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Von der Lust, auf dieser Erde zu leben
Wanderungen durch Montaignes Welten
Buch von Hans Stilett
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
"1. Das Hinterstübchen Treffpunkt: Frauen und Kinder, Vermögen und vor allem Gesundheit zu besitzen sollte jeder anstreben, der kann; aber wir dürfen uns nicht so fest hieran binden, daß unser Glück davon abhängt. Wir müssen uns ein Hinterstübchen zurückbehalten, ganz für uns, ganz ungestört, um aus dieser Abgeschiedenheit unseren wichtigsten Zufluchtsort zu machen, unsre wahre Freistatt. Hier gilt es, den alltäglichen Umgang mit uns selbst zu pflegen, von unsrer Einsamkeit so in Anspruch genommen, daß für den Umgang mit andern Menschen und Dingen kein Platz bleibt: indem wir mit uns Zwiesprache halten und indem wir lachen, als hätten wir keine Frau und keine Kinder, kein Hab und Gut, kein Gefolge und keine Dienerschaft, auf daß, sollten wir sie eines Tages verlieren, es uns nichts Neues sei, ohne sie zurechtzukommen. Unsere Seele vermag ihre Bahn um die eigene Mitte zu ziehn; sie kann sich selbst Gesellschaft leisten, sie hat genug anzugreifen und zu verteidigen, genug sich zu geben und von sich zu empfangen. (ES. 125/ r) Bei diesem Hinterstübchen handelt es sich, wörtlich übersetzt, um einen Hinterladen (arriereboutique), der jedoch zu Montaignes Zeiten keineswegs als dem davor gelegenen Verkaufsraum nachrangig galt - im Gegenteil pflegte man dort gerade die wertvollsten Waren zu lagern. Es erscheint deshalb folgerichtig, wenn Montaigne ihn im übertragenen Sinne zum Zufluchtsort vor dem als muße und musenfeindlich empfundnen Alltagstreiben macht, auf daß seine Seele sich hierin dem ihm Wertvollsten widmen könne: der nachdenklichen Beschäftigung mit sich selbst. Das Streben danach erweist sich ihm freilich als voller Fährnis und Frust, denn ist das Ziel der Einsamkeit zwar immer nur dieses: dank ihrer geruhsamer und unbeschwerter zu leben, so sucht man hierzu nicht immer den richtigen Weg. Selbst wenn wir uns vom Königshof und vom Marktplatz losgesagt haben, sind wir die größten Plagen unsres Lebens noch keineswegs los. Ehrgeiz, Habsucht und Wankelmut, Furcht und des Fleisches Begierden fallen nicht von uns ab, nur weil wir die Gegend wechseln:"Seht die Sorge, wie sie hinterm Reiter lauert, unheilschwangrer Miene, dicht an ihn gekauert!"Oft folgen sie uns sogar bis in die Klöster und die Schulen der Philosophie. Nicht in Wüsten und Felsenhöhlen, nicht durch härene Gewänder und Fastenzeiten können wir uns von ihnen losreißen. Daher ist es nicht genug, sich von der Herde abgekehrt zu haben, es ist nicht genug, den Ort zu wechseln: Vom Herdentrieb in unserm Innern müssen wir uns abkehren, zukehrn aber dem eignen Selbst, um es wieder in Besitz zu nehmen."Du sagst: "Ich hab mich von den Fesseln losgerissen!" Gewiß - dem Hunde gleich, der wütig und verbissen die Kette endlich sprengt; doch bringts ihm wenig Glück, denn auf der Flucht folgt ihm am Hals ein langes Stück."Ja, wir schleppen unsere Ketten mit uns; unsre Freiheit ist unvollkommen, denn noch immer wenden wir den Blick auf das zurück, was wir verlassen haben, und unser Denken ist hiervon erfüllt."
"1. Das Hinterstübchen Treffpunkt: Frauen und Kinder, Vermögen und vor allem Gesundheit zu besitzen sollte jeder anstreben, der kann; aber wir dürfen uns nicht so fest hieran binden, daß unser Glück davon abhängt. Wir müssen uns ein Hinterstübchen zurückbehalten, ganz für uns, ganz ungestört, um aus dieser Abgeschiedenheit unseren wichtigsten Zufluchtsort zu machen, unsre wahre Freistatt. Hier gilt es, den alltäglichen Umgang mit uns selbst zu pflegen, von unsrer Einsamkeit so in Anspruch genommen, daß für den Umgang mit andern Menschen und Dingen kein Platz bleibt: indem wir mit uns Zwiesprache halten und indem wir lachen, als hätten wir keine Frau und keine Kinder, kein Hab und Gut, kein Gefolge und keine Dienerschaft, auf daß, sollten wir sie eines Tages verlieren, es uns nichts Neues sei, ohne sie zurechtzukommen. Unsere Seele vermag ihre Bahn um die eigene Mitte zu ziehn; sie kann sich selbst Gesellschaft leisten, sie hat genug anzugreifen und zu verteidigen, genug sich zu geben und von sich zu empfangen. (ES. 125/ r) Bei diesem Hinterstübchen handelt es sich, wörtlich übersetzt, um einen Hinterladen (arriereboutique), der jedoch zu Montaignes Zeiten keineswegs als dem davor gelegenen Verkaufsraum nachrangig galt - im Gegenteil pflegte man dort gerade die wertvollsten Waren zu lagern. Es erscheint deshalb folgerichtig, wenn Montaigne ihn im übertragenen Sinne zum Zufluchtsort vor dem als muße und musenfeindlich empfundnen Alltagstreiben macht, auf daß seine Seele sich hierin dem ihm Wertvollsten widmen könne: der nachdenklichen Beschäftigung mit sich selbst. Das Streben danach erweist sich ihm freilich als voller Fährnis und Frust, denn ist das Ziel der Einsamkeit zwar immer nur dieses: dank ihrer geruhsamer und unbeschwerter zu leben, so sucht man hierzu nicht immer den richtigen Weg. Selbst wenn wir uns vom Königshof und vom Marktplatz losgesagt haben, sind wir die größten Plagen unsres Lebens noch keineswegs los. Ehrgeiz, Habsucht und Wankelmut, Furcht und des Fleisches Begierden fallen nicht von uns ab, nur weil wir die Gegend wechseln:"Seht die Sorge, wie sie hinterm Reiter lauert, unheilschwangrer Miene, dicht an ihn gekauert!"Oft folgen sie uns sogar bis in die Klöster und die Schulen der Philosophie. Nicht in Wüsten und Felsenhöhlen, nicht durch härene Gewänder und Fastenzeiten können wir uns von ihnen losreißen. Daher ist es nicht genug, sich von der Herde abgekehrt zu haben, es ist nicht genug, den Ort zu wechseln: Vom Herdentrieb in unserm Innern müssen wir uns abkehren, zukehrn aber dem eignen Selbst, um es wieder in Besitz zu nehmen."Du sagst: "Ich hab mich von den Fesseln losgerissen!" Gewiß - dem Hunde gleich, der wütig und verbissen die Kette endlich sprengt; doch bringts ihm wenig Glück, denn auf der Flucht folgt ihm am Hals ein langes Stück."Ja, wir schleppen unsere Ketten mit uns; unsre Freiheit ist unvollkommen, denn noch immer wenden wir den Blick auf das zurück, was wir verlassen haben, und unser Denken ist hiervon erfüllt."
Details
Erscheinungsjahr: 2008
Medium: Buch
Inhalt: 272 S.
ISBN-13: 9783821858425
ISBN-10: 3821858427
Sprache: Deutsch
Einband: Leinen
Autor: Stilett, Hans
eichborn: Eichborn
in der bastei lübbe gmbh & co. kg: in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG
Maße: 217 x 129 x 26 mm
Von/Mit: Hans Stilett
Erscheinungsdatum: 03.12.2008
Gewicht: 0,41 kg
Artikel-ID: 126276140
Details
Erscheinungsjahr: 2008
Medium: Buch
Inhalt: 272 S.
ISBN-13: 9783821858425
ISBN-10: 3821858427
Sprache: Deutsch
Einband: Leinen
Autor: Stilett, Hans
eichborn: Eichborn
in der bastei lübbe gmbh & co. kg: in der Bastei Lübbe GmbH & Co. KG
Maße: 217 x 129 x 26 mm
Von/Mit: Hans Stilett
Erscheinungsdatum: 03.12.2008
Gewicht: 0,41 kg
Artikel-ID: 126276140
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