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Geschichte der Sexualwissenschaft
Buch von Volkmar Sigusch
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
150 Jahre Sexualwissenschaft
Einleitung und Danksagung

Immer wieder wird gesagt, die Sexualwissenschaft sei Ende des 19. Jahrhunderts von dem Nervenarzt Richard von Krafft-Ebing oder Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Hautarzt Iwan Bloch begründet worden. Ich bin dagegen zu dem Schluss gekommen, dass die Sexualwissenschaft bereits vor 150 Jahren entstanden ist.
Am Beginn, zwischen 1850 und 1870, stellten zwei Gelehrte die Weichen in Richtung auf eine Wissenschaft von der Wonne und von der Liebe, die merkwürdigerweise trotz ihres umfangreichen Werkes bis heute nicht als Pioniere der Sexualwissenschaft gewürdigt worden sind: der katholische Norditaliener Paolo Mantegazza und der protestantische Norddeutsche Karl Heinrich Ulrichs.
Diese Pioniere der Pioniere könnten unterschiedlicher nicht sein. Mantegazza, Arzt, Anthropologe und Schriftsteller, liebte die Frauen, vor allem seine Mutter, wie sonst nichts auf der Welt, forschte in fremden Ländern, wurde Universitätsprofessor und starb hoch geehrt als Senator des Königreichs Italien. Ulrichs, Jurist, Latinist und Schriftsteller, liebte die Männer, vor allem junge Soldaten, heiß und innig, war überzeugt, eine weibliche Seele in einem männlichen Körper zu haben, kämpfte mit zahllosen Pamphleten gegen die Verachtung der mannmännlichen Liebe, könnte wegen seines Mutes als der erste Schwule der Weltgeschichte bezeichnet werden und starb nach Verfolgungen mutterseelenallein in den italienischen Abbruzzen.
Geburt der Sexualwissenschaft
Offenbar stärker als andere Zeitgenossen sind beide bereits durchdrungen vom Furor sexualis, das heißt von dem, was wir heute Sexualdiskurs nennen würden, allerdings noch nicht unter dem alles zusammenzwingenden Sammel- und Leitbegriff "Sexualität". Bekanntlich kommt das Hauptwort "Sexualität" weder in der Bibel noch bei Homer noch bei Shakespeare vor. Das ist für die kritische Sexualwissenschaft nicht nebensächlich, sondern die Sache selbst. Und diese Tatsache ist: Vergesellschaftung von Venus Urania und Venus vulgivaga, von Minne, Wohllust und Wollust, von Geschlecht und Liebe. Die Transformation der zahllosen Wonnen, Empfindungen und Vorstellungen in eine einzige, scheinbar ebenso gott- wie naturgewollte Sexualform kann am leichtesten daran abgelesen werden, dass an die Stelle der zahllosen Wörter, die vor dem 19. Jahrhundert kursierten, ein einziges Wort trat, ein Kollektivsingular, der all die Vorgänger von Venus bis Nisus verschlang: "Sexualität".
Mantegazza handelte noch von "Piacere" und "Amore" zwischen Männern und Frauen - wir sagen heute: von Lust und Liebe bei Heterosexuellen. Und die wissenschaftliche Disziplin, die in diesen Jahrzehnten entsteht, hieß bei ihm namenlos "diese Wissenschaft" oder "Wissenschaft vom Genusse". Ulrichs handelte von einer "namenlosen Liebe" und den Geschlechtseigentümlichkeiten jener, die sie lebten - wir sagen heute: von Homosexualität, sexueller Präferenz und Geschlechtsidentität. Mantegazza experimentierte als Mediziner bereits im heutigen Sinn des Wortes. Er argumentierte physiologisch, anthropologisch, ethnologisch, hygienisch, empirisch und damit oft moderner als viele spätere Sexualforscher. Mit seinen zahllosen Büchern in vielen Sprachen und mit einzigartig hohen Auflagen erreichte er das lesende Publikum in Europa und darüber hinaus. Ulrichs argumentierte rechtsphilosophisch, ethisch, sittengeschichtlich, embryologisch, geschlechterwissenschaftlich und politisch und musste zwangsläufig überwiegend im Verborgenen wirken. Er klagte aber Freiheitsrechte für verfolgte und verpönte Geschlechts- und Sexualsubjekte in aller Welt so mutig und unbeirrt auch öffentlich ein, dass er heute als Vorkämpfer der Homosexuellen-Emanzipation verehrt wird. Bei Mantegazza sind die Frauen den Männern noch mit ihrer Liebes- und Lustpotenz überlegen und nicht alle Abweichungen von der Fortpflanzung zur krankhaften Perversion missraten, geht es sogar, anders als bei seinen Nachfolgern, um eine Kunst zu lieben und zu genießen. Geme
150 Jahre Sexualwissenschaft
Einleitung und Danksagung

Immer wieder wird gesagt, die Sexualwissenschaft sei Ende des 19. Jahrhunderts von dem Nervenarzt Richard von Krafft-Ebing oder Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Hautarzt Iwan Bloch begründet worden. Ich bin dagegen zu dem Schluss gekommen, dass die Sexualwissenschaft bereits vor 150 Jahren entstanden ist.
Am Beginn, zwischen 1850 und 1870, stellten zwei Gelehrte die Weichen in Richtung auf eine Wissenschaft von der Wonne und von der Liebe, die merkwürdigerweise trotz ihres umfangreichen Werkes bis heute nicht als Pioniere der Sexualwissenschaft gewürdigt worden sind: der katholische Norditaliener Paolo Mantegazza und der protestantische Norddeutsche Karl Heinrich Ulrichs.
Diese Pioniere der Pioniere könnten unterschiedlicher nicht sein. Mantegazza, Arzt, Anthropologe und Schriftsteller, liebte die Frauen, vor allem seine Mutter, wie sonst nichts auf der Welt, forschte in fremden Ländern, wurde Universitätsprofessor und starb hoch geehrt als Senator des Königreichs Italien. Ulrichs, Jurist, Latinist und Schriftsteller, liebte die Männer, vor allem junge Soldaten, heiß und innig, war überzeugt, eine weibliche Seele in einem männlichen Körper zu haben, kämpfte mit zahllosen Pamphleten gegen die Verachtung der mannmännlichen Liebe, könnte wegen seines Mutes als der erste Schwule der Weltgeschichte bezeichnet werden und starb nach Verfolgungen mutterseelenallein in den italienischen Abbruzzen.
Geburt der Sexualwissenschaft
Offenbar stärker als andere Zeitgenossen sind beide bereits durchdrungen vom Furor sexualis, das heißt von dem, was wir heute Sexualdiskurs nennen würden, allerdings noch nicht unter dem alles zusammenzwingenden Sammel- und Leitbegriff "Sexualität". Bekanntlich kommt das Hauptwort "Sexualität" weder in der Bibel noch bei Homer noch bei Shakespeare vor. Das ist für die kritische Sexualwissenschaft nicht nebensächlich, sondern die Sache selbst. Und diese Tatsache ist: Vergesellschaftung von Venus Urania und Venus vulgivaga, von Minne, Wohllust und Wollust, von Geschlecht und Liebe. Die Transformation der zahllosen Wonnen, Empfindungen und Vorstellungen in eine einzige, scheinbar ebenso gott- wie naturgewollte Sexualform kann am leichtesten daran abgelesen werden, dass an die Stelle der zahllosen Wörter, die vor dem 19. Jahrhundert kursierten, ein einziges Wort trat, ein Kollektivsingular, der all die Vorgänger von Venus bis Nisus verschlang: "Sexualität".
Mantegazza handelte noch von "Piacere" und "Amore" zwischen Männern und Frauen - wir sagen heute: von Lust und Liebe bei Heterosexuellen. Und die wissenschaftliche Disziplin, die in diesen Jahrzehnten entsteht, hieß bei ihm namenlos "diese Wissenschaft" oder "Wissenschaft vom Genusse". Ulrichs handelte von einer "namenlosen Liebe" und den Geschlechtseigentümlichkeiten jener, die sie lebten - wir sagen heute: von Homosexualität, sexueller Präferenz und Geschlechtsidentität. Mantegazza experimentierte als Mediziner bereits im heutigen Sinn des Wortes. Er argumentierte physiologisch, anthropologisch, ethnologisch, hygienisch, empirisch und damit oft moderner als viele spätere Sexualforscher. Mit seinen zahllosen Büchern in vielen Sprachen und mit einzigartig hohen Auflagen erreichte er das lesende Publikum in Europa und darüber hinaus. Ulrichs argumentierte rechtsphilosophisch, ethisch, sittengeschichtlich, embryologisch, geschlechterwissenschaftlich und politisch und musste zwangsläufig überwiegend im Verborgenen wirken. Er klagte aber Freiheitsrechte für verfolgte und verpönte Geschlechts- und Sexualsubjekte in aller Welt so mutig und unbeirrt auch öffentlich ein, dass er heute als Vorkämpfer der Homosexuellen-Emanzipation verehrt wird. Bei Mantegazza sind die Frauen den Männern noch mit ihrer Liebes- und Lustpotenz überlegen und nicht alle Abweichungen von der Fortpflanzung zur krankhaften Perversion missraten, geht es sogar, anders als bei seinen Nachfolgern, um eine Kunst zu lieben und zu genießen. Geme
Details
Erscheinungsjahr: 2008
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Geschichte
Rubrik: Geisteswissenschaften
Thema: Lexika
Medium: Buch
Seiten: 720
Inhalt: 720 S.
210 Fotos
ISBN-13: 9783593385754
ISBN-10: 3593385759
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Sigusch, Volkmar
Auflage: 1/2008
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 232 x 165 x 47 mm
Von/Mit: Volkmar Sigusch
Erscheinungsdatum: 13.05.2008
Gewicht: 1,243 kg
preigu-id: 101901193
Details
Erscheinungsjahr: 2008
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Geschichte
Rubrik: Geisteswissenschaften
Thema: Lexika
Medium: Buch
Seiten: 720
Inhalt: 720 S.
210 Fotos
ISBN-13: 9783593385754
ISBN-10: 3593385759
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Sigusch, Volkmar
Auflage: 1/2008
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 232 x 165 x 47 mm
Von/Mit: Volkmar Sigusch
Erscheinungsdatum: 13.05.2008
Gewicht: 1,243 kg
preigu-id: 101901193
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