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Leben durcharbeiten
Selbstsorge in entgrenzten Arbeitsverhältnissen, Campus Forschung 965
Taschenbuch von Sabine Flick
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Einleitung

1. Warum sollten wir uns um's Sorgen sorgen?

Dieses Buch Arbeit handelt von der Sorge um sich selbst, von Selbstsorge. Es richtet den Blick auf Arbeitnehmer_innen, die besonders Gefahr laufen, sich zu überfordern. Es fragt nach deren Formen, strukturellen und individuellen Möglichkeiten und Verhinderungen der Selbstsorge und berücksichtigt dabei die Bezogenheit der Menschen. Das macht Selbstsorge konzeptionell relational und somit zu einem soziologischen Forschungsgegenstand. Warum aber sollten wir uns um's Sorgen sorgen? Und was ist das überhaupt, Selbstsorge?

Die letzten Jahre ist das Problem der Erschöpfung durch zu viel Arbeit beinahe ein Kassenschlager geworden. Prominente schreiben "Briefe an ihr Leben" (Meckel 2010) und immer mehr Berichte über Personen mit Burnout-Problemen werden öffentlich verhandelt. Depression und Erschöpfung sind, so scheint es, zu Massenphänomenen geworden. Der paradoxale Wandel des Kapitalismus und mit ihm der des Selbst (Honneth 2002), wie er in sich häufenden soziologischen Beiträgen beschrieben wird, scheint mit seinen neuen Wahlmöglichkeiten, der gestiegenen Autonomie bei gleichzeitig erhöhtem Risiko, die Subjekte und ihre Subjektivität zu fordern und - womöglich psychisch - zu überfordern (Beck 1986). Das Subjekt steht nun im Zentrum seiner Lebensplanung, es kann, aber es muss auch sich ganz und gar "selbst verwirklichen" (Boltanski/Chiapello 2006; Honneth 2002; Koppetsch 2006).

Die Überforderung zeigt sich als Reproduktionskrise (vgl. Jürgens 2010). Während der generelle Krankheitsstand sinkt, steigen die Zahlen der Fehltage von Beschäftigten aufgrund von psychischen Leiden (beispielsweise Burnout), so die Berichte der Krankenkassen (DAK 2010). Zugleich steigt die Nachfrage nach Coaching-Angeboten und psychosozialer Beratung verschiedenster Art (Blättel-Mink u.a. 2008; Klinkhammer 2009). Daneben lässt sich ein zunehmender Präsentismus der Angestellten beschreiben: Die Beschäftigten gehen immer häufiger krank zur Arbeit und diese Form der Krankheitsverleugnung findet sowohl auf der Ebene der Unternehmen als auch der Beschäftigten selbst ihren Ausdruck. Dabei lässt sich insbesondere im Kontext von neuen arbeitsorganisatorischen Steuerungsformen eine Tendenz zur Individualisierung von Krankheit und somit einer Verantwortungsabwehr des Managements ausmachen. Dieses ignoriere zum Teil die Empfehlungen zur Mitarbeiter_innengesundheit und kontrolliere Krankheit im Rahmen von Fehlzeitengesprächen. Diese wiederum haben einen Disziplinierungseffekt, was weiterhin insgesamt zu einer Tabuisierung von Krankheit im Unternehmen führen kann. Insbesondere durch Arbeitsorganisationen der entgrenzten und subjektivierten Arbeit würden vom Management durch diese Steuerungsformen bewusst die damit einhergehenden bekannten potentiellen Krankheitsfaktoren ignoriert. Dazu gehören vor allem Termindruck bei gleichzeitiger Verantwortung für Teamziele, die durch individuelle Krankheit gefährdet würden (Kocyba/Voswinkel 2007). Im Rahmen eines Projektes des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) in München zum partizipativen Gesundheitsmanagement wurde, bezogen auf die zunehmenden Erkrankungen und den Umgang der einzelnen Beschäftigten mit diesen, die These der "interessierten Selbstgefährdung" entwickelt (Pargema 2009; Peters 2009, 2011). Dies meint, dass sich die Beschäftigten gesundheitlich "gefährden", um beruflich leistungsfähig zu sein. Das heißt, ähnlich wie bei der von Kocyba und Voswinkel ausgemachten subjektiven Krankheitsverleugnung wird hier problematisiert, dass es nun die Subjekte selbst seien, die sich überarbeiten, sich überstrapazieren (Ahlers u.a. 2010).

Waren die Beschwerden der Arbeitnehmer_innen - oder zumindest der Fokus darauf - lange Zeit körperlicher Art, so steigt die Tendenz der soziologischen und sozialpsychologischen Zu entdecken (Dejours 2012; Eichler 2013; Rau 2010). Als Ursache identifizieren die Beiträge zum Thema immer häufiger die gestie

Einleitung

1. Warum sollten wir uns um's Sorgen sorgen?

Dieses Buch Arbeit handelt von der Sorge um sich selbst, von Selbstsorge. Es richtet den Blick auf Arbeitnehmer_innen, die besonders Gefahr laufen, sich zu überfordern. Es fragt nach deren Formen, strukturellen und individuellen Möglichkeiten und Verhinderungen der Selbstsorge und berücksichtigt dabei die Bezogenheit der Menschen. Das macht Selbstsorge konzeptionell relational und somit zu einem soziologischen Forschungsgegenstand. Warum aber sollten wir uns um's Sorgen sorgen? Und was ist das überhaupt, Selbstsorge?

Die letzten Jahre ist das Problem der Erschöpfung durch zu viel Arbeit beinahe ein Kassenschlager geworden. Prominente schreiben "Briefe an ihr Leben" (Meckel 2010) und immer mehr Berichte über Personen mit Burnout-Problemen werden öffentlich verhandelt. Depression und Erschöpfung sind, so scheint es, zu Massenphänomenen geworden. Der paradoxale Wandel des Kapitalismus und mit ihm der des Selbst (Honneth 2002), wie er in sich häufenden soziologischen Beiträgen beschrieben wird, scheint mit seinen neuen Wahlmöglichkeiten, der gestiegenen Autonomie bei gleichzeitig erhöhtem Risiko, die Subjekte und ihre Subjektivität zu fordern und - womöglich psychisch - zu überfordern (Beck 1986). Das Subjekt steht nun im Zentrum seiner Lebensplanung, es kann, aber es muss auch sich ganz und gar "selbst verwirklichen" (Boltanski/Chiapello 2006; Honneth 2002; Koppetsch 2006).

Die Überforderung zeigt sich als Reproduktionskrise (vgl. Jürgens 2010). Während der generelle Krankheitsstand sinkt, steigen die Zahlen der Fehltage von Beschäftigten aufgrund von psychischen Leiden (beispielsweise Burnout), so die Berichte der Krankenkassen (DAK 2010). Zugleich steigt die Nachfrage nach Coaching-Angeboten und psychosozialer Beratung verschiedenster Art (Blättel-Mink u.a. 2008; Klinkhammer 2009). Daneben lässt sich ein zunehmender Präsentismus der Angestellten beschreiben: Die Beschäftigten gehen immer häufiger krank zur Arbeit und diese Form der Krankheitsverleugnung findet sowohl auf der Ebene der Unternehmen als auch der Beschäftigten selbst ihren Ausdruck. Dabei lässt sich insbesondere im Kontext von neuen arbeitsorganisatorischen Steuerungsformen eine Tendenz zur Individualisierung von Krankheit und somit einer Verantwortungsabwehr des Managements ausmachen. Dieses ignoriere zum Teil die Empfehlungen zur Mitarbeiter_innengesundheit und kontrolliere Krankheit im Rahmen von Fehlzeitengesprächen. Diese wiederum haben einen Disziplinierungseffekt, was weiterhin insgesamt zu einer Tabuisierung von Krankheit im Unternehmen führen kann. Insbesondere durch Arbeitsorganisationen der entgrenzten und subjektivierten Arbeit würden vom Management durch diese Steuerungsformen bewusst die damit einhergehenden bekannten potentiellen Krankheitsfaktoren ignoriert. Dazu gehören vor allem Termindruck bei gleichzeitiger Verantwortung für Teamziele, die durch individuelle Krankheit gefährdet würden (Kocyba/Voswinkel 2007). Im Rahmen eines Projektes des Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) in München zum partizipativen Gesundheitsmanagement wurde, bezogen auf die zunehmenden Erkrankungen und den Umgang der einzelnen Beschäftigten mit diesen, die These der "interessierten Selbstgefährdung" entwickelt (Pargema 2009; Peters 2009, 2011). Dies meint, dass sich die Beschäftigten gesundheitlich "gefährden", um beruflich leistungsfähig zu sein. Das heißt, ähnlich wie bei der von Kocyba und Voswinkel ausgemachten subjektiven Krankheitsverleugnung wird hier problematisiert, dass es nun die Subjekte selbst seien, die sich überarbeiten, sich überstrapazieren (Ahlers u.a. 2010).

Waren die Beschwerden der Arbeitnehmer_innen - oder zumindest der Fokus darauf - lange Zeit körperlicher Art, so steigt die Tendenz der soziologischen und sozialpsychologischen Zu entdecken (Dejours 2012; Eichler 2013; Rau 2010). Als Ursache identifizieren die Beiträge zum Thema immer häufiger die gestie

Details
Erscheinungsjahr: 2013
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 320 S.
ISBN-13: 9783593398587
ISBN-10: 3593398583
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Flick, Sabine
Auflage: 1/2013
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 143 x 21 mm
Von/Mit: Sabine Flick
Erscheinungsdatum: 16.05.2013
Gewicht: 0,405 kg
Artikel-ID: 106159037
Details
Erscheinungsjahr: 2013
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 320 S.
ISBN-13: 9783593398587
ISBN-10: 3593398583
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Flick, Sabine
Auflage: 1/2013
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 143 x 21 mm
Von/Mit: Sabine Flick
Erscheinungsdatum: 16.05.2013
Gewicht: 0,405 kg
Artikel-ID: 106159037
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