Zum Hauptinhalt springen
Dekorationsartikel gehören nicht zum Leistungsumfang.
Recht ohne Staat?
Zur Normativität nichtstaatlicher Rechtsetzung, Normative Orders 4
Taschenbuch von Stefan Kadelbach
Sprache: Deutsch

35,00 €*

inkl. MwSt.

Versandkostenfrei per Post / DHL

Aktuell nicht verfügbar

Kategorien:
Beschreibung
Kann es Recht ohne Staat geben? Diese Frage hat in verschiedenen Zyklen Rechtssoziologen, Rechtsethnologen, Rechtstheoretiker, Rechtshistoriker sowie Wirtschafts- und Privatrechtler beschäftigt. Das anhaltende Interesse an ihr hat verschiedene Ursachen. Zum einen hat sich der Staat nach dem Siegeszug neoliberaler Wirtschaftspolitik seit den achtziger Jahren bewusst von vielen Bereichen, teils auch von regelrechten Kernaufgaben, zurückgezogen. Zum zweiten wird als Kehrseite der zunehmenden globalen Mobilität von Unternehmen und Kapital und den mit ihr einhergehenden Optionen, sich dem Zugriff eines (national-)staatlichen Rechts zu entziehen, ein Schwinden der Staatlichkeit wahrgenommen. Zeitgleich vollzog sich, drittens, eine Entterritorialisierung des Rechts: Ein guter Teil des Handels wird über elektronische Medien von Gesellschaften und Reedereien vereinbart, die sich nicht ohne Weiteres innerhalb eines Staatsgebietes lokalisieren lassen; Recht wandert mit grenzüberschreitend tätigen Akteuren: Seien dies Unternehmen, internationale Zusammenschlüsse von Anwaltskanzleien, Entwicklungshilfeorganisationen oder Armeen, sie alle bringen eigene Standards in ihre Wirkungsgebiete mit. Viertens schließlich macht sich der Einfluss der anglophonen Rechts- und Sozialwissenschaften bemerkbar, für die eine notwendige Verknüpfung von Staat und Recht noch nie als so essenziell galt, wie dies nach der sehr speziellen Geschichte des deutschen Rechtsstaates hierzulande lange der Fall war.Eine der Folgen dieser Dissoziation von Staat und Recht ist ein Wiedererwachen der Theorie des Rechtspluralismus. Rechtspluralismus herrscht auf einem sozialen Feld, auf dem mehr als eine rechtliche Ordnung gilt. Das staatlich gesetzte Recht wäre dann nicht das einzige Recht in einer Gesellschaft; vielmehr gibt es neben dem Staat auch noch andere gesellschaftliche Formationen mit rechtsetzender Autorität, die kollektiv verbindliche Normen schaffen. Um ein Wiedererwachen handelt es sich, weil der Rechtspluralismus historisch gleichsam der Normalfall ist und ein einheitliches, exklusives, um eine staatliche Autorität zentriertes Recht die Ausnahme. Abgesehen davon, dass sich bezweifeln lässt, ob ein solcher Rechtszentralismus eine triftige Beschreibung moderner Staaten der Gegenwart ist, scheint er den Blick auf die lange rechtspluralistische Vergangenheit eher verstellt zu haben.Für diejenigen, die ein Absterben des Staates beobachten, ist die rechtspluralistische Perspektive intuitiv plausibel. Der Blick richtet sich auf mögliche Surrogate staatlicher Gesetzgebung, die in privater Selbstregulierung, der Normproduktion supra- und internationaler Organisationen oder in staatlich-privaten Hybridnormierungen erkannt werden. Die Vielzahl von Normproduzenten, die mit der Zeit auf den Plan getreten sind, lässt sich, so scheint es, zwanglos in ein neues Bild einfügen, das nicht mehr von einem einheitlich gedachten staatlichen Willen, sondern von der Fragmentiertheit der Gesellschaft und ihres Rechts ausgeht. Innerstaatliches oder auch exterritorial wirkendes staatliches Recht hätte hier ebenso seinen Platz wie das Völkerrecht, die lex mercatoria des internationalen Handels und die corporate governance-Standards multinationaler Unternehmen, aber auch schwächer normierte Vereinbarungen oder Prozeduren zwischen Regierungen oder Regierungen und privaten Unternehmen, schließlich auch die normsetzenden Aktivitäten vieler Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Die funktionale Differenzierung der Weltgesellschaft kann rechtstheoretisch beschrieben, womöglich sogar erklärt werden.Allerdings stellen sich neue Fragen. So wird man sich mit dem Einwand beschäftigen müssen, dass nicht alles, was Vertreter des Rechtspluralismus als Recht einordnen, Recht sei. Wenn sich eine Gruppe von Unternehmen freiwillig zur Einhaltung bestimmter Umweltstandards verpflichtet - handelt es sich dann um "Recht"? Der Einwand zielt auf eine zentrale Kontroverse um den Rechtspluralismus. Die Theori
Kann es Recht ohne Staat geben? Diese Frage hat in verschiedenen Zyklen Rechtssoziologen, Rechtsethnologen, Rechtstheoretiker, Rechtshistoriker sowie Wirtschafts- und Privatrechtler beschäftigt. Das anhaltende Interesse an ihr hat verschiedene Ursachen. Zum einen hat sich der Staat nach dem Siegeszug neoliberaler Wirtschaftspolitik seit den achtziger Jahren bewusst von vielen Bereichen, teils auch von regelrechten Kernaufgaben, zurückgezogen. Zum zweiten wird als Kehrseite der zunehmenden globalen Mobilität von Unternehmen und Kapital und den mit ihr einhergehenden Optionen, sich dem Zugriff eines (national-)staatlichen Rechts zu entziehen, ein Schwinden der Staatlichkeit wahrgenommen. Zeitgleich vollzog sich, drittens, eine Entterritorialisierung des Rechts: Ein guter Teil des Handels wird über elektronische Medien von Gesellschaften und Reedereien vereinbart, die sich nicht ohne Weiteres innerhalb eines Staatsgebietes lokalisieren lassen; Recht wandert mit grenzüberschreitend tätigen Akteuren: Seien dies Unternehmen, internationale Zusammenschlüsse von Anwaltskanzleien, Entwicklungshilfeorganisationen oder Armeen, sie alle bringen eigene Standards in ihre Wirkungsgebiete mit. Viertens schließlich macht sich der Einfluss der anglophonen Rechts- und Sozialwissenschaften bemerkbar, für die eine notwendige Verknüpfung von Staat und Recht noch nie als so essenziell galt, wie dies nach der sehr speziellen Geschichte des deutschen Rechtsstaates hierzulande lange der Fall war.Eine der Folgen dieser Dissoziation von Staat und Recht ist ein Wiedererwachen der Theorie des Rechtspluralismus. Rechtspluralismus herrscht auf einem sozialen Feld, auf dem mehr als eine rechtliche Ordnung gilt. Das staatlich gesetzte Recht wäre dann nicht das einzige Recht in einer Gesellschaft; vielmehr gibt es neben dem Staat auch noch andere gesellschaftliche Formationen mit rechtsetzender Autorität, die kollektiv verbindliche Normen schaffen. Um ein Wiedererwachen handelt es sich, weil der Rechtspluralismus historisch gleichsam der Normalfall ist und ein einheitliches, exklusives, um eine staatliche Autorität zentriertes Recht die Ausnahme. Abgesehen davon, dass sich bezweifeln lässt, ob ein solcher Rechtszentralismus eine triftige Beschreibung moderner Staaten der Gegenwart ist, scheint er den Blick auf die lange rechtspluralistische Vergangenheit eher verstellt zu haben.Für diejenigen, die ein Absterben des Staates beobachten, ist die rechtspluralistische Perspektive intuitiv plausibel. Der Blick richtet sich auf mögliche Surrogate staatlicher Gesetzgebung, die in privater Selbstregulierung, der Normproduktion supra- und internationaler Organisationen oder in staatlich-privaten Hybridnormierungen erkannt werden. Die Vielzahl von Normproduzenten, die mit der Zeit auf den Plan getreten sind, lässt sich, so scheint es, zwanglos in ein neues Bild einfügen, das nicht mehr von einem einheitlich gedachten staatlichen Willen, sondern von der Fragmentiertheit der Gesellschaft und ihres Rechts ausgeht. Innerstaatliches oder auch exterritorial wirkendes staatliches Recht hätte hier ebenso seinen Platz wie das Völkerrecht, die lex mercatoria des internationalen Handels und die corporate governance-Standards multinationaler Unternehmen, aber auch schwächer normierte Vereinbarungen oder Prozeduren zwischen Regierungen oder Regierungen und privaten Unternehmen, schließlich auch die normsetzenden Aktivitäten vieler Nichtregierungsorganisationen (NGOs). Die funktionale Differenzierung der Weltgesellschaft kann rechtstheoretisch beschrieben, womöglich sogar erklärt werden.Allerdings stellen sich neue Fragen. So wird man sich mit dem Einwand beschäftigen müssen, dass nicht alles, was Vertreter des Rechtspluralismus als Recht einordnen, Recht sei. Wenn sich eine Gruppe von Unternehmen freiwillig zur Einhaltung bestimmter Umweltstandards verpflichtet - handelt es sich dann um "Recht"? Der Einwand zielt auf eine zentrale Kontroverse um den Rechtspluralismus. Die Theori
Details
Erscheinungsjahr: 2011
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 231 S.
ISBN-13: 9783593395272
ISBN-10: 3593395274
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Kadelbach, Stefan
Günther, Klaus
Redaktion: Günther, Klaus
Kadelbach, Stefan
Herausgeber: Stefan Kadelbach/Klaus Günther
Auflage: 1/2011
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 140 x 15 mm
Von/Mit: Stefan Kadelbach
Erscheinungsdatum: 12.09.2011
Gewicht: 0,301 kg
Artikel-ID: 107009059
Details
Erscheinungsjahr: 2011
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 231 S.
ISBN-13: 9783593395272
ISBN-10: 3593395274
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Kadelbach, Stefan
Günther, Klaus
Redaktion: Günther, Klaus
Kadelbach, Stefan
Herausgeber: Stefan Kadelbach/Klaus Günther
Auflage: 1/2011
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 140 x 15 mm
Von/Mit: Stefan Kadelbach
Erscheinungsdatum: 12.09.2011
Gewicht: 0,301 kg
Artikel-ID: 107009059
Warnhinweis

Ähnliche Produkte

Ähnliche Produkte