Zum Hauptinhalt springen
Dekorationsartikel gehören nicht zum Leistungsumfang.
A world of new things
Praktiken der Naturgeschichte bei Johann Reinhold Forster, Campus Historische Studien 72
Taschenbuch von Anne Mariss
Sprache: Deutsch

65,00 €*

inkl. MwSt.

Versandkostenfrei per Post / DHL

Aktuell nicht verfügbar

Kategorien:
Beschreibung
Danksagung

Die vorliegende Arbeit ist die gekürzte und leicht überarbeitete Fassung meiner im April 2014 an der Universität Kassel eingereichten Dissertation. Maßgeblich unterstützt wurde die Anfertigung der Arbeit durch die großzügige Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die ich als Mitglied des Graduiertenkollegs 1599 "Dynamiken von Raum und Geschlecht" erfahren durfte. Ein großer Dank geht auch an die Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften, die die Drucklegung der Arbeit finanziell möglich gemacht hat. Danken möchte ich auch den Herausgebern und Herausgeberinnen der Historischen Studien, die meine Arbeit in ihre Reihe aufgenommen haben.

Wissen entsteht stets in komplexen sozialen Zusammenhängen. So hat auch die vorliegende Arbeit von den unterschiedlichen Kontexten profitiert, in denen ich mich in den letzten Jahren bewegt habe. Eine angemessene Würdigung aller am Zustandekommen dieser Arbeit beteiligten Personen erscheint unmöglich, soll aber dennoch versucht werden: Mein erster Dank gilt meiner Betreuerin Prof. Dr. Renate Dürr, die am Gelingen dieser Arbeit großen Anteil hat. Ebenso möchte ich Prof. Dr. Rebekka Habermas, Prof. Dr. Anne-Charlott Trepp sowie Dr. Silke Förschler danken, die mir als Betreuerinnen mit ihrem fachlichen Rat stets zur Seite standen.

Für die anregenden Frühneuzeit-Gespräche innerhalb unserer peer-group möchte ich Dr. Mareike Böth, Sabrina Funkner und Babette Reicherdt danken. Dank geht an dieser Stelle auch an meine ehemaligen Kasseler Kolleginnen Dr. des. Jenny Bauer, Dr. des. Urania Milevski, Dr. Johanna Neu-hauser und Nele Spiering. Die Arbeit hat sehr von der kollegialen Unterstützung sowie dem interdisziplinären Austausch profitiert.

Produktiv gestaltete sich auch die Zusammenarbeit mit dem Oldenburger Graduiertenkolleg 1608 "Selbst-Bildungen. Praktiken der Subjektivierung". Danken möchte ich hier vor allem Lucas Haasis und Constantin Rieske. Ferner danke ich den Mitgliedern des Tübinger Kolloquiums für Neuere Geschichte Dr. Fabian Fechner, Dr. Philip Hahn, Julia Hodapp, Dr. des. Susanne Kofler, Lena Moser und Irina Pawlowsky für den stets anregenden fachlichen Austausch.

Alle Übersetzungen aus dem Lateinischen stammen, soweit nicht anders gekennzeichnet, von Lothar Letsche (Tübingen). Die Übersetzungen aus dem Schwedischen stammen von Lena Moser. Ihnen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Besondere Unterstützung habe ich während der redaktionellen Bearbeitung von den studentischen Hilfskräften Lucas Eigel, Marvin Gedigk, Philip Körtgen, Ulrich Stober, Sarah Schäfer, Sören Sigg, Anna Weininger und Caroline Weißbach erhalten, denen ich für ihre Hilfe danken möchte. Mein Dank gilt auch den vielen stets hilfsbereiten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der in- und ausländischen Archive und Bibliotheken, die mir einen Zugang zu den Quellen erst ermöglicht haben.

Schließlich möchte ich mich bei meiner Familie und Freunden bedanken, die mich - oftmals wohl unwissentlich durch ihr Dasein - stets unterstützt haben: Julia, Maren, Silvie und Stephan sowie meinem Bruder Christoph, deren größter Verdienst wohl darin liegt, nicht über Geschichte geredet zu haben. Mein größter Dank geht an meine Mutter Angelika Mariss, ohne deren liebevolle Unterstützung und unermüdliche Hilfe diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre. Gewidmet ist die Arbeit meinem Vater Werner Mariss.



Tübingen, im September 2015
Anne Mariss





1.Einleitung

Am 19. November 1772 schrieb der deutsche Naturkundler Johann Reinhold Forster (1729-1798), der sich seit etwas mehr als drei Monaten mit Captain James Cook (1728-1779) auf dessen zweiter Weltumsegelung befand, an den befreundeten Gelehrten Thomas Pennant (1726-1798) in England. In seinem Brief schwärmte Forster von einer Welt neuer Dinge, "a world of new things", die es am Kap der Guten Hoffnung zu entdecken und zu erforschen gäbe. Den Brief begleiteten einige dieser >neuen Dinge<, darunter Vogelbälge und kleinere in Spiritus eingelegte Säugetiere sowie eine Kiste mit Tierfellen für Pennants eigene naturkundliche Forschung. Das wissenschaftliche Erkunden >neuer< Welten war eines der zentralen Anliegen der Naturgeschichte im Zeitalter der Aufklärung. Immer mehr europäische Expeditionsschiffe brachen im 18. Jahrhundert zur >Entdeckung< und Erkundung fremder Weltteile auf, deren Pflanzen, Tiere und Völker von den mitreisenden Naturkundlern genauestens unter die Lupe genommen wurden.

Die unauflösliche Verknüpfung zwischen den europäischen Entde-ckungsfahrten und der aufklärerischen Naturgeschichte wird besonders anschaulich auf dem Frontispiz des vierbändigen Thesaurus des deutsch-niederländischen Apothekers und Naturaliensammlers Albert Seba (1655-1733). Im Vordergrund des Frontispiz sind Putten bei >typischen< naturkundlichen Praktiken zu beobachten: Sie sammeln, beobachten und klassifizieren Dinge aus der Natur wie Korallen, Muscheln, kleinere Säugetiere, Pflanzen und Fossilien. Die im Gras liegenden Bücher und Illustrationen deuten darauf hin, dass die Knaben die Naturalien mit Beschreibungen und Darstellungen abgleichen. Eine der Putten hält ein Blatt mit Pflanzenabbildungen in der Hand und studiert es eingehend. Die anderen beiden Knaben scheinen angeregt über die seltsam geformten Korallen zu diskutieren. Wieder ein anderer hält ein Buch in der Hand, ohne es allerdings aufgeschlagen vor sich liegen zu haben. In den Tätigkeiten der Putten treten deutlich die Aufgaben von Naturforschung zu Tage. Was auf dem Kupferstich durch die Darstellung der Putten ein wenig drollig wirkt, gehörte zu den alltäglichen Aufgaben der Naturkundler im Zeitalter der Aufklärung.

Im Bildmittelgrund wird eine neue Darstellungsebene eröffnet. Dort sind auf der linken Seite typisierte Repräsentanten fremder Völker, auf der rechten Seite allegorische Darstellungen abendländischer Tugenden zu sehen. Schaut man sich die Idealtypen genauer an, so lässt sich erkennen, dass sie die vier damals bekannten Teile der Erde repräsentieren, das heißt Afrika, Asien und Amerika sowie Europa mit einem gekrönten Haupt. Die Allegorie der Europa steht etwas abseits der anderen Weltteile und räumlich näher an der allegorischen Personengruppe auf der rechten Seite, was auf ihre Sonderstellung unter den Kontinenten verweist. Sie trägt das Füllhorn mit den exotischen Schätzen der Natur in Form von Früchten und Pflanzen. Mit der weiblichen Allegorie der Naturkunde (Physica) diskutiert die Betriebsamkeit (Industria) "die verschiedenartigen bewunderungswürdigen Werke der Natur, welche sie in den drei Reichen der Tiere, Pflanzen und Steine an den Küsten des Erdkreises mit Hilfe von Handel und Schifffahrt entdeckt hat", wie der Bildunterschrift zu entnehmen ist. Industria ist hier erkennbar am Attribut des Bienenstocks, der auf die Nützlichkeit der Natur und ihrer Erforschung anspielt. Kronos wird als bärtiger Greis mit Sichel dargestellt und symbolisiert den zeitlichen Fortschritt Europas gegenüber anderen Teilen der Welt. Die zweite weibliche Allegorie könnte aufgrund des Attributs des Ölzweigs Pax, den Frieden, darstellen. Überstrahlt wird die Personengruppe auf der rechten Seite von der Sonne als Symbol für die buchstäbliche >Er-leuchtung<, die mit dem Zusammenspiel von Betriebsamkeit, Frieden und Fortschritt einhergeht. Das Licht in die Welt zu bringen, versinnbildlicht hier das aufklärerische Bestreben, über die Erforschung der Natur zu einer >wahren< Erkenntnis der Welt zu gelangen, während die Allegorien den wissenschaftlichen und ökonomischen Fortschritt Europas verkörpern.

Im Bildhintergrund sind der Ozean und Segelschiffe zu erkennen, die auf die europäische Expansion anspielen und das Bildprogramm neben den Erdteilallegorien in einem globalen Kontext verorten. Auch die Palme sowie die Details im Vordergrund, die exotischen Tiere und Pflanzen, situieren das Geschehen in einer nicht weiter spezifizierten Fremde. Sowohl die Verräumlichung der Szenerie als auch die vier Weltteile verweisen auf die globale Dimension von Naturforschung in der Frühen Neuzeit.

Das hier beschriebene Bildprogramm führt - wenngleich in einer eurozentrischen und idealisierten Art und Weise - zum Kern der vorliegenden Arbeit. Die zentrale Fragstellung lautet, wie Naturgeschichte in spezifischen historischen Settings >gemacht< wurde und welche sozialen und kulturellen Praktiken mit der Produktion naturhistorischen Wissens verknüpft waren. Der Fokus liegt dabei auf den globalen bzw. translokalen Dimensionen der Naturgeschichte. Diese sollen anhand eines bestimmten historischen Ak-teurs, seiner Praktiken und Handlungen, sowie anhand der sich aus seinem Wirken aufscheinenden Wissensräume untersucht werden. Als eines der umfassendsten und weitreichendsten Wissensgebiete der Aufklärung ist die Naturgeschichte nicht nur als wissenschaftliches System, sondern als breit gefächertes sozio-kulturelles Phänomen zu erfassen, so die zentrale These der Arbeit. Mehr noch als andere Wissensgebiete zeichnete sich die Naturgeschichte durch ihre spezifischen sozialen und kulturellen Praktiken aus, die allein durch eine ideen- oder mentalitätsgeschichtliche Herangehensweise nicht zu greifen sind. Die frühneuzeitliche Naturgeschichte ist deshalb als Konzept und Praxis gleichermaßen zu begreifen und zu erforschen. Dies gilt insofern umso mehr, als Wissen und Wissenschaft im 18. Jahrhundert, dem >Zeitalter der Geselligkeit<, erst durch soziale Praktiken Gültigkeit er-hielten. Der gegenseitige Austausch von Wissen, sei es in materieller oder immaterieller Form, über die unterschiedlichen Kommunikationswege wie persönliches Gespräch, Brief oder Zeitung war eines der Kernanliegen der aufgeklärten Wissensgesellschaft.

Seit Längerem schon ist es ein Gemeinplatz der Wissen(schaft)s-geschichte, dass Wissen innerhalb von...
Danksagung

Die vorliegende Arbeit ist die gekürzte und leicht überarbeitete Fassung meiner im April 2014 an der Universität Kassel eingereichten Dissertation. Maßgeblich unterstützt wurde die Anfertigung der Arbeit durch die großzügige Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die ich als Mitglied des Graduiertenkollegs 1599 "Dynamiken von Raum und Geschlecht" erfahren durfte. Ein großer Dank geht auch an die Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften, die die Drucklegung der Arbeit finanziell möglich gemacht hat. Danken möchte ich auch den Herausgebern und Herausgeberinnen der Historischen Studien, die meine Arbeit in ihre Reihe aufgenommen haben.

Wissen entsteht stets in komplexen sozialen Zusammenhängen. So hat auch die vorliegende Arbeit von den unterschiedlichen Kontexten profitiert, in denen ich mich in den letzten Jahren bewegt habe. Eine angemessene Würdigung aller am Zustandekommen dieser Arbeit beteiligten Personen erscheint unmöglich, soll aber dennoch versucht werden: Mein erster Dank gilt meiner Betreuerin Prof. Dr. Renate Dürr, die am Gelingen dieser Arbeit großen Anteil hat. Ebenso möchte ich Prof. Dr. Rebekka Habermas, Prof. Dr. Anne-Charlott Trepp sowie Dr. Silke Förschler danken, die mir als Betreuerinnen mit ihrem fachlichen Rat stets zur Seite standen.

Für die anregenden Frühneuzeit-Gespräche innerhalb unserer peer-group möchte ich Dr. Mareike Böth, Sabrina Funkner und Babette Reicherdt danken. Dank geht an dieser Stelle auch an meine ehemaligen Kasseler Kolleginnen Dr. des. Jenny Bauer, Dr. des. Urania Milevski, Dr. Johanna Neu-hauser und Nele Spiering. Die Arbeit hat sehr von der kollegialen Unterstützung sowie dem interdisziplinären Austausch profitiert.

Produktiv gestaltete sich auch die Zusammenarbeit mit dem Oldenburger Graduiertenkolleg 1608 "Selbst-Bildungen. Praktiken der Subjektivierung". Danken möchte ich hier vor allem Lucas Haasis und Constantin Rieske. Ferner danke ich den Mitgliedern des Tübinger Kolloquiums für Neuere Geschichte Dr. Fabian Fechner, Dr. Philip Hahn, Julia Hodapp, Dr. des. Susanne Kofler, Lena Moser und Irina Pawlowsky für den stets anregenden fachlichen Austausch.

Alle Übersetzungen aus dem Lateinischen stammen, soweit nicht anders gekennzeichnet, von Lothar Letsche (Tübingen). Die Übersetzungen aus dem Schwedischen stammen von Lena Moser. Ihnen möchte ich an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Besondere Unterstützung habe ich während der redaktionellen Bearbeitung von den studentischen Hilfskräften Lucas Eigel, Marvin Gedigk, Philip Körtgen, Ulrich Stober, Sarah Schäfer, Sören Sigg, Anna Weininger und Caroline Weißbach erhalten, denen ich für ihre Hilfe danken möchte. Mein Dank gilt auch den vielen stets hilfsbereiten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der in- und ausländischen Archive und Bibliotheken, die mir einen Zugang zu den Quellen erst ermöglicht haben.

Schließlich möchte ich mich bei meiner Familie und Freunden bedanken, die mich - oftmals wohl unwissentlich durch ihr Dasein - stets unterstützt haben: Julia, Maren, Silvie und Stephan sowie meinem Bruder Christoph, deren größter Verdienst wohl darin liegt, nicht über Geschichte geredet zu haben. Mein größter Dank geht an meine Mutter Angelika Mariss, ohne deren liebevolle Unterstützung und unermüdliche Hilfe diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre. Gewidmet ist die Arbeit meinem Vater Werner Mariss.



Tübingen, im September 2015
Anne Mariss





1.Einleitung

Am 19. November 1772 schrieb der deutsche Naturkundler Johann Reinhold Forster (1729-1798), der sich seit etwas mehr als drei Monaten mit Captain James Cook (1728-1779) auf dessen zweiter Weltumsegelung befand, an den befreundeten Gelehrten Thomas Pennant (1726-1798) in England. In seinem Brief schwärmte Forster von einer Welt neuer Dinge, "a world of new things", die es am Kap der Guten Hoffnung zu entdecken und zu erforschen gäbe. Den Brief begleiteten einige dieser >neuen Dinge<, darunter Vogelbälge und kleinere in Spiritus eingelegte Säugetiere sowie eine Kiste mit Tierfellen für Pennants eigene naturkundliche Forschung. Das wissenschaftliche Erkunden >neuer< Welten war eines der zentralen Anliegen der Naturgeschichte im Zeitalter der Aufklärung. Immer mehr europäische Expeditionsschiffe brachen im 18. Jahrhundert zur >Entdeckung< und Erkundung fremder Weltteile auf, deren Pflanzen, Tiere und Völker von den mitreisenden Naturkundlern genauestens unter die Lupe genommen wurden.

Die unauflösliche Verknüpfung zwischen den europäischen Entde-ckungsfahrten und der aufklärerischen Naturgeschichte wird besonders anschaulich auf dem Frontispiz des vierbändigen Thesaurus des deutsch-niederländischen Apothekers und Naturaliensammlers Albert Seba (1655-1733). Im Vordergrund des Frontispiz sind Putten bei >typischen< naturkundlichen Praktiken zu beobachten: Sie sammeln, beobachten und klassifizieren Dinge aus der Natur wie Korallen, Muscheln, kleinere Säugetiere, Pflanzen und Fossilien. Die im Gras liegenden Bücher und Illustrationen deuten darauf hin, dass die Knaben die Naturalien mit Beschreibungen und Darstellungen abgleichen. Eine der Putten hält ein Blatt mit Pflanzenabbildungen in der Hand und studiert es eingehend. Die anderen beiden Knaben scheinen angeregt über die seltsam geformten Korallen zu diskutieren. Wieder ein anderer hält ein Buch in der Hand, ohne es allerdings aufgeschlagen vor sich liegen zu haben. In den Tätigkeiten der Putten treten deutlich die Aufgaben von Naturforschung zu Tage. Was auf dem Kupferstich durch die Darstellung der Putten ein wenig drollig wirkt, gehörte zu den alltäglichen Aufgaben der Naturkundler im Zeitalter der Aufklärung.

Im Bildmittelgrund wird eine neue Darstellungsebene eröffnet. Dort sind auf der linken Seite typisierte Repräsentanten fremder Völker, auf der rechten Seite allegorische Darstellungen abendländischer Tugenden zu sehen. Schaut man sich die Idealtypen genauer an, so lässt sich erkennen, dass sie die vier damals bekannten Teile der Erde repräsentieren, das heißt Afrika, Asien und Amerika sowie Europa mit einem gekrönten Haupt. Die Allegorie der Europa steht etwas abseits der anderen Weltteile und räumlich näher an der allegorischen Personengruppe auf der rechten Seite, was auf ihre Sonderstellung unter den Kontinenten verweist. Sie trägt das Füllhorn mit den exotischen Schätzen der Natur in Form von Früchten und Pflanzen. Mit der weiblichen Allegorie der Naturkunde (Physica) diskutiert die Betriebsamkeit (Industria) "die verschiedenartigen bewunderungswürdigen Werke der Natur, welche sie in den drei Reichen der Tiere, Pflanzen und Steine an den Küsten des Erdkreises mit Hilfe von Handel und Schifffahrt entdeckt hat", wie der Bildunterschrift zu entnehmen ist. Industria ist hier erkennbar am Attribut des Bienenstocks, der auf die Nützlichkeit der Natur und ihrer Erforschung anspielt. Kronos wird als bärtiger Greis mit Sichel dargestellt und symbolisiert den zeitlichen Fortschritt Europas gegenüber anderen Teilen der Welt. Die zweite weibliche Allegorie könnte aufgrund des Attributs des Ölzweigs Pax, den Frieden, darstellen. Überstrahlt wird die Personengruppe auf der rechten Seite von der Sonne als Symbol für die buchstäbliche >Er-leuchtung<, die mit dem Zusammenspiel von Betriebsamkeit, Frieden und Fortschritt einhergeht. Das Licht in die Welt zu bringen, versinnbildlicht hier das aufklärerische Bestreben, über die Erforschung der Natur zu einer >wahren< Erkenntnis der Welt zu gelangen, während die Allegorien den wissenschaftlichen und ökonomischen Fortschritt Europas verkörpern.

Im Bildhintergrund sind der Ozean und Segelschiffe zu erkennen, die auf die europäische Expansion anspielen und das Bildprogramm neben den Erdteilallegorien in einem globalen Kontext verorten. Auch die Palme sowie die Details im Vordergrund, die exotischen Tiere und Pflanzen, situieren das Geschehen in einer nicht weiter spezifizierten Fremde. Sowohl die Verräumlichung der Szenerie als auch die vier Weltteile verweisen auf die globale Dimension von Naturforschung in der Frühen Neuzeit.

Das hier beschriebene Bildprogramm führt - wenngleich in einer eurozentrischen und idealisierten Art und Weise - zum Kern der vorliegenden Arbeit. Die zentrale Fragstellung lautet, wie Naturgeschichte in spezifischen historischen Settings >gemacht< wurde und welche sozialen und kulturellen Praktiken mit der Produktion naturhistorischen Wissens verknüpft waren. Der Fokus liegt dabei auf den globalen bzw. translokalen Dimensionen der Naturgeschichte. Diese sollen anhand eines bestimmten historischen Ak-teurs, seiner Praktiken und Handlungen, sowie anhand der sich aus seinem Wirken aufscheinenden Wissensräume untersucht werden. Als eines der umfassendsten und weitreichendsten Wissensgebiete der Aufklärung ist die Naturgeschichte nicht nur als wissenschaftliches System, sondern als breit gefächertes sozio-kulturelles Phänomen zu erfassen, so die zentrale These der Arbeit. Mehr noch als andere Wissensgebiete zeichnete sich die Naturgeschichte durch ihre spezifischen sozialen und kulturellen Praktiken aus, die allein durch eine ideen- oder mentalitätsgeschichtliche Herangehensweise nicht zu greifen sind. Die frühneuzeitliche Naturgeschichte ist deshalb als Konzept und Praxis gleichermaßen zu begreifen und zu erforschen. Dies gilt insofern umso mehr, als Wissen und Wissenschaft im 18. Jahrhundert, dem >Zeitalter der Geselligkeit<, erst durch soziale Praktiken Gültigkeit er-hielten. Der gegenseitige Austausch von Wissen, sei es in materieller oder immaterieller Form, über die unterschiedlichen Kommunikationswege wie persönliches Gespräch, Brief oder Zeitung war eines der Kernanliegen der aufgeklärten Wissensgesellschaft.

Seit Längerem schon ist es ein Gemeinplatz der Wissen(schaft)s-geschichte, dass Wissen innerhalb von...
Details
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Geschichte
Jahrhundert: Neuzeit
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 459 S.
ISBN-13: 9783593504773
ISBN-10: 3593504774
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Mariss, Anne
Auflage: 1/2015
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 141 x 28 mm
Von/Mit: Anne Mariss
Erscheinungsdatum: 10.12.2015
Gewicht: 0,581 kg
Artikel-ID: 104700430
Details
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Geschichte
Jahrhundert: Neuzeit
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 459 S.
ISBN-13: 9783593504773
ISBN-10: 3593504774
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Mariss, Anne
Auflage: 1/2015
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 141 x 28 mm
Von/Mit: Anne Mariss
Erscheinungsdatum: 10.12.2015
Gewicht: 0,581 kg
Artikel-ID: 104700430
Warnhinweis