine wichtige Aufgabe im gesellschaftlichen Alltag, der der Einzelne viel Energie widmen kann - dabei wissen wir noch nicht einmal genau, warum wir eigentlich überhaupt schlafen, gab der Schweizer Schlafexperte Alexa

Einleitung: Die Ambivalenz des Schlafens und die Geschichte der Moderne

Hannah Ahlheim

"Es sieht so aus, als hätte die Welt auch uns Erwachsene nicht ganz, nur zu zwei Dritteilen; zu einem Drittel sind wir überhaupt ungeboren. Jedes Erwachen am Morgen ist dann wie eine neue Geburt." Mit diesen Worten beschrieb Sigmund Freud vor fast 100 Jahren unseren allnächtlichen Schlaf. Die einfache Tatsache, dass der Mensch ein Drittel seiner Lebenszeit verschläft, gehört auf die erste Seite nahezu jeder Veröffentlichung zum Schlaf. Doch in Freuds vielzitiertem Satz steckt mehr als die Feststellung, dass jeder Mensch viel Zeit mit Schlafen verbringt. Im Schlaf, das legen Freuds Worte nahe, verlässt der Mensch für einige Stunden die Welt des Wachseins und des Erwachsenseins. Er ist in diesen Stunden so gut wie "ungeboren", in einem Zustand also, den jeder Mensch erfahren hat und der sich doch dem Bewusstsein und der Erinnerung entzieht. Nicht umsonst ist Hypnos, der Schlaf, in der griechischen Mythologie der Zwillingsbruder des Todes.

Der Schlaf ist aber nicht nur für den wachenden Geist unzugänglich und unfassbar, im Schlaf brechen sich auch Ängste, Wünsche und Irratio-nalität Bahn, die der Mensch nicht beherrschen kann. Gespenster nehmen Gestalt an, Phantasien werden erfahrbar und fühlbar, der Traum scheint Wege zu öffnen in innere Welten, die dem wachen Individuum nicht zu-gänglich sind. Die (Angst-)Phantasie, dass der Mensch im Schlaf und Traum die Herrschaft über sein Inneres verlieren könnte und damit an-greifbar wird, begeistert auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein Millio-nenpublikum: Der Protagonist des Hollywood Blockbusters Inception war 2010 im Auftrag des US-Militärs unterwegs, um Menschen durch heim-liches gemeinsames Träumen ihre Geheimnisse zu entreißen und ihnen Gedanken "einzupflanzen", die auch ihr waches Handeln bestimmen sol-len. Entzieht sich also ein Drittel unseres Lebens der rationalen Wahr-nehmung, verliert der Mensch zwangsläufig allnächtlich seine Bewusstheit, seine Entscheidungsgewalt?

Der enge Zusammenhang zwischen dem Schlaf und der Erfahrung des Kontrollverlusts wird jedoch nicht nur während des Schlafens selbst erkennbar, wenn das Bewusstsein erlischt. Vielmehr kann der Mensch auch den Vorgang des Einschlafens, Durchschlafens und Ausschlafens nicht wirklich steuern. "Wir können den Schlaf nicht direkt kontrollieren", das stellte der an der Universität Tübingen beschäftigte Neurowissenschaftler und Schlafforscher Jan Born in einem Interview im Jahr 2013 fest. Schlaf lasse sich nicht erzwingen, er funktioniere nach seinen eigenen Regeln, die die Wissenschaft noch immer nicht entdeckt und verstanden habe. Man könne daher letztlich nur versuchen, empfahl Born, dem Schlaf gegenüber "ein gelassenes Verhältnis zu entwickeln" .

So ein "gelassenes Verhältnis" zum Schlaf scheint allerdings nicht ein-fach zu haben zu sein. In westlichen Industriegesellschaften ist die Angst vor einem Verlust und den Störungen des Schlafes omnipräsent. Experten schreiben über die "unausgeschlafene" oder "schlaflose Gesellschaft" , Schlafstörungen gelten als ernstzunehmende "Zivilisationskrankheit" , die große Teile der Bevölkerung angreift; die Schlafmedizin hat sich als eigenständiges Feld etabliert. Jedes Jahr erscheinen unzählige Feuilletonartikel, Sonderhefte und Sonderbeilagen zum Thema Schlaf, tausende Ratgeber, Internetseiten, Fernseh- und Radiosendungen geben Tipps, wie man "richtig" und "gut" schläft. Verschiedenste Hilfsmittel sollen helfen, den "gesunden" Schlaf wieder zu finden, Therapien, Medikamente, teure Matratzen, Kopfkissen und Schlafzimmereinrichtungen versprechen den "gesunden Schlaf", und Handy-Apps sollen den perfekten Zeitpunkt fürs Aufwachen errechnen. "Richtig" schlafen ist eine wichtige Aufgabe im gesellschaftlichen Alltag, der der Einzelne viel Energie widmen kann - dabei wissen wir noch nicht einmal genau, warum wir eigentlich überhaupt schlafen, gab der Schweizer Schlafexperte Alexa

Details
Erscheinungsjahr: 2014
Medium: Taschenbuch
Seiten: 231
Inhalt: 231 S.
4 sw Ab.
ISBN-13: 9783593500737
ISBN-10: 3593500736
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Ahlheim, Hannah
Guthmüller, Marie
Kinzler, Sonja
Osten, Philipp
Redaktion: Ahlheim, Hannah
Herausgeber: Hannah Ahlheim
Auflage: 1/2014
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 142 x 14 mm
Erscheinungsdatum: 10.04.2014
Gewicht: 0,307 kg
preigu-id: 105566397
Details
Erscheinungsjahr: 2014
Medium: Taschenbuch
Seiten: 231
Inhalt: 231 S.
4 sw Ab.
ISBN-13: 9783593500737
ISBN-10: 3593500736
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Ahlheim, Hannah
Guthmüller, Marie
Kinzler, Sonja
Osten, Philipp
Redaktion: Ahlheim, Hannah
Herausgeber: Hannah Ahlheim
Auflage: 1/2014
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 142 x 14 mm
Erscheinungsdatum: 10.04.2014
Gewicht: 0,307 kg
preigu-id: 105566397
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