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Millennium
Die Geburt Europas aus dem Mittelalter
Buch von Tom Holland
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Englisch

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Beschreibung

Mit »Millenium« schließt Tom Holland an seinen weltweiten Erfolg »Persisches Feuer« an.
Anno Domini 900: Von drei Himmelsrichtungen durch unerbittliche Feinde bedrängt, während in der vierten Richtung nur der Ozean lag, schien es, dass der christlichen Bevölkerung keinerlei Spielraum mehr blieb. Und im Schatten des Jahrtausendwechsels befürchteten viele, dass der Antichrist erscheinen würde, um die Welt in Blut zu ertränken und ihr Ende anzukünden.
Doch das Christentum brach nicht zusammen. Vielmehr wurde in den Erschütterungen jener furchtbaren Zeiten eine neue Zivilisation geschmiedet. In weit ausholendem epischem Zugriff, der uns von der Kreuzigung Christi zum Ersten Kreuzzug mitnimmt, vom Prunk Konstantinopels zu den trostlosen Küsten Kanadas, ist »Millennium« die brillante Darstellung einer schicksalsträchtigen Revolution: dem Auftauchen Westeuropas als einer unterscheidbaren, expansionistischen Macht.

Mit »Millenium« schließt Tom Holland an seinen weltweiten Erfolg »Persisches Feuer« an.
Anno Domini 900: Von drei Himmelsrichtungen durch unerbittliche Feinde bedrängt, während in der vierten Richtung nur der Ozean lag, schien es, dass der christlichen Bevölkerung keinerlei Spielraum mehr blieb. Und im Schatten des Jahrtausendwechsels befürchteten viele, dass der Antichrist erscheinen würde, um die Welt in Blut zu ertränken und ihr Ende anzukünden.
Doch das Christentum brach nicht zusammen. Vielmehr wurde in den Erschütterungen jener furchtbaren Zeiten eine neue Zivilisation geschmiedet. In weit ausholendem epischem Zugriff, der uns von der Kreuzigung Christi zum Ersten Kreuzzug mitnimmt, vom Prunk Konstantinopels zu den trostlosen Küsten Kanadas, ist »Millennium« die brillante Darstellung einer schicksalsträchtigen Revolution: dem Auftauchen Westeuropas als einer unterscheidbaren, expansionistischen Macht.

Über den Autor
Tom Holland, geboren 1968, studierte in Cambridge und Oxford Geschichte und Literaturwissenschaft. Der Autor und Journalist hat sich mit BBC-Sendungen über Herodot, Homer, Thukydides und Vergil einen Namen gemacht. Er ist Bestsellerautor für Fiction und Historisches Buch und hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. 2004 den 'Hessel-Tiltman Prize for History' für 'Rubicon' und 2006 den 'Runciman Award' der Anglo-Hellenic League für sein Buch 'Persisches Feuer'.
Zusammenfassung
»Das lesenswerteste Buch über mittelalterliche Geschichte ...« The Daily Telegraph
Inhaltsverzeichnis

Dank
Vorwort
1 DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGS.
2 DIE ALTE ORDNUNG WANDELT SICH ...
3 ... UND MACHT EINER NEUEN PLATZ
4 WESTWÄRTS.
5 DER JÜNGSTE TAG WIRD VERSCHOBEN
6 DAS JAHR 1066: HASTINGS UND WAS SONST NOCH GESCHAH
7 EINE UNBEQUEME WAHRHEIT
Zeittafel
Anmerkungen
Ausgewählte Literatur
Verzeichnis der Karten
Bildnachweis
Register
LESEPOBE
Der letzte Römische Kaiser
Pilger, die unterwegs waren zum Grab des Apostels Petrus, wussten, dass auf sie der Anblick einer Stadt wartete, wie es keine zweite im lateinischen Abendland gab. 'O Rom', so hieß es in einem Hymnus, 'herrliches Rom, Gebieterin des Erdkreises, es gibt keine Stadt, die dir gleichkommt, du erhabenste aller Städte!' 73 Sogar Besucher aus den großen Hauptstädten des Islam waren verblüfft: Ein muslimischer Kaufmann hielt bei seinem Weg auf die Stadt zu aus der Ferne die grün-grauen Kirchendächer der Stadt für Meereswogen. Auf Christen aus dem Norden muss der Eindruck einfach überwältigend gewesen sein. Nichts in ihrer dunklen, schlammigen Heimat war geeignet, sie auf das Schauspiel der alten Hauptstadt ihres Glaubens vorzubereiten. Dass eine Stadt sich einer Einwohnerschaft rühmen konnte, die über 25 000 Seelen umfasste; dass ihre Stadtmauern sich über weit mehr als 15 Kilometer erstreckten; dass diese Mauern eine anscheinend unendliche Anzahl von Heiligtümern umschlossen - all das musste man gesehen haben, um es glauben zu können. Als Otto III. in Rom eintraf, muss ihm die Stadt wie ein Traum, ein Reich des Wunderbaren vorgekommen sein.
Und sicher sah er in ihr auch die Erfüllung seines Schicksals. 'Allein Rom, die Hauptstadt der Welt und Herrin der Städte, macht aus Königen Kaiser.' Das war für die Völker im Norden Europas nichts Neues. 'In ihrem Herzen birgt sie den Ersten der Heiligen, den Apostelfürsten, daher hat sie das Recht, wenn sie es wünscht, einen Fürsten über alle Reiche der Erde zu ernennen.' 74 Die Ironie des Ganzen - dass die Stadt sich ihren Anspruch auf die Weltherrschaft durch das Blut sicherte, das von den heidnischen Römern vergossen worden war - war für die Gläubigen ein Quell immer neuen Entzückens. Dass Petrus über seine Peiniger gesiegt hatte, war in der gesamten Stadt augenfällig. Bauwerke, derentwegen Rom einst als das stolze Babylon, als 'die Stadt des Teufels' gegolten hatte, 75 zerfielen wie die Glieder von Leprakranken. Armselige Hütten drängten sich an den Prunkstraßen vergessener Kaiser; über dem Kolosseum, das in den alten Tagen 'purpurn glänzte vom Blut der Heiligen', 76 hing nun die Ausdünstung von Malariasümpfen und Massengräbern; auf dem Palatin stieß man nur noch auf den Schutt der Caesaren-Paläste. Überall lagen Trümmer, als wäre der Atemzug eines Engels durch die Szene gefegt; und wo die Trümmer aufhörten, fingen die offenen Felder an.
Aber Rom überdauerte, und mehr als das: Denn die Stadt war zwar eine Stadt der Toten, doch nicht die Schatten heidnischer Kaiser belebten das Schauspiel der Verwüstung, stöhnend beim Anblick des Viehs, das an den Orten weidete, wo einst ihre Triumphwagen entlanggezogen waren - nein, es waren die Märtyrer, deren heilige Gebeine den kostbarsten Schatz Roms bildeten. Überall standen die Kirchen als Aufbewahrungsorte einer ehrfurchtgebietenden übernatürlichen Energie und bewachten diese Überreste, und ihr Gemäuer war getränkt mit dem Charisma der dahingegangenen Heiligen. Viele Grabstätten wie etwa die des heiligen Petrus selbst hatten ein ehrwürdiges Alter; doch von anderen war noch Hämmern vernehmbar, und der Geruch von trocknendem Mörtel strich durch die Gassen. Auch mitten im Verfall erneuerte Rom sich immer wieder selbst. 'Täglich können wir beobachten, wie sich aus den Ruinen zusammengebrochener Mauern und zerfallender Tempel das neue Mauerwerk von Kirchen und Klöstern erhebt.' 77 Hier also, in der Ewigen Stadt, war vielleicht eine Perspektive zu gewinnen, wie eine Erneuerung der Welt gelingen konnte.
Ganz sicher war Otto III. geneigt, die Dinge so zu sehen. Bei seinem ersten Eintreffen in Rom war er erst 15 Jahre alt, ein ebenso frühreifer wie visionärer junger Mann von feurigem Ehrgeiz. Er hatte eine umfassende Ausbildung in allem erhalten, was von einem sächsischen König erwartet wurde; außerdem hatte seine Mutter dafür gesorgt, dass auch der byzantinische Einfluss nicht zu kurz kam. Zu seinem Lehrer - und Paten - hatte sie einen Griechen aus Süditalien bestimmt, Johannes Philagathos, einen Abt, in dem sich umfassende Bildung mit einem grimmigen Selbstbewusstsein verband. Erziehung war in Byzanz eine bekanntermaßen strenge Angelegenheit: Ihr Ziel bestand darin, den Kindern nichts Geringeres als das Verhalten von Heiligen zu vermitteln. Theophanu hatte in der Wahl dieses Lehrers ihren bekannten Spürsinn für geistige Begabung erkennen lassen. Der kindliche König war zwar berühmt für seinen Charme, doch als er größer wurde, machte sich bei ihm auch ein tiefer Ernst bemerkbar; ein Gespür für den enormen, schrecklichen Auftrag, der seit seinen frühesten Jahren auf ihm lastete. Wie jeder Basileus , so war auch Otto überzeugt, das Römische Reich sei Gottes auserwähltes Werkzeug zur Durchsetzung Seines Willens. Schließlich war ein römischer Kaiser am Ende aller Tage dazu bestimmt, alle Enden der Erde für Christus und seine Kirche zu gewinnen - und wer wollte unter den obwaltenden Umständen und zum gegebenen Zeitpunkt behaupten, dass das Ende aller Tage nicht unmittelbar bevorstand?
Otto hatte also gute Gründe, über die sächsischen Grenzen hinauszuschauen. Um seine Position als Herrscher des Ostens wie auch des Westens zu besiegeln, hatte er bereits seinen alten Lehrer Johannes Philagathos nach Konstantinopel entsandt, auf dass dieser eine Heirat mit der Tochter des Basileus in die Wege leite. Derweil wurde in Rom selbst das Papsttum dem königlichen Willen unterworfen. In einem Ausmaß, das wohl auch seinen Vater und Großvater überrascht hätte, betrachtete Otto den Papst als seinen Untergebenen, zu ernennen nach Maßgabe seiner eigenen Interessen. Nicht einmal mehr das gewohnte Feigenblatt einer Wahl wurde dem Heiligen Stuhl gewährt. Als Otto auf seiner Reise nach Rom erfuhr, dass der amtierende Papst an einem plötzlichen Fieber verstorben war, erkannte er in diesem Zwischenfall das zielstrebige Wirken Gottes. Sofort veranlasste er das Nötige, um der Ewigen Stadt seinen eigenen Kandidaten aufzuzwingen: keinen Römer, nicht einmal einen Italiener, sondern einen 24-jährigen Sachsen, seinen Vetter Brun von Kärnten.
Infolgedessen wurde Anfang Mai 996 der erste Deutsche auf dem Stuhl Petri als Papst Gregor V. geweiht. Die politischen Größen Roms, wie betäubt von der nackten Dreistigkeit von Ottos Handstreich, sahen sich außerstande, ihm etwas entgegenzusetzen. Der einflussreichste und am meisten gefürchtete Mann dieser Gruppe, ein hartgesottener Kerl namens Johannes Crescentius, sah sich in die demütigende Lage versetzt, den jungen Kaiser anflehen zu müssen, ihn nicht ins Exil zu schicken. In königlicher Herablassung und vor den Augen von ganz Rom gewährte ihm Otto diese Gnade. Keiner konnte mehr daran zweifeln, dass die Stadt, ja die gesamte Christenheit nun einen Kaiser hatte, der nicht mehr nur dem Namen nach römisch war. An Himmelfahrt, dem
21. Mai 996, wurde Otto in St. Peter feierlich gekrönt, 'unter dem Beifall ganz Europas'. 78 Nachdem sein Vetter ihn gesalbt hatte, gab er ihm ein Schwert in die Hand. Ein Ring wurde dem neuen Kaiser auf den Finger gestreift, als Symbol für seine Vereinigung mit dem Volk der Christen. Er trug einen Umhang, darauf, 'auf goldenem Grund', 79 waren Szenen aus der Offenbarung zu sehen: der Vision des Johannes vom Ende der Welt.
Doch dürfte wohl keiner überrascht davon gewesen sein, wie schnell und entschlossen Otto seine spektakuläre Krönung durchgesetzt hatte. Zwar war er noch jung an Jahren, aber er hatte schon ausreichend Lektionen in der Ausübung königlicher Gewalt hinter sich. Er hatte die Dörfer seines eigenen Volkes gebrandschatzt und übersät mit Leichen gesehen; er selbst hatte als Erwiderung darauf die Dörfer der Wenden in Brand gesetzt; er war durch blutgetränkte Felder geritten und hatte seine hingemetzelten Feinde unter den Hufen seines Pferdes zertrampelt. Dies war das Schicksal des sündigen Menschen in diesem Jammertal: zu leiden, dahinzuschwinden, zu sterben. Otto hatte jedoch in noch dunklere Abgründe geblickt, als er mit seinen loricati durch die Wälder der Wenden geprescht war. Allenthalben wurden die Kirchen, die die Sachsen dort errichtet hatten, von Bäumen verdrängt. Mauern, die früher den Leib und das Blut Christi beschirmt hatten, zerfielen. Im Unterschied zu den Sachsen hatten die Wenden sich geweigert, den Friedensfürsten mit Waffengewalt aufgezwungen zu bekommen. Was konnte der König angesichts solcher Verstocktheit tun? Er wusste, dass über der gefallenen Welt, unsichtbar und in einem Glanz erstrahlend, gegen den auch die tiefste Dunkelheit heidnischer Wälder machtlos war, die Stadt Gottes schwebte - und dass es seine Pflicht als König war, den Heiden die Erkenntnis der Herrlichkeit dieser Stadt Gottes zu ermöglichen. Doch obgleich es sein Bestreben war und sein musste, die christliche Welt und die Reiche jenseits davon gemäß dem Willen Gottes zu prägen, konnte er auch nicht vergessen, was Christus Selbst Seine Jünger gelehrt hatte: dass sie ihre Feinde lieben, dass sie die andere Wange hinhalten, dass sie ihr Schwert in die Scheide stecken sollten. Otto III. war sich seiner eigenen moralischen Schwäche ebenso bewusst wie seiner gottähnlichen kaiserlichen Würde, und diese Spannung quälte ihn ohne Unterlass. 'Nach außen zeigte er ein frohes Gesicht; doch in seinem Inneren ächzte er unter der Last der zahlreichen Missetaten, von denen er sich zu nächtlicher Stunde unentwegt durch Nachtwachen, aufrichtige Gebete und Ströme von Tränen zu reinigen suchte.' 80
Es konnte also kaum erstaunen, dass Otto von Rom so besonders eingenommen war....

Details
Erscheinungsjahr: 2009
Genre: Geschichte
Jahrhundert: Mittelalter
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Buch
Seiten: 502
Originaltitel: Millennium. The End of the World and the Forging of Chritendom
Inhalt: 502 S.
ISBN-13: 9783608943795
ISBN-10: 360894379X
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Englisch
Einband: Gebunden
Autor: Holland, Tom
Übersetzung: Held, Susanne
Hersteller: Klett-Cotta
Klett-Cotta Verlag
Maße: 235 x 165 x 38 mm
Von/Mit: Tom Holland
Erscheinungsdatum: 28.09.2009
Gewicht: 0,87 kg
preigu-id: 101576461
Über den Autor
Tom Holland, geboren 1968, studierte in Cambridge und Oxford Geschichte und Literaturwissenschaft. Der Autor und Journalist hat sich mit BBC-Sendungen über Herodot, Homer, Thukydides und Vergil einen Namen gemacht. Er ist Bestsellerautor für Fiction und Historisches Buch und hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. 2004 den 'Hessel-Tiltman Prize for History' für 'Rubicon' und 2006 den 'Runciman Award' der Anglo-Hellenic League für sein Buch 'Persisches Feuer'.
Zusammenfassung
»Das lesenswerteste Buch über mittelalterliche Geschichte ...« The Daily Telegraph
Inhaltsverzeichnis

Dank
Vorwort
1 DIE RÜCKKEHR DES KÖNIGS.
2 DIE ALTE ORDNUNG WANDELT SICH ...
3 ... UND MACHT EINER NEUEN PLATZ
4 WESTWÄRTS.
5 DER JÜNGSTE TAG WIRD VERSCHOBEN
6 DAS JAHR 1066: HASTINGS UND WAS SONST NOCH GESCHAH
7 EINE UNBEQUEME WAHRHEIT
Zeittafel
Anmerkungen
Ausgewählte Literatur
Verzeichnis der Karten
Bildnachweis
Register
LESEPOBE
Der letzte Römische Kaiser
Pilger, die unterwegs waren zum Grab des Apostels Petrus, wussten, dass auf sie der Anblick einer Stadt wartete, wie es keine zweite im lateinischen Abendland gab. 'O Rom', so hieß es in einem Hymnus, 'herrliches Rom, Gebieterin des Erdkreises, es gibt keine Stadt, die dir gleichkommt, du erhabenste aller Städte!' 73 Sogar Besucher aus den großen Hauptstädten des Islam waren verblüfft: Ein muslimischer Kaufmann hielt bei seinem Weg auf die Stadt zu aus der Ferne die grün-grauen Kirchendächer der Stadt für Meereswogen. Auf Christen aus dem Norden muss der Eindruck einfach überwältigend gewesen sein. Nichts in ihrer dunklen, schlammigen Heimat war geeignet, sie auf das Schauspiel der alten Hauptstadt ihres Glaubens vorzubereiten. Dass eine Stadt sich einer Einwohnerschaft rühmen konnte, die über 25 000 Seelen umfasste; dass ihre Stadtmauern sich über weit mehr als 15 Kilometer erstreckten; dass diese Mauern eine anscheinend unendliche Anzahl von Heiligtümern umschlossen - all das musste man gesehen haben, um es glauben zu können. Als Otto III. in Rom eintraf, muss ihm die Stadt wie ein Traum, ein Reich des Wunderbaren vorgekommen sein.
Und sicher sah er in ihr auch die Erfüllung seines Schicksals. 'Allein Rom, die Hauptstadt der Welt und Herrin der Städte, macht aus Königen Kaiser.' Das war für die Völker im Norden Europas nichts Neues. 'In ihrem Herzen birgt sie den Ersten der Heiligen, den Apostelfürsten, daher hat sie das Recht, wenn sie es wünscht, einen Fürsten über alle Reiche der Erde zu ernennen.' 74 Die Ironie des Ganzen - dass die Stadt sich ihren Anspruch auf die Weltherrschaft durch das Blut sicherte, das von den heidnischen Römern vergossen worden war - war für die Gläubigen ein Quell immer neuen Entzückens. Dass Petrus über seine Peiniger gesiegt hatte, war in der gesamten Stadt augenfällig. Bauwerke, derentwegen Rom einst als das stolze Babylon, als 'die Stadt des Teufels' gegolten hatte, 75 zerfielen wie die Glieder von Leprakranken. Armselige Hütten drängten sich an den Prunkstraßen vergessener Kaiser; über dem Kolosseum, das in den alten Tagen 'purpurn glänzte vom Blut der Heiligen', 76 hing nun die Ausdünstung von Malariasümpfen und Massengräbern; auf dem Palatin stieß man nur noch auf den Schutt der Caesaren-Paläste. Überall lagen Trümmer, als wäre der Atemzug eines Engels durch die Szene gefegt; und wo die Trümmer aufhörten, fingen die offenen Felder an.
Aber Rom überdauerte, und mehr als das: Denn die Stadt war zwar eine Stadt der Toten, doch nicht die Schatten heidnischer Kaiser belebten das Schauspiel der Verwüstung, stöhnend beim Anblick des Viehs, das an den Orten weidete, wo einst ihre Triumphwagen entlanggezogen waren - nein, es waren die Märtyrer, deren heilige Gebeine den kostbarsten Schatz Roms bildeten. Überall standen die Kirchen als Aufbewahrungsorte einer ehrfurchtgebietenden übernatürlichen Energie und bewachten diese Überreste, und ihr Gemäuer war getränkt mit dem Charisma der dahingegangenen Heiligen. Viele Grabstätten wie etwa die des heiligen Petrus selbst hatten ein ehrwürdiges Alter; doch von anderen war noch Hämmern vernehmbar, und der Geruch von trocknendem Mörtel strich durch die Gassen. Auch mitten im Verfall erneuerte Rom sich immer wieder selbst. 'Täglich können wir beobachten, wie sich aus den Ruinen zusammengebrochener Mauern und zerfallender Tempel das neue Mauerwerk von Kirchen und Klöstern erhebt.' 77 Hier also, in der Ewigen Stadt, war vielleicht eine Perspektive zu gewinnen, wie eine Erneuerung der Welt gelingen konnte.
Ganz sicher war Otto III. geneigt, die Dinge so zu sehen. Bei seinem ersten Eintreffen in Rom war er erst 15 Jahre alt, ein ebenso frühreifer wie visionärer junger Mann von feurigem Ehrgeiz. Er hatte eine umfassende Ausbildung in allem erhalten, was von einem sächsischen König erwartet wurde; außerdem hatte seine Mutter dafür gesorgt, dass auch der byzantinische Einfluss nicht zu kurz kam. Zu seinem Lehrer - und Paten - hatte sie einen Griechen aus Süditalien bestimmt, Johannes Philagathos, einen Abt, in dem sich umfassende Bildung mit einem grimmigen Selbstbewusstsein verband. Erziehung war in Byzanz eine bekanntermaßen strenge Angelegenheit: Ihr Ziel bestand darin, den Kindern nichts Geringeres als das Verhalten von Heiligen zu vermitteln. Theophanu hatte in der Wahl dieses Lehrers ihren bekannten Spürsinn für geistige Begabung erkennen lassen. Der kindliche König war zwar berühmt für seinen Charme, doch als er größer wurde, machte sich bei ihm auch ein tiefer Ernst bemerkbar; ein Gespür für den enormen, schrecklichen Auftrag, der seit seinen frühesten Jahren auf ihm lastete. Wie jeder Basileus , so war auch Otto überzeugt, das Römische Reich sei Gottes auserwähltes Werkzeug zur Durchsetzung Seines Willens. Schließlich war ein römischer Kaiser am Ende aller Tage dazu bestimmt, alle Enden der Erde für Christus und seine Kirche zu gewinnen - und wer wollte unter den obwaltenden Umständen und zum gegebenen Zeitpunkt behaupten, dass das Ende aller Tage nicht unmittelbar bevorstand?
Otto hatte also gute Gründe, über die sächsischen Grenzen hinauszuschauen. Um seine Position als Herrscher des Ostens wie auch des Westens zu besiegeln, hatte er bereits seinen alten Lehrer Johannes Philagathos nach Konstantinopel entsandt, auf dass dieser eine Heirat mit der Tochter des Basileus in die Wege leite. Derweil wurde in Rom selbst das Papsttum dem königlichen Willen unterworfen. In einem Ausmaß, das wohl auch seinen Vater und Großvater überrascht hätte, betrachtete Otto den Papst als seinen Untergebenen, zu ernennen nach Maßgabe seiner eigenen Interessen. Nicht einmal mehr das gewohnte Feigenblatt einer Wahl wurde dem Heiligen Stuhl gewährt. Als Otto auf seiner Reise nach Rom erfuhr, dass der amtierende Papst an einem plötzlichen Fieber verstorben war, erkannte er in diesem Zwischenfall das zielstrebige Wirken Gottes. Sofort veranlasste er das Nötige, um der Ewigen Stadt seinen eigenen Kandidaten aufzuzwingen: keinen Römer, nicht einmal einen Italiener, sondern einen 24-jährigen Sachsen, seinen Vetter Brun von Kärnten.
Infolgedessen wurde Anfang Mai 996 der erste Deutsche auf dem Stuhl Petri als Papst Gregor V. geweiht. Die politischen Größen Roms, wie betäubt von der nackten Dreistigkeit von Ottos Handstreich, sahen sich außerstande, ihm etwas entgegenzusetzen. Der einflussreichste und am meisten gefürchtete Mann dieser Gruppe, ein hartgesottener Kerl namens Johannes Crescentius, sah sich in die demütigende Lage versetzt, den jungen Kaiser anflehen zu müssen, ihn nicht ins Exil zu schicken. In königlicher Herablassung und vor den Augen von ganz Rom gewährte ihm Otto diese Gnade. Keiner konnte mehr daran zweifeln, dass die Stadt, ja die gesamte Christenheit nun einen Kaiser hatte, der nicht mehr nur dem Namen nach römisch war. An Himmelfahrt, dem
21. Mai 996, wurde Otto in St. Peter feierlich gekrönt, 'unter dem Beifall ganz Europas'. 78 Nachdem sein Vetter ihn gesalbt hatte, gab er ihm ein Schwert in die Hand. Ein Ring wurde dem neuen Kaiser auf den Finger gestreift, als Symbol für seine Vereinigung mit dem Volk der Christen. Er trug einen Umhang, darauf, 'auf goldenem Grund', 79 waren Szenen aus der Offenbarung zu sehen: der Vision des Johannes vom Ende der Welt.
Doch dürfte wohl keiner überrascht davon gewesen sein, wie schnell und entschlossen Otto seine spektakuläre Krönung durchgesetzt hatte. Zwar war er noch jung an Jahren, aber er hatte schon ausreichend Lektionen in der Ausübung königlicher Gewalt hinter sich. Er hatte die Dörfer seines eigenen Volkes gebrandschatzt und übersät mit Leichen gesehen; er selbst hatte als Erwiderung darauf die Dörfer der Wenden in Brand gesetzt; er war durch blutgetränkte Felder geritten und hatte seine hingemetzelten Feinde unter den Hufen seines Pferdes zertrampelt. Dies war das Schicksal des sündigen Menschen in diesem Jammertal: zu leiden, dahinzuschwinden, zu sterben. Otto hatte jedoch in noch dunklere Abgründe geblickt, als er mit seinen loricati durch die Wälder der Wenden geprescht war. Allenthalben wurden die Kirchen, die die Sachsen dort errichtet hatten, von Bäumen verdrängt. Mauern, die früher den Leib und das Blut Christi beschirmt hatten, zerfielen. Im Unterschied zu den Sachsen hatten die Wenden sich geweigert, den Friedensfürsten mit Waffengewalt aufgezwungen zu bekommen. Was konnte der König angesichts solcher Verstocktheit tun? Er wusste, dass über der gefallenen Welt, unsichtbar und in einem Glanz erstrahlend, gegen den auch die tiefste Dunkelheit heidnischer Wälder machtlos war, die Stadt Gottes schwebte - und dass es seine Pflicht als König war, den Heiden die Erkenntnis der Herrlichkeit dieser Stadt Gottes zu ermöglichen. Doch obgleich es sein Bestreben war und sein musste, die christliche Welt und die Reiche jenseits davon gemäß dem Willen Gottes zu prägen, konnte er auch nicht vergessen, was Christus Selbst Seine Jünger gelehrt hatte: dass sie ihre Feinde lieben, dass sie die andere Wange hinhalten, dass sie ihr Schwert in die Scheide stecken sollten. Otto III. war sich seiner eigenen moralischen Schwäche ebenso bewusst wie seiner gottähnlichen kaiserlichen Würde, und diese Spannung quälte ihn ohne Unterlass. 'Nach außen zeigte er ein frohes Gesicht; doch in seinem Inneren ächzte er unter der Last der zahlreichen Missetaten, von denen er sich zu nächtlicher Stunde unentwegt durch Nachtwachen, aufrichtige Gebete und Ströme von Tränen zu reinigen suchte.' 80
Es konnte also kaum erstaunen, dass Otto von Rom so besonders eingenommen war....

Details
Erscheinungsjahr: 2009
Genre: Geschichte
Jahrhundert: Mittelalter
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Buch
Seiten: 502
Originaltitel: Millennium. The End of the World and the Forging of Chritendom
Inhalt: 502 S.
ISBN-13: 9783608943795
ISBN-10: 360894379X
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Englisch
Einband: Gebunden
Autor: Holland, Tom
Übersetzung: Held, Susanne
Hersteller: Klett-Cotta
Klett-Cotta Verlag
Maße: 235 x 165 x 38 mm
Von/Mit: Tom Holland
Erscheinungsdatum: 28.09.2009
Gewicht: 0,87 kg
preigu-id: 101576461
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