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NS-Euthanasie und internationale Öffentlichkeit
Die Rezeption der deutschen Behinderten- und Krankenmorde im Zweiten Weltkrieg
Taschenbuch von Thorsten Noack
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Das vergessene WissenAls die Alliierten Deutschland eroberten, waren die Zeugnisse unvorstell-barer Verbrechen allgegenwärtig. Vor allem die breite Berichterstattung unmittelbar aus den befreiten Lagern führte 1945 in eindrucksvollen Bil-dern die Bestialität des NS-Regimes vor Augen. Auch auf einige psychiatrische Anstalten, in denen noch deutlich sichtbare Spuren exzessiver Gewalttaten existierten, wurde die internationale Öffentlichkeit aufmerksam.Im Zentrum der US-amerikanischen Berichterstattung stand dabei fast ausschließlich die idyllisch gelegene hessische Heil- und Pflegeanstalt Ha-damar, ein großes Zentrum des Mordens, das die Tagespresse wie viele Konzentrationslager als "slaughterhouse", "death mill" und "murder facto-ry" bezeichnete. Zum ersten Mal erschienen Anfang April, zwei Tage nach der Befreiung durch die zweite Division der Ersten US-Armee, Arti-kel über Hadamar in überregionalen Zeitungen. Bislang war nichts über diese Einrichtung und ihre Funktion bekannt geworden. Wie andere Zei-tungen berichtete die Washington Post, dass, von Berlin aus gesteuert, seit Kriegsbeginn 20.000 politische Gefangene, Zwangsarbeiter und Juden in Hadamar umgebracht worden seien, was die renommierte Tageszeitung "mercy killings" (unter Verwendung der Anführungszeichen) nannte. Nach einem Protestbrief des Münsteraner Bischofs von Galen und dem Aufbegehren der lokalen Bevölkerung sei die Mordmethode von Gas auf Injektionen umgestellt und die Toten seien nicht mehr verbrannt, sondern in Massengräbern verscharrt worden. Die Gestapo, so der laut Washington Post auskunftswillige ärztliche Leiter, habe die Menschen für psychisch krank erklärt und die Morde angeordnet. Nicht geisteskranke Anstaltsinsassen, sondern geistig Gesunde seien in Wirklichkeit Opfer geworden.Die ersten Presseberichte, in die augenscheinlich auch exkulpatorische Darstellungen des Anstaltspersonals eingingen, vermengten Informationen über unterschiedliche Stadien der NS-Euthanasie und waren teilweise falsch. Entgegen des ersten Eindrucks, den die US-amerikanischen Jour-nalisten vor Ort erhielten, waren in der Einrichtung vor allem behinderte und psychisch kranke "Volksgenossen" ermordet worden. Doch hatten, wie ich im Folgenden unter anderem darstellen möchte, schon im Krieg die verzerrte Benennung der Hauptopfergruppe und die Heroisierung des Widerstandes die Berichterstattung über die NS-Euthanasie in den Verei-nigten Staaten geprägt.So prominent die Schlagzeilen in den Tagesmedien über Hadamar wa-ren, so prioritär war für die Amerikaner die strafrechtliche Ahndung der dort verübten Verbrechen. Diese wurden zum Gegenstand des ersten Kriegsverbrecherprozesses in der US-amerikanischen Zone, der vom 8. bis 15. Oktober 1945 vor einem Militärgericht in Wiesbaden stattfand. Thematisiert wurde der Mord an fast 500 Zwangsarbeitern seit Juli 1944, die Ahndung der Verbrechen an Patienten mit deutscher Staatsbür-gerschaft sollte deutschen Gerichten überlassen werden. Während des Prozesses berichteten am 12. Oktober einige Zeitungen, dass dem Zeugen Hans Quambusch zufolge, in der Kriegszeit Oberstaatsanwalt am Landge-richt Wiesbaden, ein schriftlicher "Führerbefehl" zur Krankentötung exis-tiert habe. Sein Vorgesetzter sei 1941 nach Berlin beordert worden, wo ihm eine Kopie des Dokuments gezeigt worden sei. Hitlers Befehl habe sich allerdings nicht auf Ausländer bezogen.Das US-amerikanische Gericht schenkte Quambuschs Aussage Glau-ben. Tatsächlich hatte das Reichsjustizministerium am 23. und 24. April 1941 alle Generalstaatsanwälte und Präsidenten der Oberlandesgerichte, also die höheren Vertreter der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit, in das ehe-malige Preußische Abgeordnetenhaus nach Berlin eingeladen. Auf der Ta-gung, an der etwa 100 Personen teilnahmen, war auch das geheime Schreiben Hitlers präsentiert worden. Vermutlich hatte es sich bei dem Exemplar um die Kopie gehandelt, die der wenige Wochen zuvor im Ja-nuar 1941 verstorbene Reichsjustizminister Franz Gür
Das vergessene WissenAls die Alliierten Deutschland eroberten, waren die Zeugnisse unvorstell-barer Verbrechen allgegenwärtig. Vor allem die breite Berichterstattung unmittelbar aus den befreiten Lagern führte 1945 in eindrucksvollen Bil-dern die Bestialität des NS-Regimes vor Augen. Auch auf einige psychiatrische Anstalten, in denen noch deutlich sichtbare Spuren exzessiver Gewalttaten existierten, wurde die internationale Öffentlichkeit aufmerksam.Im Zentrum der US-amerikanischen Berichterstattung stand dabei fast ausschließlich die idyllisch gelegene hessische Heil- und Pflegeanstalt Ha-damar, ein großes Zentrum des Mordens, das die Tagespresse wie viele Konzentrationslager als "slaughterhouse", "death mill" und "murder facto-ry" bezeichnete. Zum ersten Mal erschienen Anfang April, zwei Tage nach der Befreiung durch die zweite Division der Ersten US-Armee, Arti-kel über Hadamar in überregionalen Zeitungen. Bislang war nichts über diese Einrichtung und ihre Funktion bekannt geworden. Wie andere Zei-tungen berichtete die Washington Post, dass, von Berlin aus gesteuert, seit Kriegsbeginn 20.000 politische Gefangene, Zwangsarbeiter und Juden in Hadamar umgebracht worden seien, was die renommierte Tageszeitung "mercy killings" (unter Verwendung der Anführungszeichen) nannte. Nach einem Protestbrief des Münsteraner Bischofs von Galen und dem Aufbegehren der lokalen Bevölkerung sei die Mordmethode von Gas auf Injektionen umgestellt und die Toten seien nicht mehr verbrannt, sondern in Massengräbern verscharrt worden. Die Gestapo, so der laut Washington Post auskunftswillige ärztliche Leiter, habe die Menschen für psychisch krank erklärt und die Morde angeordnet. Nicht geisteskranke Anstaltsinsassen, sondern geistig Gesunde seien in Wirklichkeit Opfer geworden.Die ersten Presseberichte, in die augenscheinlich auch exkulpatorische Darstellungen des Anstaltspersonals eingingen, vermengten Informationen über unterschiedliche Stadien der NS-Euthanasie und waren teilweise falsch. Entgegen des ersten Eindrucks, den die US-amerikanischen Jour-nalisten vor Ort erhielten, waren in der Einrichtung vor allem behinderte und psychisch kranke "Volksgenossen" ermordet worden. Doch hatten, wie ich im Folgenden unter anderem darstellen möchte, schon im Krieg die verzerrte Benennung der Hauptopfergruppe und die Heroisierung des Widerstandes die Berichterstattung über die NS-Euthanasie in den Verei-nigten Staaten geprägt.So prominent die Schlagzeilen in den Tagesmedien über Hadamar wa-ren, so prioritär war für die Amerikaner die strafrechtliche Ahndung der dort verübten Verbrechen. Diese wurden zum Gegenstand des ersten Kriegsverbrecherprozesses in der US-amerikanischen Zone, der vom 8. bis 15. Oktober 1945 vor einem Militärgericht in Wiesbaden stattfand. Thematisiert wurde der Mord an fast 500 Zwangsarbeitern seit Juli 1944, die Ahndung der Verbrechen an Patienten mit deutscher Staatsbür-gerschaft sollte deutschen Gerichten überlassen werden. Während des Prozesses berichteten am 12. Oktober einige Zeitungen, dass dem Zeugen Hans Quambusch zufolge, in der Kriegszeit Oberstaatsanwalt am Landge-richt Wiesbaden, ein schriftlicher "Führerbefehl" zur Krankentötung exis-tiert habe. Sein Vorgesetzter sei 1941 nach Berlin beordert worden, wo ihm eine Kopie des Dokuments gezeigt worden sei. Hitlers Befehl habe sich allerdings nicht auf Ausländer bezogen.Das US-amerikanische Gericht schenkte Quambuschs Aussage Glau-ben. Tatsächlich hatte das Reichsjustizministerium am 23. und 24. April 1941 alle Generalstaatsanwälte und Präsidenten der Oberlandesgerichte, also die höheren Vertreter der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit, in das ehe-malige Preußische Abgeordnetenhaus nach Berlin eingeladen. Auf der Ta-gung, an der etwa 100 Personen teilnahmen, war auch das geheime Schreiben Hitlers präsentiert worden. Vermutlich hatte es sich bei dem Exemplar um die Kopie gehandelt, die der wenige Wochen zuvor im Ja-nuar 1941 verstorbene Reichsjustizminister Franz Gür
Details
Erscheinungsjahr: 2017
Fachbereich: Zeitgeschichte & Politik
Genre: Geschichte
Jahrhundert: ab 1949
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Seiten: 265
Inhalt: 265 S.
5 Fotos
ISBN-13: 9783593508030
ISBN-10: 3593508036
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Noack, Thorsten
Auflage: 1/2017
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 141 x 16 mm
Von/Mit: Thorsten Noack
Erscheinungsdatum: 17.08.2017
Gewicht: 0,341 kg
preigu-id: 109575869
Details
Erscheinungsjahr: 2017
Fachbereich: Zeitgeschichte & Politik
Genre: Geschichte
Jahrhundert: ab 1949
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Seiten: 265
Inhalt: 265 S.
5 Fotos
ISBN-13: 9783593508030
ISBN-10: 3593508036
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Noack, Thorsten
Auflage: 1/2017
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 141 x 16 mm
Von/Mit: Thorsten Noack
Erscheinungsdatum: 17.08.2017
Gewicht: 0,341 kg
preigu-id: 109575869
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