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Kippfiguren. Ambivalenz in Bewegung
Buch von Kay Junge (u. a.)
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
'Ambivalenz' hat sich in den letzten Jahrzehnten vor dem Hintergrund ihrer lokalen und funktionalen diskursiven Abschattungen zu einem Schlüsselwort der modernen Kultur entwickelt. Gerade als Toleranz erheischender Platzhalter für alle nicht eindeutig oder wenigstens nicht ad hoc begreifbar zu machenden oder aber auch mit gutem Grund latent gehaltenen menschlichen Belange und institutionellen Konflikte kommt diesem Wort heute eine in ihren Konsequenzen konfliktdämpfende Scharnierfunktion zu. Wo immer dieser semantische Joker ins Spiel gebracht und insinuiert wird, dass die eventuell zu kippen drohende Situation tatsächlich doch komplexer, vielschichtiger und vertrackter sein könnte, als man bis dahin zu sagen vermochte, verführt dies zu genauerem, aber vielleicht auch nur prätendiertem Hinsehen. Wo man ansonsten Gefahr liefe, der Blindheit und Insensibilität bezichtigt zu werden, wird man sich eher geneigt sehen, eine verhärtete Position im Verweis auf die Ambivalenz der Situation und damit unter Wahrung des Gesichts zu räumen.Aus einer Vielzahl unzusammenhängender Verlegenheitsreaktionen hat sich heute ein selbsttragendes, sozialstrukturell aber vermutlich nicht ortloses Diskursuniversum entsponnen. Die dauerreflexive Stabilisierung der mit dem Wort 'Ambivalenz' benannten, aber eben auch gebannten Spannung und der damit zunächst vielleicht nur als Provisorium akzeptierten Interimslösung ist kein Verfallssyndrom, sondern selbst eine status quo stabilisierende kulturelle Leistung und Neutralisierungstechnik. Ambivalenz suspendiert vom Engagement und entschuldigt die eigene Indifferenz im Verweis auf die vermeintlich eben ambivalente Sachlage. Gerade durch das Ambivalentwerden alter Distinktionen, Konfliktlinien, Spannungslagen und Ansprüche wird, soweit sich die Probleme hinreichend auf Distanz halten lassen, kulturelle Integration unter modernen Lebensbedingungen vielleicht erst möglich.Mit der hier skizzierten - die rhetorisch-pragmatische Dimension im Sinne einer heute ubiquitär gebrauchten Etikettierungsstrategie heraushebenden - Akzentsetzung ist unser Schlüsselwort natürlich ursprünglich nicht ins Rennen geschickt worden. Einige wichtige Stationen aus den letzten gut hundert Jahren der Geschichte des Begriffs der Ambivalenz seien hier benannt, um das ursprünglich mit dem Terminus verbundene Befremden wieder wachzurufen, seinen anfänglichen Witz wieder sichtbar und dann im Weiteren vielleicht erneut heuristisch nutzbar zu machen. Um die Wende zum 20. Jahrhundert waren es zum einen wahrnehmungstheoretisch faszinierende Experimente zum zeitlichen Wechsel von Figur und Grund beim Betrachten bestimmter Bilder oder Zeichnungen, zu denen sich auch schnell Parallelen im Bereich der akustischen und musikalischen Wahrnehmung fanden. Der Witz der Sache war dabei, dass der Bildträger, die Geräuschkulisse oder das Tonmaterial sich selbst nicht änderten, dem Beobachter die vermeintliche Sache aber gleichwohl als Kippfigur begegnet. Sie zu beobachten, setzt hier eine Art Spurenbildung in der Zeit und damit eine elementare Form von Gedächtnis voraus. Ohne ein wenig Geduld und Konzentration steht die Kippfigur still, vermag nicht durch ihre Ambivalenz zu faszinieren, bleibt unbemerkt und verdient ihren Namen eben noch gar nicht. Die hier benannte Verschränkung von zeitlicher Sukzession einerseits und auf ein vermeintlich bestimmtes Etwas konzentrierter Wahrnehmung andererseits geriet beim Aufgreifen oder der vielleicht auch unabhängig erfolgten Neuinstallierung des Begriffs der Ambivalenz in anderen Forschungszusammenhängen aus dem Blick. Zu nennen sind hier zunächst vor allem die frühe Psychoanalyse mit ihrem Blick auf ambivalente, von gegenläufigen Regungen getragene Gefühle; wenig später aber auch die modernistische Ästhetik mit dem Versuch, den ästhetischen Gegenstand über die unentschieden bleibende Vielzahl seiner Interpretationen zubegreifen; und schließlich, nun schon in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, die Professionensozi
'Ambivalenz' hat sich in den letzten Jahrzehnten vor dem Hintergrund ihrer lokalen und funktionalen diskursiven Abschattungen zu einem Schlüsselwort der modernen Kultur entwickelt. Gerade als Toleranz erheischender Platzhalter für alle nicht eindeutig oder wenigstens nicht ad hoc begreifbar zu machenden oder aber auch mit gutem Grund latent gehaltenen menschlichen Belange und institutionellen Konflikte kommt diesem Wort heute eine in ihren Konsequenzen konfliktdämpfende Scharnierfunktion zu. Wo immer dieser semantische Joker ins Spiel gebracht und insinuiert wird, dass die eventuell zu kippen drohende Situation tatsächlich doch komplexer, vielschichtiger und vertrackter sein könnte, als man bis dahin zu sagen vermochte, verführt dies zu genauerem, aber vielleicht auch nur prätendiertem Hinsehen. Wo man ansonsten Gefahr liefe, der Blindheit und Insensibilität bezichtigt zu werden, wird man sich eher geneigt sehen, eine verhärtete Position im Verweis auf die Ambivalenz der Situation und damit unter Wahrung des Gesichts zu räumen.Aus einer Vielzahl unzusammenhängender Verlegenheitsreaktionen hat sich heute ein selbsttragendes, sozialstrukturell aber vermutlich nicht ortloses Diskursuniversum entsponnen. Die dauerreflexive Stabilisierung der mit dem Wort 'Ambivalenz' benannten, aber eben auch gebannten Spannung und der damit zunächst vielleicht nur als Provisorium akzeptierten Interimslösung ist kein Verfallssyndrom, sondern selbst eine status quo stabilisierende kulturelle Leistung und Neutralisierungstechnik. Ambivalenz suspendiert vom Engagement und entschuldigt die eigene Indifferenz im Verweis auf die vermeintlich eben ambivalente Sachlage. Gerade durch das Ambivalentwerden alter Distinktionen, Konfliktlinien, Spannungslagen und Ansprüche wird, soweit sich die Probleme hinreichend auf Distanz halten lassen, kulturelle Integration unter modernen Lebensbedingungen vielleicht erst möglich.Mit der hier skizzierten - die rhetorisch-pragmatische Dimension im Sinne einer heute ubiquitär gebrauchten Etikettierungsstrategie heraushebenden - Akzentsetzung ist unser Schlüsselwort natürlich ursprünglich nicht ins Rennen geschickt worden. Einige wichtige Stationen aus den letzten gut hundert Jahren der Geschichte des Begriffs der Ambivalenz seien hier benannt, um das ursprünglich mit dem Terminus verbundene Befremden wieder wachzurufen, seinen anfänglichen Witz wieder sichtbar und dann im Weiteren vielleicht erneut heuristisch nutzbar zu machen. Um die Wende zum 20. Jahrhundert waren es zum einen wahrnehmungstheoretisch faszinierende Experimente zum zeitlichen Wechsel von Figur und Grund beim Betrachten bestimmter Bilder oder Zeichnungen, zu denen sich auch schnell Parallelen im Bereich der akustischen und musikalischen Wahrnehmung fanden. Der Witz der Sache war dabei, dass der Bildträger, die Geräuschkulisse oder das Tonmaterial sich selbst nicht änderten, dem Beobachter die vermeintliche Sache aber gleichwohl als Kippfigur begegnet. Sie zu beobachten, setzt hier eine Art Spurenbildung in der Zeit und damit eine elementare Form von Gedächtnis voraus. Ohne ein wenig Geduld und Konzentration steht die Kippfigur still, vermag nicht durch ihre Ambivalenz zu faszinieren, bleibt unbemerkt und verdient ihren Namen eben noch gar nicht. Die hier benannte Verschränkung von zeitlicher Sukzession einerseits und auf ein vermeintlich bestimmtes Etwas konzentrierter Wahrnehmung andererseits geriet beim Aufgreifen oder der vielleicht auch unabhängig erfolgten Neuinstallierung des Begriffs der Ambivalenz in anderen Forschungszusammenhängen aus dem Blick. Zu nennen sind hier zunächst vor allem die frühe Psychoanalyse mit ihrem Blick auf ambivalente, von gegenläufigen Regungen getragene Gefühle; wenig später aber auch die modernistische Ästhetik mit dem Versuch, den ästhetischen Gegenstand über die unentschieden bleibende Vielzahl seiner Interpretationen zubegreifen; und schließlich, nun schon in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, die Professionensozi
Inhaltsverzeichnis
Werner Binder: Der Hintergrund. Zur Kultursoziologie des AußerordentlichenBeatrice Kobow: Die Denkfigur des Als-ObKay Junge: Ambivalent oder verlogen?Kim-Claude Meyer: Die Macht des HörensagensDmitri Zakharine: Klangbilder - Kippbilder. Zur Soziologie des Hörens und Hören-LassensFrancis Le Maitre: Verführte WahrheitMarco Gerster: Der Ernst des SpielsChristoph Schneider: Seelentheater. Über psychische PolyvalenzenKirill Postoutenko: Der Antichrist und seine WidersacherShigeki Sato: Restrisiko. Fukushima in DeutschlandValentin Rauer: Transnation EuropaMartin Sauter: EuropabindungenYasemin Soytemel: Aeneas oder Odysseus? Kollektive Selbstbeschreibung türkisch-deutscher JugendlicherGerold Gerber: Staunen auf Malta. Über das Außerordentliche im AlltagDaniel Suber: Von Fingern und Fäusten. Politische Symbolik im gegenwärtigen SerbienMark Weißhaupt: Zwischen-Spiel. Zur Grenze zwischen Ritual und SpielRobert Seyfert: Der QuantNils Meise: Der Zombie. Sterben um zu leben um wieder zu sterbenPhilip Smith: Die Guillotine
Details
Erscheinungsjahr: 2013
Genre: Soziologie
Rubrik: Wissenschaften
Medium: Buch
Seiten: 104
Inhalt: 104 S.
ISBN-13: 9783942393614
ISBN-10: 3942393611
Sprache: Deutsch
Autor: Junge, Kay
Binder, Werner
Meyer, Kim-Claude
Redaktion: Junge, Kay
Binder, Werner
Meyer, Kim-Claude
Herausgeber: Kay Junge/Werner Binder/Kim-Claude Meyer u a
Auflage: 1. Aufl.
Hersteller: Velbrück
Maße: 222 x 140 x 23 mm
Von/Mit: Kay Junge (u. a.)
Erscheinungsdatum: 01.05.2013
Gewicht: 0,166 kg
preigu-id: 106088358
Inhaltsverzeichnis
Werner Binder: Der Hintergrund. Zur Kultursoziologie des AußerordentlichenBeatrice Kobow: Die Denkfigur des Als-ObKay Junge: Ambivalent oder verlogen?Kim-Claude Meyer: Die Macht des HörensagensDmitri Zakharine: Klangbilder - Kippbilder. Zur Soziologie des Hörens und Hören-LassensFrancis Le Maitre: Verführte WahrheitMarco Gerster: Der Ernst des SpielsChristoph Schneider: Seelentheater. Über psychische PolyvalenzenKirill Postoutenko: Der Antichrist und seine WidersacherShigeki Sato: Restrisiko. Fukushima in DeutschlandValentin Rauer: Transnation EuropaMartin Sauter: EuropabindungenYasemin Soytemel: Aeneas oder Odysseus? Kollektive Selbstbeschreibung türkisch-deutscher JugendlicherGerold Gerber: Staunen auf Malta. Über das Außerordentliche im AlltagDaniel Suber: Von Fingern und Fäusten. Politische Symbolik im gegenwärtigen SerbienMark Weißhaupt: Zwischen-Spiel. Zur Grenze zwischen Ritual und SpielRobert Seyfert: Der QuantNils Meise: Der Zombie. Sterben um zu leben um wieder zu sterbenPhilip Smith: Die Guillotine
Details
Erscheinungsjahr: 2013
Genre: Soziologie
Rubrik: Wissenschaften
Medium: Buch
Seiten: 104
Inhalt: 104 S.
ISBN-13: 9783942393614
ISBN-10: 3942393611
Sprache: Deutsch
Autor: Junge, Kay
Binder, Werner
Meyer, Kim-Claude
Redaktion: Junge, Kay
Binder, Werner
Meyer, Kim-Claude
Herausgeber: Kay Junge/Werner Binder/Kim-Claude Meyer u a
Auflage: 1. Aufl.
Hersteller: Velbrück
Maße: 222 x 140 x 23 mm
Von/Mit: Kay Junge (u. a.)
Erscheinungsdatum: 01.05.2013
Gewicht: 0,166 kg
preigu-id: 106088358
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