Dekorationsartikel gehören nicht zum Leistungsumfang.
Moralisierung des Rechts
Kontinuitäten und Diskontinuitäten nationalsozialistischer Normativität, Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des...
Sprache: Deutsch

38,00 €*

inkl. MwSt.

Versandkostenfrei per Post / DHL

Aktuell nicht verfügbar

Kategorien:
Beschreibung
Vorwort

Nationalsozialistische Rechtstheoretiker hatten es sich zum Ziel gesetzt, den Unterschied zwischen Recht und Moral so weit wie möglich aufzuheben. Das bedeutete, "ethische Konzepte wie 'sittliche Pflicht', 'Anständigkeit', 'Ehre' und 'Treue' auch als Rechtsbegriffe zu verstehen". Auf die Bedeutung dieser Tatsache für die Veränderung des Rechts im Nationalsozialismus haben Rechtshistoriker und Rechtstheoretiker seit den 1970er Jahren wiederholt hingewiesen. Sie rückt jedoch in ein neues Licht, wenn man sie nicht mehr allein von der Seite des Rechts, sondern auch von der Seite der Moral her betrachtet.
Moralische Einstellungen werden auf vielfältige Weise kommuniziert: in Liedern, Sinnsprüchen, Erzählungen, Filmen, Gedichten, in wechselseitigen Ermahnungen, lobenden und tadelnden Äußerungen. Philosophen und Theologen formulieren sie aus, systematisieren sie und versuchen sie zu begründen. Weil es sich um Überzeugungen handelt, die jeder einzelne Mensch für sich hegt, kann er sie auch in Absetzung von den Überzeugungen der Menschen in seiner sozialen Umgebung entwickeln. Sie sind in diesem Sinne unhintergehbar individuell. Dadurch unterscheiden sie sich vom Recht, für das charakteristisch ist, dass es sich um ein institutionalisiertes Normensystem handelt. Jedoch ist Moral nicht gänzlich subjektiv. Moralische Gefühle und Urteile haben auch eine wesentliche intersubjektive Dimension. Wer sich über etwas, was er für ein Unrecht hält, empört, erwartet gewöhnlich, dass andere seine Empörung teilen oder zumindest billigen. Ob Handlungen Empörung auslösen oder nicht, ist auch ein Symptom dafür, wie weit bestimmte Überzeugungen geteilt werden.
Betrachtet man die Entwicklung von moralischen Einstellungen in den ersten Jahren des nationalsozialistischen Regimes, so stößt man auf eine Reihe von Veranstaltungen, bei denen solche moralischen Gefühle öffentlich inszeniert wurden: Formen moralisch-politischer Vergemeinschaftung wie Totengedenken oder Sonnenwendfeiern. Am markantesten sind aber die verschiedenen Formen öffentlicher Anprangerung, Zurschaustellung und Demütigung, die für die ersten Jahre des Regimes emblematisch geworden sind. Das gilt vor allem für die in der historischen Forschung eingehend untersuchten "Rassenschande"-Pogrome. Diese Pogrome waren keine spontanen Ausbrüche von Massengewalt. Sie hatten quasi-institutionellen Charakter. Insofern wirken sie wie eine zynische Mischung von Recht und Moral. Darin deutet sich an, dass es ein Bestreben gab, die propagierte Volksmoral als eine Art Quasi-Recht zu institutionalisieren. Die Pogrome sind ein Indiz dafür, dass die Öffnung des Rechts zu einer "Volksmoral" ein Vorgang war, der nicht allein von den Folgen, die er für das Rechtssystem hatte, her zu erfassen ist. In der Verzahnung von Recht und Moral vollzog sich eine Entwicklung, die beide Systeme, Recht und Moral, gleichermaßen betraf und die wohl nur in ihrer wechselseitigen Betrachtung angemessen verstanden werden kann.
Die Erforschung von moralischen Einstellungen während des Nationalsozialismus und die Frage nach den Kontinuitäten und Brüchen in der Tradierung dieser Einstellungen ist seit mehreren Jahren ein Schwerpunkt in der Arbeit des Fritz Bauer Instituts. Auf einem von mehreren Workshops zu diesem umfassenden Themengebiet wurde die Frage nach dem Verhältnis von Recht und Moral diskutiert. Dort entstand auch der Plan, in einer Vortragsreihe, an der vor allem Juristen und Philosophen beteiligt sein sollten, einzelne Themenbereiche des gesamten Komplexes jeweils alternierend aus der Sicht der Moralphilosophie und aus der Sicht der Rechtsgeschichte bzw. Rechtstheorie zu beleuchten. Dabei sollte zum einen die Frage nach der Verbindung von Recht und Moral, zum anderen die Frage nach Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der Zeit nach 1945 im Zentrum stehen. Die meisten der hier versammelten Beiträge sind im Rahmen dieser Vortragsreihe entstanden.
Schon bei der Vorbereitung der Reihe
Vorwort

Nationalsozialistische Rechtstheoretiker hatten es sich zum Ziel gesetzt, den Unterschied zwischen Recht und Moral so weit wie möglich aufzuheben. Das bedeutete, "ethische Konzepte wie 'sittliche Pflicht', 'Anständigkeit', 'Ehre' und 'Treue' auch als Rechtsbegriffe zu verstehen". Auf die Bedeutung dieser Tatsache für die Veränderung des Rechts im Nationalsozialismus haben Rechtshistoriker und Rechtstheoretiker seit den 1970er Jahren wiederholt hingewiesen. Sie rückt jedoch in ein neues Licht, wenn man sie nicht mehr allein von der Seite des Rechts, sondern auch von der Seite der Moral her betrachtet.
Moralische Einstellungen werden auf vielfältige Weise kommuniziert: in Liedern, Sinnsprüchen, Erzählungen, Filmen, Gedichten, in wechselseitigen Ermahnungen, lobenden und tadelnden Äußerungen. Philosophen und Theologen formulieren sie aus, systematisieren sie und versuchen sie zu begründen. Weil es sich um Überzeugungen handelt, die jeder einzelne Mensch für sich hegt, kann er sie auch in Absetzung von den Überzeugungen der Menschen in seiner sozialen Umgebung entwickeln. Sie sind in diesem Sinne unhintergehbar individuell. Dadurch unterscheiden sie sich vom Recht, für das charakteristisch ist, dass es sich um ein institutionalisiertes Normensystem handelt. Jedoch ist Moral nicht gänzlich subjektiv. Moralische Gefühle und Urteile haben auch eine wesentliche intersubjektive Dimension. Wer sich über etwas, was er für ein Unrecht hält, empört, erwartet gewöhnlich, dass andere seine Empörung teilen oder zumindest billigen. Ob Handlungen Empörung auslösen oder nicht, ist auch ein Symptom dafür, wie weit bestimmte Überzeugungen geteilt werden.
Betrachtet man die Entwicklung von moralischen Einstellungen in den ersten Jahren des nationalsozialistischen Regimes, so stößt man auf eine Reihe von Veranstaltungen, bei denen solche moralischen Gefühle öffentlich inszeniert wurden: Formen moralisch-politischer Vergemeinschaftung wie Totengedenken oder Sonnenwendfeiern. Am markantesten sind aber die verschiedenen Formen öffentlicher Anprangerung, Zurschaustellung und Demütigung, die für die ersten Jahre des Regimes emblematisch geworden sind. Das gilt vor allem für die in der historischen Forschung eingehend untersuchten "Rassenschande"-Pogrome. Diese Pogrome waren keine spontanen Ausbrüche von Massengewalt. Sie hatten quasi-institutionellen Charakter. Insofern wirken sie wie eine zynische Mischung von Recht und Moral. Darin deutet sich an, dass es ein Bestreben gab, die propagierte Volksmoral als eine Art Quasi-Recht zu institutionalisieren. Die Pogrome sind ein Indiz dafür, dass die Öffnung des Rechts zu einer "Volksmoral" ein Vorgang war, der nicht allein von den Folgen, die er für das Rechtssystem hatte, her zu erfassen ist. In der Verzahnung von Recht und Moral vollzog sich eine Entwicklung, die beide Systeme, Recht und Moral, gleichermaßen betraf und die wohl nur in ihrer wechselseitigen Betrachtung angemessen verstanden werden kann.
Die Erforschung von moralischen Einstellungen während des Nationalsozialismus und die Frage nach den Kontinuitäten und Brüchen in der Tradierung dieser Einstellungen ist seit mehreren Jahren ein Schwerpunkt in der Arbeit des Fritz Bauer Instituts. Auf einem von mehreren Workshops zu diesem umfassenden Themengebiet wurde die Frage nach dem Verhältnis von Recht und Moral diskutiert. Dort entstand auch der Plan, in einer Vortragsreihe, an der vor allem Juristen und Philosophen beteiligt sein sollten, einzelne Themenbereiche des gesamten Komplexes jeweils alternierend aus der Sicht der Moralphilosophie und aus der Sicht der Rechtsgeschichte bzw. Rechtstheorie zu beleuchten. Dabei sollte zum einen die Frage nach der Verbindung von Recht und Moral, zum anderen die Frage nach Kontinuitäten und Diskontinuitäten in der Zeit nach 1945 im Zentrum stehen. Die meisten der hier versammelten Beiträge sind im Rahmen dieser Vortragsreihe entstanden.
Schon bei der Vorbereitung der Reihe
Details
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Geschichte
Jahrhundert: 20. Jahrhundert
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Seiten: 246
Titelzusatz: Kontinuitäten und Diskontinuitäten nationalsozialistischer Normativität, Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust
Inhalt: 246 S.
ISBN-13: 9783593501680
ISBN-10: 3593501686
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Konitzer, Werner
Foljanty, Lena
Redaktion: Konitzer, Werner
Foljanty, Lena
Herausgeber: Werner Konitzer
Auflage: 1/2014
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 140 x 15 mm
Erscheinungsdatum: 06.11.2014
Gewicht: 0,327 kg
preigu-id: 105294665
Details
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Geschichte
Jahrhundert: 20. Jahrhundert
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Seiten: 246
Titelzusatz: Kontinuitäten und Diskontinuitäten nationalsozialistischer Normativität, Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust
Inhalt: 246 S.
ISBN-13: 9783593501680
ISBN-10: 3593501686
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Konitzer, Werner
Foljanty, Lena
Redaktion: Konitzer, Werner
Foljanty, Lena
Herausgeber: Werner Konitzer
Auflage: 1/2014
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 140 x 15 mm
Erscheinungsdatum: 06.11.2014
Gewicht: 0,327 kg
preigu-id: 105294665
Warnhinweis

Ähnliche Produkte

Ähnliche Produkte