Dekorationsartikel gehören nicht zum Leistungsumfang.
Soziale Medien in Protestbewegungen
Neue Wege für Diskurs, Organisation und Empörung?
Taschenbuch von Marianne/Richter, Saskia Kneuer
Sprache: Deutsch

35,00 €*

inkl. MwSt.

Versandkostenfrei per Post / DHL

Aktuell nicht verfügbar

Kategorien:
Beschreibung
1. Einleitung

Möglicherweise wird das zweite Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts als Jahrzehnt der Protestbewegungen in die historische Betrachtung eingehen. Derzeit sind überall auf der Welt partizipative Schübe zu beobachten. Ausgelöst wurde diese Phase breiter Bürgerproteste in Tunesien im Dezember 2010, von wo aus sie in die arabische Welt hinwirkten mit freilich ganz unterschiedlichen Resultaten: Systemumbrüche und politische Neuanfänge in Tunesien und Ägypten, Bürgerkriege in Libyen und Syrien, während in Bahrein und Jemen die Machthaber relativ rasch wieder die autoritäre Kontrolle erlangten oder in Marokko und Jordanien, die Bürger mit kosmetischen Veränderungen ruhig zu stellen versucht wurden. Bei den Aufständen des Arabischen Frühlings erwiesen sich vor allem zwei Protestformen als charakteristisch und besonders effektiv sowohl, um die autoritären Machthaber im Land und der Region unter Druck zu setzen als auch, um internationale Aufmerksamkeit zu erlangen: das Besetzen zentraler Plätze und die intensive Nutzung sozialer Medien durch die Aktivisten. Die massenhaften Ansammlungen auf zentralen Plätzen der Städte wie dem Tahrir-Platz in Kairo wurden zu einem symbolgeladenen Akt des Kampfes für einen freien öffentlichen Raum. Zugleich schufen die Protestierenden einen virtuellen Raum über digitale Medien und nutzen vor allem die sozialen Medien Facebook und Twitter, um ohne Zugriff durch die Herrschaftsstrukturen zu kommunizieren, die Aktionen zu koordinieren und dafür zu mobilisieren.
Die Proteste im arabischen Raum strahlten rasch in den Kreis etablierter Demokratien aus und inspirierten zunächst im nahen Südeuropa Bürgerbewegungen von Empörten (Indignados), die sich vor allem in Bezug auf zwei diese prägenden Formen - die Ansammlung der Massen auf zentralen Plätzen sowie die Nutzung sozialer Medien - an die arabischen Antagonisten anlehnten. So fanden sich in Portugal am 12. März 2011 rund 200.000 Menschen auf dem Rossio-Platz in Lissabon zusammen, um ihre Unzufriedenheit gegenüber der politischen Klasse im Allgemeinen, der Regierungspolitik im Zuge der Verschuldungskrise und ihrer Verzweiflung ob der fehlenden Zukunftsperspektiven Ausdruck zu geben (Fonseca 2012). Prominenter wurde allerdings die Zeltstadt - für die das spanische Wort Acampada inzwischen sprichwörtlich geworden ist - auf dem zentralen Platz Puerta del Sol in Madrid und der Plaça de Catalunya in Barcelona. Sowohl das Besetzen der Plätze als auch die Zeltlager wurden in anderen spanischen und portugiesischen Städten sowie darüber hinaus nachgeahmt - so in Griechenland auf dem Syntagma-Platz in Athen, in Italien und in Tel Aviv auf dem Rothschild-Boulevard, wo im September 2011 die größte Massenproteste in der Geschichte des Landes stattfanden (Nathanson 2011) -, bevor die Idee dann im Oktober in die USA schwappte. Dort lehnte sich Occupy Wall Street mit der Besetzung des New Yorker Zucotti-Platzes im Wall Street-Bezirk an das spanische Vorbild der Acampada an und übernahm auch die in Spanien praktizierten versammlungsdemokratischen Elemente, die asambleas (Mörtenböck, Mooshammer 2012; Motha 2012; Gamson 2013). Anschließend diffundierte die Protestidee von Occupy zunächst nach Europa, danach nach Asien und Australien.
Nach dem Arabischen Frühling, dem Europäischen Sommer und dem Amerikanischen Herbst, wie Gerbaudo (2012: 11) es ausdrückt, setzte sich das Muster fort, öffentliche Räume - offline wie online - zu besetzen, um Protest Ausdruck zu geben. So flammten 2013 neue Bewegungen auf: gegen das Bauprojekt im Gezi-Park, das mit der Besetzung des Taksim-Platzes in Istanbul beantwortet wurde und die Auseinandersetzungen über den Bau von Stadien vor der Fußball-WM in Brasilien seit dem Sommer 2013. Auch die Besetzung des Majdan in Kiew, mit dem die pro-europäischen Ukrainer im Herbst 2013 gegen die Nichtunterzeichnung des Assoziierungsabkommen mit der EU protestierten, wurde zu einem Synonym des politischen Widerstandes gegen eine auto
1. Einleitung

Möglicherweise wird das zweite Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts als Jahrzehnt der Protestbewegungen in die historische Betrachtung eingehen. Derzeit sind überall auf der Welt partizipative Schübe zu beobachten. Ausgelöst wurde diese Phase breiter Bürgerproteste in Tunesien im Dezember 2010, von wo aus sie in die arabische Welt hinwirkten mit freilich ganz unterschiedlichen Resultaten: Systemumbrüche und politische Neuanfänge in Tunesien und Ägypten, Bürgerkriege in Libyen und Syrien, während in Bahrein und Jemen die Machthaber relativ rasch wieder die autoritäre Kontrolle erlangten oder in Marokko und Jordanien, die Bürger mit kosmetischen Veränderungen ruhig zu stellen versucht wurden. Bei den Aufständen des Arabischen Frühlings erwiesen sich vor allem zwei Protestformen als charakteristisch und besonders effektiv sowohl, um die autoritären Machthaber im Land und der Region unter Druck zu setzen als auch, um internationale Aufmerksamkeit zu erlangen: das Besetzen zentraler Plätze und die intensive Nutzung sozialer Medien durch die Aktivisten. Die massenhaften Ansammlungen auf zentralen Plätzen der Städte wie dem Tahrir-Platz in Kairo wurden zu einem symbolgeladenen Akt des Kampfes für einen freien öffentlichen Raum. Zugleich schufen die Protestierenden einen virtuellen Raum über digitale Medien und nutzen vor allem die sozialen Medien Facebook und Twitter, um ohne Zugriff durch die Herrschaftsstrukturen zu kommunizieren, die Aktionen zu koordinieren und dafür zu mobilisieren.
Die Proteste im arabischen Raum strahlten rasch in den Kreis etablierter Demokratien aus und inspirierten zunächst im nahen Südeuropa Bürgerbewegungen von Empörten (Indignados), die sich vor allem in Bezug auf zwei diese prägenden Formen - die Ansammlung der Massen auf zentralen Plätzen sowie die Nutzung sozialer Medien - an die arabischen Antagonisten anlehnten. So fanden sich in Portugal am 12. März 2011 rund 200.000 Menschen auf dem Rossio-Platz in Lissabon zusammen, um ihre Unzufriedenheit gegenüber der politischen Klasse im Allgemeinen, der Regierungspolitik im Zuge der Verschuldungskrise und ihrer Verzweiflung ob der fehlenden Zukunftsperspektiven Ausdruck zu geben (Fonseca 2012). Prominenter wurde allerdings die Zeltstadt - für die das spanische Wort Acampada inzwischen sprichwörtlich geworden ist - auf dem zentralen Platz Puerta del Sol in Madrid und der Plaça de Catalunya in Barcelona. Sowohl das Besetzen der Plätze als auch die Zeltlager wurden in anderen spanischen und portugiesischen Städten sowie darüber hinaus nachgeahmt - so in Griechenland auf dem Syntagma-Platz in Athen, in Italien und in Tel Aviv auf dem Rothschild-Boulevard, wo im September 2011 die größte Massenproteste in der Geschichte des Landes stattfanden (Nathanson 2011) -, bevor die Idee dann im Oktober in die USA schwappte. Dort lehnte sich Occupy Wall Street mit der Besetzung des New Yorker Zucotti-Platzes im Wall Street-Bezirk an das spanische Vorbild der Acampada an und übernahm auch die in Spanien praktizierten versammlungsdemokratischen Elemente, die asambleas (Mörtenböck, Mooshammer 2012; Motha 2012; Gamson 2013). Anschließend diffundierte die Protestidee von Occupy zunächst nach Europa, danach nach Asien und Australien.
Nach dem Arabischen Frühling, dem Europäischen Sommer und dem Amerikanischen Herbst, wie Gerbaudo (2012: 11) es ausdrückt, setzte sich das Muster fort, öffentliche Räume - offline wie online - zu besetzen, um Protest Ausdruck zu geben. So flammten 2013 neue Bewegungen auf: gegen das Bauprojekt im Gezi-Park, das mit der Besetzung des Taksim-Platzes in Istanbul beantwortet wurde und die Auseinandersetzungen über den Bau von Stadien vor der Fußball-WM in Brasilien seit dem Sommer 2013. Auch die Besetzung des Majdan in Kiew, mit dem die pro-europäischen Ukrainer im Herbst 2013 gegen die Nichtunterzeichnung des Assoziierungsabkommen mit der EU protestierten, wurde zu einem Synonym des politischen Widerstandes gegen eine auto
Details
Erscheinungsjahr: 2015
Fachbereich: Medienwissenschaften
Genre: Medienwissenschaften
Rubrik: Wissenschaften
Medium: Taschenbuch
Seiten: 234
Inhalt: 234 S.
ISBN-13: 9783593503004
ISBN-10: 359350300X
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Kneuer, Marianne/Richter, Saskia
Auflage: 1/2015
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 140 x 14 mm
Von/Mit: Marianne/Richter, Saskia Kneuer
Erscheinungsdatum: 11.06.2015
Gewicht: 0,304 kg
preigu-id: 105018428
Details
Erscheinungsjahr: 2015
Fachbereich: Medienwissenschaften
Genre: Medienwissenschaften
Rubrik: Wissenschaften
Medium: Taschenbuch
Seiten: 234
Inhalt: 234 S.
ISBN-13: 9783593503004
ISBN-10: 359350300X
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Kneuer, Marianne/Richter, Saskia
Auflage: 1/2015
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 140 x 14 mm
Von/Mit: Marianne/Richter, Saskia Kneuer
Erscheinungsdatum: 11.06.2015
Gewicht: 0,304 kg
preigu-id: 105018428
Warnhinweis

Ähnliche Produkte

Ähnliche Produkte