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Arabisch-islamische Philosophie
Geschichte und Gegenwart - Campus Studium, Campus 'Studium'
Taschenbuch von Geert Hendrich
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
EinleitungDas Erstaunlichste an der arabischen Philosophie ist für die Europäer immer noch, dass es sie gibt, spottete ein Journalist, als 1998 überall in Europa und der arabischen Welt Averroes-Kongresse und -Gedenkfeiern stattfanden. Für eine kleine Minderheit von Islamwissenschaftlern, Mediävisten und Philosophiehistorikern war Averroes, der 800 Jahre zuvor gestorbene arabische Denker, kein Unbekannter. Aber das journalistische Fazit traf den Kern einer allgemeinen Wahrnehmung: Philosophie gehört nicht zum anerkannten Fundus der arabisch-islamischen Kultur. Der palästinensische Literaturwissenschaftler Edward Said bemerkte einmal ironisch, dass "Harun al-Raschid, Sindbad, Alladin, Scheherazade und Saladin mehr oder weniger die vollständige Liste arabischer Personen [ausmachen], die moderne gebildete Europäer kennen." (Said 1981, 13) Zum Bild vom märchenhaften und geheimnisvollen "Orient" trat seit dem Mittelalter das vom fanatischen und gewaltbereiten Islam. Dieses religiöse Feindbild ging im 19. und 20. Jahrhundert fast nahtlos in das vom "rückständigen" und "unaufgeklärten" Islam über. Dahinter verbirgt sich ein Grundproblem in der Wahrnehmung von Kultur, nämlich ihren Mitgliedern einen unwandelbaren Charakter und ein "Wesen" zuzuschreiben, das sie auf eine ganz bestimmte Seinsweise festlegt. "Ausgegangen wird von einer Anzahl naturgegebener wesentlicher Eigenschaften, die den unveränderlichen oder nur oberflächlich veränderbaren homo islamicus ausmachen", schreibt der Philosoph Aziz al-Azmeh, und dieser Essentialismus verdankt sich vor allem "der Umkehrung der drei Hauptbestimmungen, die das bürgerlich-kapitalistische Zeitalter für sich selbst in Anspruch nimmt: Vernunft, Freiheit und Vervollkommnungsfähigkeit" (al-Azmeh 1996, 200). Übrig bleibt eine Kultur namens "Islam", die nicht nur mit "unserer" Moderne inkompatibel ist, sondern nicht einmal über eine wahre Geschichte verfügt. Denn alles in ihr reduziert sich auf die quasi genetisch vorgegebenen Denk- und Handlungsmöglichkeiten des homo islamicus: Das Fehlen einer arabischen Aufklärung, eines islamischen Descartes oder arabischen Kant resultiert nicht aus einer spezifischen Geschichte, sondern wird als Ausdruck einer kulturellen Disposition der Subjekte gedeutet, in der Philosophie als Vernunftwissenschaft keinen Ort hat.Betrachtet man den Islam als eine der Weltreligionen in seiner Entwicklung bis zur Gegenwart näher, so erweist sich bald seine Heterogenität. Weder in Theologie noch in der gelebten Religiosität der Alltagswelt kennzeichnete ihn je die Einheitlichkeit, die die westliche Wahrnehmung ihm zuschreibt und die islamistische Selbstbeschreibungen gerne hätten. Zumal man sehr schnell auf ein weiteres Problem des Begriffes "Islam" stößt: Er bezeichnet eben nicht nur eine Religion, sondern analog zu "Europa" oder dem "Westen" eine Kultur. Als Kulturbegriff umfasst er die vielfältigen Erscheinungen von Kultur, ihre Geschichte mit allen politischen, sozialen und ökonomischen Kontexten, und dies auch noch in seiner lokalen Vielfältigkeit. So kann die Bezeichnung als "islamische" oder "arabisch-islamische" Kultur nur als Chiffre begriffen werden für den Reichtum, aber auch für die Widersprüchlichkeit einer gelebten und lebendigen Kultur. Das gilt auch für die Philosophie in ihr.Die europäischen Wissenschaften haben die Philosophie im Islam lange Zeit als Teil einer von der Religion des Islam und ihrer spezifischen Kultur geprägten Besonderheit betrachtet und nicht als Teil einer universalen Geschichte des philosophischen Denkens. Selbst heute findet dies seinen Ausdruck in der seltenen Behandlung der arabisch-islamischen Philosophie im akademischen Lehrbetrieb und der mangelnden Präsenz der philosophischen Klassiker des Islam in den Bibliotheken. Zumal die wissenschaftlichen Disziplinen eifersüchtig ihre spezifischen Kompetenzen betonen und dadurch die dringend erforderliche interdisziplinäre Arbeit erschweren. Erst in den letzten Jahren findet die arabisch-is
EinleitungDas Erstaunlichste an der arabischen Philosophie ist für die Europäer immer noch, dass es sie gibt, spottete ein Journalist, als 1998 überall in Europa und der arabischen Welt Averroes-Kongresse und -Gedenkfeiern stattfanden. Für eine kleine Minderheit von Islamwissenschaftlern, Mediävisten und Philosophiehistorikern war Averroes, der 800 Jahre zuvor gestorbene arabische Denker, kein Unbekannter. Aber das journalistische Fazit traf den Kern einer allgemeinen Wahrnehmung: Philosophie gehört nicht zum anerkannten Fundus der arabisch-islamischen Kultur. Der palästinensische Literaturwissenschaftler Edward Said bemerkte einmal ironisch, dass "Harun al-Raschid, Sindbad, Alladin, Scheherazade und Saladin mehr oder weniger die vollständige Liste arabischer Personen [ausmachen], die moderne gebildete Europäer kennen." (Said 1981, 13) Zum Bild vom märchenhaften und geheimnisvollen "Orient" trat seit dem Mittelalter das vom fanatischen und gewaltbereiten Islam. Dieses religiöse Feindbild ging im 19. und 20. Jahrhundert fast nahtlos in das vom "rückständigen" und "unaufgeklärten" Islam über. Dahinter verbirgt sich ein Grundproblem in der Wahrnehmung von Kultur, nämlich ihren Mitgliedern einen unwandelbaren Charakter und ein "Wesen" zuzuschreiben, das sie auf eine ganz bestimmte Seinsweise festlegt. "Ausgegangen wird von einer Anzahl naturgegebener wesentlicher Eigenschaften, die den unveränderlichen oder nur oberflächlich veränderbaren homo islamicus ausmachen", schreibt der Philosoph Aziz al-Azmeh, und dieser Essentialismus verdankt sich vor allem "der Umkehrung der drei Hauptbestimmungen, die das bürgerlich-kapitalistische Zeitalter für sich selbst in Anspruch nimmt: Vernunft, Freiheit und Vervollkommnungsfähigkeit" (al-Azmeh 1996, 200). Übrig bleibt eine Kultur namens "Islam", die nicht nur mit "unserer" Moderne inkompatibel ist, sondern nicht einmal über eine wahre Geschichte verfügt. Denn alles in ihr reduziert sich auf die quasi genetisch vorgegebenen Denk- und Handlungsmöglichkeiten des homo islamicus: Das Fehlen einer arabischen Aufklärung, eines islamischen Descartes oder arabischen Kant resultiert nicht aus einer spezifischen Geschichte, sondern wird als Ausdruck einer kulturellen Disposition der Subjekte gedeutet, in der Philosophie als Vernunftwissenschaft keinen Ort hat.Betrachtet man den Islam als eine der Weltreligionen in seiner Entwicklung bis zur Gegenwart näher, so erweist sich bald seine Heterogenität. Weder in Theologie noch in der gelebten Religiosität der Alltagswelt kennzeichnete ihn je die Einheitlichkeit, die die westliche Wahrnehmung ihm zuschreibt und die islamistische Selbstbeschreibungen gerne hätten. Zumal man sehr schnell auf ein weiteres Problem des Begriffes "Islam" stößt: Er bezeichnet eben nicht nur eine Religion, sondern analog zu "Europa" oder dem "Westen" eine Kultur. Als Kulturbegriff umfasst er die vielfältigen Erscheinungen von Kultur, ihre Geschichte mit allen politischen, sozialen und ökonomischen Kontexten, und dies auch noch in seiner lokalen Vielfältigkeit. So kann die Bezeichnung als "islamische" oder "arabisch-islamische" Kultur nur als Chiffre begriffen werden für den Reichtum, aber auch für die Widersprüchlichkeit einer gelebten und lebendigen Kultur. Das gilt auch für die Philosophie in ihr.Die europäischen Wissenschaften haben die Philosophie im Islam lange Zeit als Teil einer von der Religion des Islam und ihrer spezifischen Kultur geprägten Besonderheit betrachtet und nicht als Teil einer universalen Geschichte des philosophischen Denkens. Selbst heute findet dies seinen Ausdruck in der seltenen Behandlung der arabisch-islamischen Philosophie im akademischen Lehrbetrieb und der mangelnden Präsenz der philosophischen Klassiker des Islam in den Bibliotheken. Zumal die wissenschaftlichen Disziplinen eifersüchtig ihre spezifischen Kompetenzen betonen und dadurch die dringend erforderliche interdisziplinäre Arbeit erschweren. Erst in den letzten Jahren findet die arabisch-is
Details
Erscheinungsjahr: 2011
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Philosophie
Jahrhundert: Antike
Rubrik: Geisteswissenschaften
Thema: Lexika
Medium: Taschenbuch
Seiten: 174
Inhalt: 174 S.
ISBN-13: 9783593394022
ISBN-10: 3593394022
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Hendrich, Geert
Auflage: 2/2011
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 185 x 123 x 15 mm
Von/Mit: Geert Hendrich
Erscheinungsdatum: 15.06.2011
Gewicht: 0,214 kg
preigu-id: 107167707
Details
Erscheinungsjahr: 2011
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Philosophie
Jahrhundert: Antike
Rubrik: Geisteswissenschaften
Thema: Lexika
Medium: Taschenbuch
Seiten: 174
Inhalt: 174 S.
ISBN-13: 9783593394022
ISBN-10: 3593394022
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Hendrich, Geert
Auflage: 2/2011
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 185 x 123 x 15 mm
Von/Mit: Geert Hendrich
Erscheinungsdatum: 15.06.2011
Gewicht: 0,214 kg
preigu-id: 107167707
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