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Christopher Daase
Sicherheit, so die naheliegende Definition von Arnold Wolfers, ist die Abwesenheit von Unsicherheit (Wolfers 1962: 148). Was aber Unsicherheit ist, wandelt sich über Zeit. Das Forschungsprojekt 'Sicherheitskultur im Wandel' hat, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, diesen Wandel untersucht und sich dabei auf drei Fragen konzentriert: Was sind die Ursachen dieses Wandels, was sind seine Folgen, und wie kann darauf politisch reagiert werden?
Am besten lässt sich der Wandel der Sicherheitskultur anhand der Ausweitung des Sicherheitsbegriffs beschreiben. Dabei zeigt sich, dass seit den 1950er Jahren eine graduelle Erweiterung in vier Dimensionen stattgefunden hat: der Referenzdimension, die darüber entscheidet, wessen Sicherheit gewährleistet werden soll; der Sachdimension, die bestimmt, in welchem Problembereich Sicherheitsgefährdungen wahrgenommen werden; der Raumdimension, die das geographische Gebiet der Sicherheitsgewährleistung beschreibt; und der Gefahrendimension, die festlegt, wie Unsicherheit konzeptualisiert wird, auf die Sicherheitspolitik antworten soll (Daase 2010; Daase 2011). Deutlich wird in der ersten Dimension eine zunehmende Individualisierung des Sicherheitsbegriffs, insofern der einzelne Mensch in den Mittelpunkt rückt. Ähnlich wird in der zweiten Dimension eine Humanisierung des Sicherheitsbegriffs deutlich, insofern nicht mehr abstrakte Dinge wie militärische oder wirtschaftliche Sicherheit im Zentrum stehen, sondern die unmittelbaren Grundbedürfnisse des Menschen. Gleichzeitig lässt sich in der dritten Dimension eine Globalisierung des Sicherheitsverständnisses nachweisen, insofern sich Sicherheit nicht länger auf einen klar begrenzten nationalen Raum bezieht, sondern als unteilbar und global betrachtet wird. Schließlich ist in der vierten Dimension eine Potentialisierung des Sicherheitsdiskurses zu beobachten, womit Gefahren in den Blick geraten, die noch gar keine sind, aber in der Zukunft eine werden könnten (Bröckling 2012).
Allerdings genügt es nicht, nur textualistisch, das heißt anhand von Sprache und Diskursen den Wandel der Sicherheitskultur zu beschreiben. Wenn man Sicherheitskultur umfassender versteht, nämlich als "die Summe der Überzeugungen, Werte und Praktiken von Individuen und Organisationen, die darüber entscheiden, was als eine Gefahr anzusehen ist und mit welchen Mitteln ihr begegnet werden soll" (Daase 2010: 9), dann muss auch das soziale und politische Handeln von individuellen und kollektiven Akteuren und nicht zuletzt das Verhältnis von Mensch und Artefakten in den Blick genommen werden. In einer Reihe von Studien ist dieser praxistheoretische Ansatz zur Erforschung der Sicherheitskultur umgesetzt worden (vgl. Daase et al. 2012). So konnte etwa gezeigt werden, wie die diskursiven Verschiebungen in der Sicherheitspolitik neue Praktiken militärischer Intervention eröffnen, um humanitäre Hilfe zu leisten, aber auch, wie diese Verschiebungen Regierungen in Erklärungsnot bringen, die sich nicht an militärischen Aktionen beteiligen wollen (Junk 2012; Seibel 2013). Und mit Hilfe der Akteur-Netzwerk-Theorie konnte gezeigt werden, dass sich in der Sicherheitsgewährleistung immer stärker politisches Handeln und technische Artefakte (wie Beobachtungskameras und Computersysteme) vernetzen und Sicherheitskultur nicht nur als intersubjektives sondern auch 'interobjektives' Phänomen betrachtet werden muss (Rauer 2012).
Mit einem praxistheoretischen Zugang ist die methodische Basis gelegt, sicherheitskulturellen Wandel umfassender zu verstehen denn als das Ergebnis intentionaler 'Versicherheitlichung' durch interessierte Akteure. Vertreterinnen und Vertreter der so genannten Kopenhagener Schule haben die Ausdehnung des sicherheitspolitischen Vokabulars auf neue Phänomene als Versuch erklärt, durch die Bezeichnung eines Problems als 'sicherheitsrelevant' es dem normalen politischen Diskurs zu entheben, e
Christopher Daase
Sicherheit, so die naheliegende Definition von Arnold Wolfers, ist die Abwesenheit von Unsicherheit (Wolfers 1962: 148). Was aber Unsicherheit ist, wandelt sich über Zeit. Das Forschungsprojekt 'Sicherheitskultur im Wandel' hat, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert, diesen Wandel untersucht und sich dabei auf drei Fragen konzentriert: Was sind die Ursachen dieses Wandels, was sind seine Folgen, und wie kann darauf politisch reagiert werden?
Am besten lässt sich der Wandel der Sicherheitskultur anhand der Ausweitung des Sicherheitsbegriffs beschreiben. Dabei zeigt sich, dass seit den 1950er Jahren eine graduelle Erweiterung in vier Dimensionen stattgefunden hat: der Referenzdimension, die darüber entscheidet, wessen Sicherheit gewährleistet werden soll; der Sachdimension, die bestimmt, in welchem Problembereich Sicherheitsgefährdungen wahrgenommen werden; der Raumdimension, die das geographische Gebiet der Sicherheitsgewährleistung beschreibt; und der Gefahrendimension, die festlegt, wie Unsicherheit konzeptualisiert wird, auf die Sicherheitspolitik antworten soll (Daase 2010; Daase 2011). Deutlich wird in der ersten Dimension eine zunehmende Individualisierung des Sicherheitsbegriffs, insofern der einzelne Mensch in den Mittelpunkt rückt. Ähnlich wird in der zweiten Dimension eine Humanisierung des Sicherheitsbegriffs deutlich, insofern nicht mehr abstrakte Dinge wie militärische oder wirtschaftliche Sicherheit im Zentrum stehen, sondern die unmittelbaren Grundbedürfnisse des Menschen. Gleichzeitig lässt sich in der dritten Dimension eine Globalisierung des Sicherheitsverständnisses nachweisen, insofern sich Sicherheit nicht länger auf einen klar begrenzten nationalen Raum bezieht, sondern als unteilbar und global betrachtet wird. Schließlich ist in der vierten Dimension eine Potentialisierung des Sicherheitsdiskurses zu beobachten, womit Gefahren in den Blick geraten, die noch gar keine sind, aber in der Zukunft eine werden könnten (Bröckling 2012).
Allerdings genügt es nicht, nur textualistisch, das heißt anhand von Sprache und Diskursen den Wandel der Sicherheitskultur zu beschreiben. Wenn man Sicherheitskultur umfassender versteht, nämlich als "die Summe der Überzeugungen, Werte und Praktiken von Individuen und Organisationen, die darüber entscheiden, was als eine Gefahr anzusehen ist und mit welchen Mitteln ihr begegnet werden soll" (Daase 2010: 9), dann muss auch das soziale und politische Handeln von individuellen und kollektiven Akteuren und nicht zuletzt das Verhältnis von Mensch und Artefakten in den Blick genommen werden. In einer Reihe von Studien ist dieser praxistheoretische Ansatz zur Erforschung der Sicherheitskultur umgesetzt worden (vgl. Daase et al. 2012). So konnte etwa gezeigt werden, wie die diskursiven Verschiebungen in der Sicherheitspolitik neue Praktiken militärischer Intervention eröffnen, um humanitäre Hilfe zu leisten, aber auch, wie diese Verschiebungen Regierungen in Erklärungsnot bringen, die sich nicht an militärischen Aktionen beteiligen wollen (Junk 2012; Seibel 2013). Und mit Hilfe der Akteur-Netzwerk-Theorie konnte gezeigt werden, dass sich in der Sicherheitsgewährleistung immer stärker politisches Handeln und technische Artefakte (wie Beobachtungskameras und Computersysteme) vernetzen und Sicherheitskultur nicht nur als intersubjektives sondern auch 'interobjektives' Phänomen betrachtet werden muss (Rauer 2012).
Mit einem praxistheoretischen Zugang ist die methodische Basis gelegt, sicherheitskulturellen Wandel umfassender zu verstehen denn als das Ergebnis intentionaler 'Versicherheitlichung' durch interessierte Akteure. Vertreterinnen und Vertreter der so genannten Kopenhagener Schule haben die Ausdehnung des sicherheitspolitischen Vokabulars auf neue Phänomene als Versuch erklärt, durch die Bezeichnung eines Problems als 'sicherheitsrelevant' es dem normalen politischen Diskurs zu entheben, e
Erscheinungsjahr: | 2014 |
---|---|
Medium: | Taschenbuch |
Inhalt: | 329 S. |
ISBN-13: | 9783593500867 |
ISBN-10: | 3593500868 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Paperback |
Autor: |
Engert, Stefan
Kolliarakis, Georgios Daase, Christopher Albrecht, Hans-Jörg Ammicht Quinn, Regina Böl, Gaby-Fleur Dombrowsky, Wolf Gayk, Bettina Glasmacher, Susanne Hebestreit, Steffen |
Redaktion: |
Daase, Christopher
Engert, Stefan Kolliarakis, Georgios |
Herausgeber: | Christopher Daase/Stefan Engert/Georgios Kolliarakis |
Auflage: | 1/2014 |
campus verlag: | Campus Verlag |
Maße: | 213 x 141 x 21 mm |
Von/Mit: | Stefan Engert |
Erscheinungsdatum: | 10.04.2014 |
Gewicht: | 0,425 kg |
Erscheinungsjahr: | 2014 |
---|---|
Medium: | Taschenbuch |
Inhalt: | 329 S. |
ISBN-13: | 9783593500867 |
ISBN-10: | 3593500868 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Paperback |
Autor: |
Engert, Stefan
Kolliarakis, Georgios Daase, Christopher Albrecht, Hans-Jörg Ammicht Quinn, Regina Böl, Gaby-Fleur Dombrowsky, Wolf Gayk, Bettina Glasmacher, Susanne Hebestreit, Steffen |
Redaktion: |
Daase, Christopher
Engert, Stefan Kolliarakis, Georgios |
Herausgeber: | Christopher Daase/Stefan Engert/Georgios Kolliarakis |
Auflage: | 1/2014 |
campus verlag: | Campus Verlag |
Maße: | 213 x 141 x 21 mm |
Von/Mit: | Stefan Engert |
Erscheinungsdatum: | 10.04.2014 |
Gewicht: | 0,425 kg |