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Westschrippe
Roman, Reihe 1 3, Deutschsprachige und internationale Gegenwartsliteratur
Buch von Nicola Nürnberger
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
"Die Ostschrippe hat doch noch janz andas jeschmeckt", kräht Frau Dittmann. Sie blickt dabei einem Kettenbäckereibrötchen hinterher, das durch ihre Hand in einer Papiertüte verschwindet.Die gute alte Ostschrippe wurde durch den Mauerfall weggepustet und so ist dieses krümelige Aufbackteil in ihren Augen automatisch eine Westschrippe. Ist natürlich paradox: Im Westen gibt es ja gar keine Schrippen, in West-Berlin schon, aber so richtig Westen ist ja West-Berlin nie gewesen."Ja?", frage ich leicht spitz. Wir stehen in einer kleinen Filiale einer "Traditionsbäckerei", wie die Werbetafel über dem kleinen Siedlungsbau aus den späten vierziger Jahren verspricht. Und tatsächlich sieht hier vieles alt aus, aber die Brötchen werden wie überall auch bloß frisch aufgebacken, Bleche mit Teiglingen warten in einem hohen metallenen Rollwagen, der Aufbackautomat ist unübersehbar gleich hinter der Auslage platziert.Plötzlich ein langes, unangenehmes Piepen, dann noch eins. "Ick hab Kundschaft, nimmste mal de Körnersonne raus, et piept, hörste dit nich?", pflaumt Frau Dittmann die Aushilfe an, die gerade die Zuckerstreuer abwischt. Im Hintergrund hängt ein Plakat: "Wieder im Angebot: Die Original Ostschrippe nach traditionellem Rezept im Steinofen gebacken."Hier, im Berliner Vorort, einer Art westlichem Osten, versteht jeder den Vorwurf, der dahinter steckt. Die Ostschrippe gibt es aber nur an besonderen Tagen, und so lässt Frau Dittmann die vermeintliche Westschrippe verächtlich in die Tüte knallen.Die Ostschrippe hat bessa jeschmeckt, meint Frau Dittmann, soso. Als hätte es in der Bundesrepublik immer nur Brötchen gegeben, die an Tankstellen aus Teiglingen aufgebacken wurden. Als hätten wir Drüben früher tagein tagaus im Schulbus gesessen, wichtig aus dem Fenster geguckt und Streichwurst aus dem Plastikbecher mit diesem krümeligen Nichts gemampft und dabei die Deutschen Bundeskanzler seit 1949 auswendig gelernt. Und als hätte Stalin das traditionsreiche Bäckerhandwerk in den sozialistischen Teil Deutschlands gebracht und als wären jene Aufbackbrötchen mein schäbiger Beitrag zur Wiedervereinigung.
"Die Ostschrippe hat doch noch janz andas jeschmeckt", kräht Frau Dittmann. Sie blickt dabei einem Kettenbäckereibrötchen hinterher, das durch ihre Hand in einer Papiertüte verschwindet.Die gute alte Ostschrippe wurde durch den Mauerfall weggepustet und so ist dieses krümelige Aufbackteil in ihren Augen automatisch eine Westschrippe. Ist natürlich paradox: Im Westen gibt es ja gar keine Schrippen, in West-Berlin schon, aber so richtig Westen ist ja West-Berlin nie gewesen."Ja?", frage ich leicht spitz. Wir stehen in einer kleinen Filiale einer "Traditionsbäckerei", wie die Werbetafel über dem kleinen Siedlungsbau aus den späten vierziger Jahren verspricht. Und tatsächlich sieht hier vieles alt aus, aber die Brötchen werden wie überall auch bloß frisch aufgebacken, Bleche mit Teiglingen warten in einem hohen metallenen Rollwagen, der Aufbackautomat ist unübersehbar gleich hinter der Auslage platziert.Plötzlich ein langes, unangenehmes Piepen, dann noch eins. "Ick hab Kundschaft, nimmste mal de Körnersonne raus, et piept, hörste dit nich?", pflaumt Frau Dittmann die Aushilfe an, die gerade die Zuckerstreuer abwischt. Im Hintergrund hängt ein Plakat: "Wieder im Angebot: Die Original Ostschrippe nach traditionellem Rezept im Steinofen gebacken."Hier, im Berliner Vorort, einer Art westlichem Osten, versteht jeder den Vorwurf, der dahinter steckt. Die Ostschrippe gibt es aber nur an besonderen Tagen, und so lässt Frau Dittmann die vermeintliche Westschrippe verächtlich in die Tüte knallen.Die Ostschrippe hat bessa jeschmeckt, meint Frau Dittmann, soso. Als hätte es in der Bundesrepublik immer nur Brötchen gegeben, die an Tankstellen aus Teiglingen aufgebacken wurden. Als hätten wir Drüben früher tagein tagaus im Schulbus gesessen, wichtig aus dem Fenster geguckt und Streichwurst aus dem Plastikbecher mit diesem krümeligen Nichts gemampft und dabei die Deutschen Bundeskanzler seit 1949 auswendig gelernt. Und als hätte Stalin das traditionsreiche Bäckerhandwerk in den sozialistischen Teil Deutschlands gebracht und als wären jene Aufbackbrötchen mein schäbiger Beitrag zur Wiedervereinigung.
Details
Erscheinungsjahr: 2013
Medium: Buch
Seiten: 192
Inhalt: 192 S.
ISBN-13: 9783944122021
ISBN-10: 394412202X
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Nürnberger, Nicola
open house verlag: Open House Verlag
inh. dr. rainer höltschl: Inh. Dr. Rainer Höltschl
Maße: 215 x 140 x 20 mm
Von/Mit: Nicola Nürnberger
Erscheinungsdatum: 11.03.2013
Gewicht: 0,368 kg
preigu-id: 106213416
Details
Erscheinungsjahr: 2013
Medium: Buch
Seiten: 192
Inhalt: 192 S.
ISBN-13: 9783944122021
ISBN-10: 394412202X
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Nürnberger, Nicola
open house verlag: Open House Verlag
inh. dr. rainer höltschl: Inh. Dr. Rainer Höltschl
Maße: 215 x 140 x 20 mm
Von/Mit: Nicola Nürnberger
Erscheinungsdatum: 11.03.2013
Gewicht: 0,368 kg
preigu-id: 106213416
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