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Leah
Eine Liebe in Hamburg
Taschenbuch von Karsten Flohr
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Aus Kapitel 1: Wir werden ewig lebenMittwoch, 8. April 1928Heute habe ich von Großvater ein Tagebuch bekommen. Es ist rot und dick und hat Seiten mit Linien. Es ist sein Geburtstagsgeschenk für mich, weil ich ja schon schreiben kann. Aber ich muss nicht jeden Tag etwas schreiben, sagt er, nur wenn ich will. Mama und Papa sagen, Jungen brauchen kein Tagebuch, das haben nur Mädchen. Sie haben mir einen Osterhasen aus Blech geschenkt. Weil mein Geburtstag an Ostern ist. Er hat einen Schlüssel im Rücken, den man aufziehen kann. Und er hat blaue Ohren und lacht. Er ist lustig. Morgen schreibe ich wieder. Großvater hilft mir, aber ich kann schon viel selber schreiben. Er radiert die Fehler aus und macht sie richtig. Donnerstag, 9. April 1928Wir waren gestern bei Leah. Weil sie am selben Tag Geburtstag hat wie ich und genauso alt ist wie ich. Nämlich sechs. Ihre Mutter hat uns eingeladen - mich und Mama dazu. Ich musste mich waschen vorher und den neuen Pullover anziehen. Und Haare kämmen. Die Lieblings mögen keine kaputten Sachen, hat Mama gesagt. Sie sind anders als wir, da muss alles heil sein. Leah hat einen Kaufmannsladen bekommen, wir haben damit gespielt. Und sie hat ein neues Kleid. Ihre Mutter und meine Mama haben zusammen Tee getrunken. Das tun sie nur an unserem Geburtstag, sonst macht meine Mama bei Leahs Mutter sauber. Wir waren nicht lange da, weil dann anderer Besuch gekommen ist.Sonnabend, 5. Mai 1928Mama hat mich heute wieder mitgenommen zu den Lieblings. Damit ich nicht allein sein muss. Großvater war nämlich nicht zu Hause. Ich habe mit Leah gespielt in ihrem Zimmer. Das ist groß, und man sieht die Elbe. Leah sagt, ihre große Schwester hat jetzt einen Freund zum Ausgehen und Tanzen, aber sie hat mich. Für immer. Und ich sie. Wir haben gelacht, und ihre Mutter hat ins Zimmer geguckt und gesagt, ihr seid ja so lustig, und dass sie auch mal lustig sein möchte. Da haben wir gesagt, sie soll mitspielen mit uns, aber sie musste in die Küche. Als meine Mama fertig war mit Saubermachen, sind wir zu Fuß nach Haus gegangen, an der Elbe entlang. Es war so warm wie im Sommer und die Leute waren aufgeregt. Manche rannten herum.*Wie fast jeden Freitagabend saß ich, Bernhard Bluhm, neben meinem Großvater, Lehnstuhl neben Lehnstuhl, mit Blick aus dem Fenster. Alles war wie immer?: Draußen begann es zu dämmern, die Flasche Rotwein leerte sich, Johannes - so heißt mein Großvater, Johannes Bluhm - musste seine Zigarre in kürzer werdenden Abständen neu anzünden. Nur eines war anders als sonst?: Heute ließ er mich zum ersten Mal in seinen Tagebüchern lesen. "5. Mai 1928", sagte ich und legte das Tagebuch aus der Hand, "war das der Tag, an dem es in Altona fünf Tote gab bei den Straßenschlachten??" Johannes zuckte die Achseln. "Wie viele, weiß ich nicht", antwortete er. "Aber zwei davon waren Bekannte meiner Mutter Clara. Sie hat davon erfahren, als wir zu Hause ankamen. Wir kamen fast zur gleichen Zeit heim wie mein Großvater Friedrich. Er erzählte es ihr. Er war gerade in Altona gewesen, um Holz für seine Werkstatt zu besorgen. Er hat Glück gehabt, dass er nicht mitten hinein geraten ist in die Prügeleien. Die Braunen und die Roten haben diesmal nicht nur mit Stuhlbeinen aufeinander eingeschlagen, sondern es wurde geschossen. Zum ersten Mal. Friedrich konnte sich gerade noch in die "Hirschquelle" retten, das Lokal der Kommunisten. Dann waren sie alle auf der Straße, die Braunen hatten sie hinausgetrieben. Am Ende sah die Straße aus wie nach einem Krieg. Nicht nur die Roten bluteten, auch drei Nazis blieben liegen. Unter den Roten waren zwei Freunde von Clara. Friedrich hat sie erkannt, aber die Polizei ließ ihn nicht an sie heran. Einer lebte noch, hat er gesagt. Der ist erst später gestorben.""Was hat Clara gemacht??""Sie ist sofort wieder los, hat Friedrich gebeten, bei mir zu bleiben, bis Vater von der Schicht im Hafen nach Hause kam. Wir sind dann in Großvaters Werkstatt gegangen, hinten im Garten. Er war immer
Aus Kapitel 1: Wir werden ewig lebenMittwoch, 8. April 1928Heute habe ich von Großvater ein Tagebuch bekommen. Es ist rot und dick und hat Seiten mit Linien. Es ist sein Geburtstagsgeschenk für mich, weil ich ja schon schreiben kann. Aber ich muss nicht jeden Tag etwas schreiben, sagt er, nur wenn ich will. Mama und Papa sagen, Jungen brauchen kein Tagebuch, das haben nur Mädchen. Sie haben mir einen Osterhasen aus Blech geschenkt. Weil mein Geburtstag an Ostern ist. Er hat einen Schlüssel im Rücken, den man aufziehen kann. Und er hat blaue Ohren und lacht. Er ist lustig. Morgen schreibe ich wieder. Großvater hilft mir, aber ich kann schon viel selber schreiben. Er radiert die Fehler aus und macht sie richtig. Donnerstag, 9. April 1928Wir waren gestern bei Leah. Weil sie am selben Tag Geburtstag hat wie ich und genauso alt ist wie ich. Nämlich sechs. Ihre Mutter hat uns eingeladen - mich und Mama dazu. Ich musste mich waschen vorher und den neuen Pullover anziehen. Und Haare kämmen. Die Lieblings mögen keine kaputten Sachen, hat Mama gesagt. Sie sind anders als wir, da muss alles heil sein. Leah hat einen Kaufmannsladen bekommen, wir haben damit gespielt. Und sie hat ein neues Kleid. Ihre Mutter und meine Mama haben zusammen Tee getrunken. Das tun sie nur an unserem Geburtstag, sonst macht meine Mama bei Leahs Mutter sauber. Wir waren nicht lange da, weil dann anderer Besuch gekommen ist.Sonnabend, 5. Mai 1928Mama hat mich heute wieder mitgenommen zu den Lieblings. Damit ich nicht allein sein muss. Großvater war nämlich nicht zu Hause. Ich habe mit Leah gespielt in ihrem Zimmer. Das ist groß, und man sieht die Elbe. Leah sagt, ihre große Schwester hat jetzt einen Freund zum Ausgehen und Tanzen, aber sie hat mich. Für immer. Und ich sie. Wir haben gelacht, und ihre Mutter hat ins Zimmer geguckt und gesagt, ihr seid ja so lustig, und dass sie auch mal lustig sein möchte. Da haben wir gesagt, sie soll mitspielen mit uns, aber sie musste in die Küche. Als meine Mama fertig war mit Saubermachen, sind wir zu Fuß nach Haus gegangen, an der Elbe entlang. Es war so warm wie im Sommer und die Leute waren aufgeregt. Manche rannten herum.*Wie fast jeden Freitagabend saß ich, Bernhard Bluhm, neben meinem Großvater, Lehnstuhl neben Lehnstuhl, mit Blick aus dem Fenster. Alles war wie immer?: Draußen begann es zu dämmern, die Flasche Rotwein leerte sich, Johannes - so heißt mein Großvater, Johannes Bluhm - musste seine Zigarre in kürzer werdenden Abständen neu anzünden. Nur eines war anders als sonst?: Heute ließ er mich zum ersten Mal in seinen Tagebüchern lesen. "5. Mai 1928", sagte ich und legte das Tagebuch aus der Hand, "war das der Tag, an dem es in Altona fünf Tote gab bei den Straßenschlachten??" Johannes zuckte die Achseln. "Wie viele, weiß ich nicht", antwortete er. "Aber zwei davon waren Bekannte meiner Mutter Clara. Sie hat davon erfahren, als wir zu Hause ankamen. Wir kamen fast zur gleichen Zeit heim wie mein Großvater Friedrich. Er erzählte es ihr. Er war gerade in Altona gewesen, um Holz für seine Werkstatt zu besorgen. Er hat Glück gehabt, dass er nicht mitten hinein geraten ist in die Prügeleien. Die Braunen und die Roten haben diesmal nicht nur mit Stuhlbeinen aufeinander eingeschlagen, sondern es wurde geschossen. Zum ersten Mal. Friedrich konnte sich gerade noch in die "Hirschquelle" retten, das Lokal der Kommunisten. Dann waren sie alle auf der Straße, die Braunen hatten sie hinausgetrieben. Am Ende sah die Straße aus wie nach einem Krieg. Nicht nur die Roten bluteten, auch drei Nazis blieben liegen. Unter den Roten waren zwei Freunde von Clara. Friedrich hat sie erkannt, aber die Polizei ließ ihn nicht an sie heran. Einer lebte noch, hat er gesagt. Der ist erst später gestorben.""Was hat Clara gemacht??""Sie ist sofort wieder los, hat Friedrich gebeten, bei mir zu bleiben, bis Vater von der Schicht im Hafen nach Hause kam. Wir sind dann in Großvaters Werkstatt gegangen, hinten im Garten. Er war immer
Details
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Belletristik
Medium: Taschenbuch
Inhalt: Kartoniert / Broschiert
ISBN-13: 9783862823765
ISBN-10: 3862823768
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Flohr, Karsten
Hersteller: Acabus
Acabus Verlag
Maße: 193 x 118 x 20 mm
Von/Mit: Karsten Flohr
Erscheinungsdatum: 09.02.2015
Gewicht: 0,198 kg
Artikel-ID: 105004308
Details
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Belletristik
Medium: Taschenbuch
Inhalt: Kartoniert / Broschiert
ISBN-13: 9783862823765
ISBN-10: 3862823768
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Flohr, Karsten
Hersteller: Acabus
Acabus Verlag
Maße: 193 x 118 x 20 mm
Von/Mit: Karsten Flohr
Erscheinungsdatum: 09.02.2015
Gewicht: 0,198 kg
Artikel-ID: 105004308
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