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Beschreibung
Aus dem Kapitel "Wiedersehen":Als die ersten Sonnenstrahlen die noch kühle Morgenluft des Ljosdags, der ersten Trideade im Kranichmond, zögernd anwärmten, trat Thorn aus dem Tor des Nebenhauses in den Innenhof der Festung. An der Burgmauer entlang steuerte er den Hauptturm an, wo eine der beiden Wachen die schwere Holztür aufschob, die ins Turminnere führte. Bis auf die beiden Männer war ihm keine Menschenseele begegnet. Auch, als er die gewundene Treppe in die siebte Etage hochstieg, kam ihm niemand entgegen. "Ich werde erwartet", bemerkte Thorn auf Aschranisch, als er am Ende der Treppe den beiden Wachen gegenübertrat, die an der Doppelflügeltür zum Besprechungsraum Posten bezogen hatten."Und ?", gab der breitere der beiden Wachmänner in dunklem Gambeson und Kettenhemd barsch [...] warf einen unsicheren Blick in den Raum dahinter, der leer zu sein schien. "Ist das der Besprechungsraum ?"Ein knappes Nicken von Seiten der Wachen folgte."Na dann", meinte Thorn leichthin und wollte sich zwischen den Männern hindurchschummeln. Sie hoben fast zeitgleich ihre Arme und hielten ihn mit einem harten Stoß gegen die Brust zurück."Euer Name", befahl der Breite knapp.Thorns Zähne knirschten kaum merklich : "Thorn Gandir.""Khönnt aintreten." Die beiden Männer nahmen ihre Hände herunter und ließen ihn passieren. Erneut stellte Thorn fest, dass sich die Aussprache eines Aschraners deutlich von seinem Akzent unterschied. Egal wie sehr er sich auch abmühte, die Landessprache wie ein Einheimischer zu beherrschen, es würde ihm nie gelingen. Er hatte während der Zeit seiner Ausbildung Aschranisch gelernt und sich mittlerweile daran gewöhnt, die Sprache auch zu benutzen. Hier sprachen alle Aschranisch. Und allmählich erschien ihm die anfangs so befremdliche Sprache fast so vertraut wie seine Muttersprache. Die Tür fiel knarrend hinter ihm ins Schloss. Ratlos musterte Thorn die leeren Stühle, die sich um die längliche, aus massivem Holz gefertigte Tafel reihten. Der halbrunde, karg eingerichtete Raum war menschenleer und still. Thorns weiche Lederstiefel verursachten auf dem steinernen Boden ein kaum hörbares Schlurfen, als er um den Tisch herum zu einem der fünf schmalen Fenster schritt, die auf der anderen Seite der Tafel einen Blick ins Freie gewährten. Die Öffnungen in der Mauer waren verglast, ein Luxus, den er nur von den aufwändigsten Gebäuden Valianors her kannte. Thorn stieß die beiden Läden des ersten Fensters auf und steckte den Kopf ins Freie. Eine kühle Morgenbrise zerzauste seine Haare, als er seine Augen an der Turmmauer nach unten und schließlich über den Innenhof gleiten ließ. Von hier oben erschloss sich ihm die Verteidigungsanlage der Festung kaum besser als vom Burghof aus. Aber der Anblick der Wachposten, die über die Mauern patrouillierten und das Tor sicherten, vereitelten ohnedies jeden Gedanken an Flucht. Flucht ... wie oft hatte er in den letzten Monden mit diesem Gedanken jongliert. Flucht, Flucht, Flucht ... Als er seinen Kopf hob, bot sich Thorn ein neuer faszinierenderer Anblick. Vor seinen Augen breitete sich der dunkelblaue glitzernde Teppich des Meers der Ruhe aus. Das Bild jenseits der Mauern hinterließ eine Ahnung von der Größe und Erhabenheit Amaleas und Thorn wurde es für einen winzigen Augenblick leichter um seine Seele. Freiheit – das war es, was er zu fühlen glaubte, trotz seiner selbst gewählten Gefangenschaft und der trüben Aussicht auf eine Zukunft, die Ungewissheit und Angst versprach. Ein leises Rauschen kündete von einem sanften Wellengang. Das ferne Krächzen von Möwen, die über den Wellen im Wind tanzten, trieb trotz der massiven Wehranlage dieses unerschütterliche Gefühl von Unendlichkeit über die Mauern an das Fenster heran. Er atmete tief ein und schloss die Augen. Seine Gedanken holten ihn zurück nach Alba. Bedächtig schritt er durch das grüne Meer aus Gräsern, die sanft vor ihm dahinwogten, während seine Hände über die Spitzen der knielangen Grashalme strichen. In der Ferne zeichnete sich der dunkelgrüne Teppich der Wälder ab, die Thorns Zuhause wurden – Albion. Thorn meinte, den Gesang einer Elfe zu hören ...Wir stehen an einer Gabelung, Thorn Gandir, und ich werde dir eine neue Richtung weisen. Du wirst dich wehren, wirst dich winden, du wirst zappeln und schreien, doch am Ende wirst du mir dankbar sein. Denn ich habe gerettet, was von dir noch übrig war. Und was ich geschaffen habe, halte ich am Leben. Thorn fluchte leise und schaffte es damit, die Stimme aus seinen Träumen zu verdrängen. Albion ... Es gehörte seiner Vergangenheit an. Hier in Billus gab es nichts, das an seine alte Heimat erinnerte. Hier in Billus war alles anders : Das kleine Zimmer, das er sich mit vier anderen teilte, war ärmlich eingerichtet. Nur selten bekam er einen seiner Mitbewohner zu Gesicht. Die Männer, die in der Festung untergebracht waren, kamen und gingen. Allein in den letzten sieben Monden hatte ein permanenter Wechsel seiner Zimmergenossen stattgefunden. Thorn hatte gar nicht erst versucht, mit einem von ihnen ins Gespräch zu kommen oder gar eine Art Freundschaft zu entwickeln. Er hatte sich bedeckt gehalten und seine Studien gemacht. Seit Beginn seiner Dienste für den Alten beobachtete er nun in jedem freien Augenblick die Gepflogenheiten in und um die Festung. Zwischen Körpertraining, Kampfübungen, Sprachstudium und dem Perfektionieren seiner spezifischen Fähigkeiten versuchte er, die Strukturen innerhalb Al´Jebals Feste auszumachen. Und obwohl er bislang keinen freien Tag gehabt hatte, hatte er einige interessante Tatbestände feststellen können. Beispielsweise wurde dafür gesorgt, in das Gefüge innerhalb der Burgmauern eine gewisse Unruhe zu bringen – eine Strategie, die gewährleistete, dass keine zwischenmenschlichen Bindungen aufkommen konnten. Nicht nur um Thorn scharten sich nur kurzfristig dieselben Leute, er sah auch andere nie längerfristig in derselben Gesellschaft und nur wenige unter ihnen suchten überhaupt Kontakt. Die Übungseinheiten wurden zwar in kleinen Gruppen besucht, aber diese waren so zusammengestellt, dass man die bekannten Gesichter ausschließlich in einer einzigen Disziplin sah und sonst nirgendwo. Nicht einmal beim Essen hatte Thorn je ein bekanntes Gesicht aus einer seiner Schulungen gesehen. Demnach musste es mehrere Speisesäle geben. Es waren die unterschiedlichsten Leute unterschiedlichster Herkunft, aber die meisten stammten, ihrer Aussprache nach, aus Aschran. Diejenigen, die Thorn zu Gesicht bekam, waren eindeutig Krieger oder zumindest im Kampf erfahren. Er vermutete, dass einige Schwertkämpfer aus den Küstenstaaten kamen, einer aus Anbar, ein Bogenschütze aus Tego und ein Speerkämpfer aus Chryseia. Es waren auch Frauen unter den Auszubildenden. Nur gab es leider keinen freien Augenblick, um sich ihnen anzunähern oder sie besser kennen zu [...] in der Festung schien sich selbst der Nächste zu sein. Es gab auch keine Möglichkeit, die Festung ohne abgestellte Begleitung zu verlassen, einer der irritierendsten Aspekte seines neuen Zuhauses. Er sah keine Gelegenheit, sich abzusetzen. Selbst innerhalb dieser Mauern hatte er stets das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Bislang hatte er unmöglich feststellen können, wieviele Leute überhaupt in Al´Jebals Diensten standen. Ein paar wenige, viele ? Er hatte keine [...] fühlte sich plötzlich beklommen, als würde ihm die Luft wegbleiben. Hastig zerrte er das Tuch von seinem Hals und klemmte es in seinen Ledergürtel. Als sein Blick daran hängen blieb, blitzte eine Erinnerung in ihm auf :Es war kurz vor ihrer Gefangennahme gewesen. Sie hatte sich im Kampf gegen einen Ork eine Verletzung am Hals zugezogen. Anstatt sich aus dem Kampf zurückzuziehen, hatte sie Thorn um sein Tuch gebeten und sich die Wunde so fest abgebunden, dass sie die Blutung zwar eindämmen konnte, sich dabei aber fast die Luftzufuhr abschnitt. Danach hatte sie ungerührt weitergekämpft. Diese Unvernunft, diese Verbissenheit – es waren nur zwei ihrer sonderbaren [...] ...Die vermeintliche Söldnerin hatte auf Thorn immer den Eindruck gemacht, als würde sie nichts aus der Fassung bringen, nicht einmal die Tatsache, dass sie sterben könnte. Charas Besonderheit war, dass nichts sie zu berühren schien, und es war eben jene Eigenschaft, die Thorn sowohl bewunderte als auch zutiefst verachtete. Erneut trat ihm Charas wahre Identität vor Augen und verursachte ein schmerzendes Stechen in seiner Brust. Seine Befürchtungen hatten sich in ein brutales Faktum verwandelt – Chara war nicht die, die sie zu sein vorgegeben hatte. Chara Viola-Lukullus war nicht nur der erfundene Name einer Person, die kein moralisches Gewissen hatte. Hinter dem Namen verbarg sich ein Mensch von verabscheuungswürdiger Gesinnung – eine Assassinin, eine abgeklärte Auftragsmörderin, eine Frau ohne jede Ehre. Die Fremde aus Chryseia, die sich ihm einst angeschlossen und an seiner Seite gekämpft hatte, war die Lakaiin eines Machthabers von fast ebenso verruchter Seele wie Al´Jebal. Der Mann mit dem widersinnig klingenden Namen Bettlerkönig hatte sich vor etwa vierzig Jahren in der Ruinenstadt Kresopolis in Chryseia aus Obdachlosen eine Art Armee geschaffen, darunter auch ein Assassinen-Orden. Soviel hatte Thorn inzwischen herausgefunden. Der Bettlerkönig war ein Verbündeter Al´Jebals. Das lag zumindest auf der Hand. Die Assassinen waren seine engsten Gefolgsleute, die ebenso enteignet waren wie Chara, deren einziger Lebensinhalt darin bestand, einem Herrschenden Dienerin zu sein, ohne sich darum zu scheren, ob die Motive seiner Herrschaft gerechtfertigt oder seine Ziele erstrebenswert waren. Thorn hatte mit Chara abgeschlossen. Doch die leise, unleugbare Befürchtung, die Meuchelmörderin nie mehr wiederzusehen, strafte seine Gleichgültigkeit Lügen. Meinetwegen hast du erkannt, dass es sich auch im Schatten leben lässt. Meinetwegen weißt du, wie man sich in der Dunkelheit zurechtfindet. Dank meiner Augen erkennst du Licht, wo du nur schwarze Schemen wahrgenommen hast. Dank mir hast du...
Aus dem Kapitel "Wiedersehen":Als die ersten Sonnenstrahlen die noch kühle Morgenluft des Ljosdags, der ersten Trideade im Kranichmond, zögernd anwärmten, trat Thorn aus dem Tor des Nebenhauses in den Innenhof der Festung. An der Burgmauer entlang steuerte er den Hauptturm an, wo eine der beiden Wachen die schwere Holztür aufschob, die ins Turminnere führte. Bis auf die beiden Männer war ihm keine Menschenseele begegnet. Auch, als er die gewundene Treppe in die siebte Etage hochstieg, kam ihm niemand entgegen. "Ich werde erwartet", bemerkte Thorn auf Aschranisch, als er am Ende der Treppe den beiden Wachen gegenübertrat, die an der Doppelflügeltür zum Besprechungsraum Posten bezogen hatten."Und ?", gab der breitere der beiden Wachmänner in dunklem Gambeson und Kettenhemd barsch [...] warf einen unsicheren Blick in den Raum dahinter, der leer zu sein schien. "Ist das der Besprechungsraum ?"Ein knappes Nicken von Seiten der Wachen folgte."Na dann", meinte Thorn leichthin und wollte sich zwischen den Männern hindurchschummeln. Sie hoben fast zeitgleich ihre Arme und hielten ihn mit einem harten Stoß gegen die Brust zurück."Euer Name", befahl der Breite knapp.Thorns Zähne knirschten kaum merklich : "Thorn Gandir.""Khönnt aintreten." Die beiden Männer nahmen ihre Hände herunter und ließen ihn passieren. Erneut stellte Thorn fest, dass sich die Aussprache eines Aschraners deutlich von seinem Akzent unterschied. Egal wie sehr er sich auch abmühte, die Landessprache wie ein Einheimischer zu beherrschen, es würde ihm nie gelingen. Er hatte während der Zeit seiner Ausbildung Aschranisch gelernt und sich mittlerweile daran gewöhnt, die Sprache auch zu benutzen. Hier sprachen alle Aschranisch. Und allmählich erschien ihm die anfangs so befremdliche Sprache fast so vertraut wie seine Muttersprache. Die Tür fiel knarrend hinter ihm ins Schloss. Ratlos musterte Thorn die leeren Stühle, die sich um die längliche, aus massivem Holz gefertigte Tafel reihten. Der halbrunde, karg eingerichtete Raum war menschenleer und still. Thorns weiche Lederstiefel verursachten auf dem steinernen Boden ein kaum hörbares Schlurfen, als er um den Tisch herum zu einem der fünf schmalen Fenster schritt, die auf der anderen Seite der Tafel einen Blick ins Freie gewährten. Die Öffnungen in der Mauer waren verglast, ein Luxus, den er nur von den aufwändigsten Gebäuden Valianors her kannte. Thorn stieß die beiden Läden des ersten Fensters auf und steckte den Kopf ins Freie. Eine kühle Morgenbrise zerzauste seine Haare, als er seine Augen an der Turmmauer nach unten und schließlich über den Innenhof gleiten ließ. Von hier oben erschloss sich ihm die Verteidigungsanlage der Festung kaum besser als vom Burghof aus. Aber der Anblick der Wachposten, die über die Mauern patrouillierten und das Tor sicherten, vereitelten ohnedies jeden Gedanken an Flucht. Flucht ... wie oft hatte er in den letzten Monden mit diesem Gedanken jongliert. Flucht, Flucht, Flucht ... Als er seinen Kopf hob, bot sich Thorn ein neuer faszinierenderer Anblick. Vor seinen Augen breitete sich der dunkelblaue glitzernde Teppich des Meers der Ruhe aus. Das Bild jenseits der Mauern hinterließ eine Ahnung von der Größe und Erhabenheit Amaleas und Thorn wurde es für einen winzigen Augenblick leichter um seine Seele. Freiheit – das war es, was er zu fühlen glaubte, trotz seiner selbst gewählten Gefangenschaft und der trüben Aussicht auf eine Zukunft, die Ungewissheit und Angst versprach. Ein leises Rauschen kündete von einem sanften Wellengang. Das ferne Krächzen von Möwen, die über den Wellen im Wind tanzten, trieb trotz der massiven Wehranlage dieses unerschütterliche Gefühl von Unendlichkeit über die Mauern an das Fenster heran. Er atmete tief ein und schloss die Augen. Seine Gedanken holten ihn zurück nach Alba. Bedächtig schritt er durch das grüne Meer aus Gräsern, die sanft vor ihm dahinwogten, während seine Hände über die Spitzen der knielangen Grashalme strichen. In der Ferne zeichnete sich der dunkelgrüne Teppich der Wälder ab, die Thorns Zuhause wurden – Albion. Thorn meinte, den Gesang einer Elfe zu hören ...Wir stehen an einer Gabelung, Thorn Gandir, und ich werde dir eine neue Richtung weisen. Du wirst dich wehren, wirst dich winden, du wirst zappeln und schreien, doch am Ende wirst du mir dankbar sein. Denn ich habe gerettet, was von dir noch übrig war. Und was ich geschaffen habe, halte ich am Leben. Thorn fluchte leise und schaffte es damit, die Stimme aus seinen Träumen zu verdrängen. Albion ... Es gehörte seiner Vergangenheit an. Hier in Billus gab es nichts, das an seine alte Heimat erinnerte. Hier in Billus war alles anders : Das kleine Zimmer, das er sich mit vier anderen teilte, war ärmlich eingerichtet. Nur selten bekam er einen seiner Mitbewohner zu Gesicht. Die Männer, die in der Festung untergebracht waren, kamen und gingen. Allein in den letzten sieben Monden hatte ein permanenter Wechsel seiner Zimmergenossen stattgefunden. Thorn hatte gar nicht erst versucht, mit einem von ihnen ins Gespräch zu kommen oder gar eine Art Freundschaft zu entwickeln. Er hatte sich bedeckt gehalten und seine Studien gemacht. Seit Beginn seiner Dienste für den Alten beobachtete er nun in jedem freien Augenblick die Gepflogenheiten in und um die Festung. Zwischen Körpertraining, Kampfübungen, Sprachstudium und dem Perfektionieren seiner spezifischen Fähigkeiten versuchte er, die Strukturen innerhalb Al´Jebals Feste auszumachen. Und obwohl er bislang keinen freien Tag gehabt hatte, hatte er einige interessante Tatbestände feststellen können. Beispielsweise wurde dafür gesorgt, in das Gefüge innerhalb der Burgmauern eine gewisse Unruhe zu bringen – eine Strategie, die gewährleistete, dass keine zwischenmenschlichen Bindungen aufkommen konnten. Nicht nur um Thorn scharten sich nur kurzfristig dieselben Leute, er sah auch andere nie längerfristig in derselben Gesellschaft und nur wenige unter ihnen suchten überhaupt Kontakt. Die Übungseinheiten wurden zwar in kleinen Gruppen besucht, aber diese waren so zusammengestellt, dass man die bekannten Gesichter ausschließlich in einer einzigen Disziplin sah und sonst nirgendwo. Nicht einmal beim Essen hatte Thorn je ein bekanntes Gesicht aus einer seiner Schulungen gesehen. Demnach musste es mehrere Speisesäle geben. Es waren die unterschiedlichsten Leute unterschiedlichster Herkunft, aber die meisten stammten, ihrer Aussprache nach, aus Aschran. Diejenigen, die Thorn zu Gesicht bekam, waren eindeutig Krieger oder zumindest im Kampf erfahren. Er vermutete, dass einige Schwertkämpfer aus den Küstenstaaten kamen, einer aus Anbar, ein Bogenschütze aus Tego und ein Speerkämpfer aus Chryseia. Es waren auch Frauen unter den Auszubildenden. Nur gab es leider keinen freien Augenblick, um sich ihnen anzunähern oder sie besser kennen zu [...] in der Festung schien sich selbst der Nächste zu sein. Es gab auch keine Möglichkeit, die Festung ohne abgestellte Begleitung zu verlassen, einer der irritierendsten Aspekte seines neuen Zuhauses. Er sah keine Gelegenheit, sich abzusetzen. Selbst innerhalb dieser Mauern hatte er stets das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden. Bislang hatte er unmöglich feststellen können, wieviele Leute überhaupt in Al´Jebals Diensten standen. Ein paar wenige, viele ? Er hatte keine [...] fühlte sich plötzlich beklommen, als würde ihm die Luft wegbleiben. Hastig zerrte er das Tuch von seinem Hals und klemmte es in seinen Ledergürtel. Als sein Blick daran hängen blieb, blitzte eine Erinnerung in ihm auf :Es war kurz vor ihrer Gefangennahme gewesen. Sie hatte sich im Kampf gegen einen Ork eine Verletzung am Hals zugezogen. Anstatt sich aus dem Kampf zurückzuziehen, hatte sie Thorn um sein Tuch gebeten und sich die Wunde so fest abgebunden, dass sie die Blutung zwar eindämmen konnte, sich dabei aber fast die Luftzufuhr abschnitt. Danach hatte sie ungerührt weitergekämpft. Diese Unvernunft, diese Verbissenheit – es waren nur zwei ihrer sonderbaren [...] ...Die vermeintliche Söldnerin hatte auf Thorn immer den Eindruck gemacht, als würde sie nichts aus der Fassung bringen, nicht einmal die Tatsache, dass sie sterben könnte. Charas Besonderheit war, dass nichts sie zu berühren schien, und es war eben jene Eigenschaft, die Thorn sowohl bewunderte als auch zutiefst verachtete. Erneut trat ihm Charas wahre Identität vor Augen und verursachte ein schmerzendes Stechen in seiner Brust. Seine Befürchtungen hatten sich in ein brutales Faktum verwandelt – Chara war nicht die, die sie zu sein vorgegeben hatte. Chara Viola-Lukullus war nicht nur der erfundene Name einer Person, die kein moralisches Gewissen hatte. Hinter dem Namen verbarg sich ein Mensch von verabscheuungswürdiger Gesinnung – eine Assassinin, eine abgeklärte Auftragsmörderin, eine Frau ohne jede Ehre. Die Fremde aus Chryseia, die sich ihm einst angeschlossen und an seiner Seite gekämpft hatte, war die Lakaiin eines Machthabers von fast ebenso verruchter Seele wie Al´Jebal. Der Mann mit dem widersinnig klingenden Namen Bettlerkönig hatte sich vor etwa vierzig Jahren in der Ruinenstadt Kresopolis in Chryseia aus Obdachlosen eine Art Armee geschaffen, darunter auch ein Assassinen-Orden. Soviel hatte Thorn inzwischen herausgefunden. Der Bettlerkönig war ein Verbündeter Al´Jebals. Das lag zumindest auf der Hand. Die Assassinen waren seine engsten Gefolgsleute, die ebenso enteignet waren wie Chara, deren einziger Lebensinhalt darin bestand, einem Herrschenden Dienerin zu sein, ohne sich darum zu scheren, ob die Motive seiner Herrschaft gerechtfertigt oder seine Ziele erstrebenswert waren. Thorn hatte mit Chara abgeschlossen. Doch die leise, unleugbare Befürchtung, die Meuchelmörderin nie mehr wiederzusehen, strafte seine Gleichgültigkeit Lügen. Meinetwegen hast du erkannt, dass es sich auch im Schatten leben lässt. Meinetwegen weißt du, wie man sich in der Dunkelheit zurechtfindet. Dank meiner Augen erkennst du Licht, wo du nur schwarze Schemen wahrgenommen hast. Dank mir hast du...
Details
Erscheinungsjahr: 2022
Genre: Belletristik, Science Fiction & Fantasy
Rubrik: Belletristik
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 588 S.
1 s/w Zeichng.
2 Karten
ISBN-13: 9783948695859
ISBN-10: 3948695857
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Praßl, J H
Hersteller: Lindwurm Verlag
Imprint der Bedey Media GmbH
Verantwortliche Person für die EU: Bedey und Thoms Media GmbH, Hermannstal 119k, D-22119 Hamburg, kontakt@bedey-media.de
Maße: 214 x 142 x 45 mm
Von/Mit: J H Praßl
Erscheinungsdatum: 17.01.2022
Gewicht: 0,636 kg
Artikel-ID: 120943567

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