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Kolonialismus und Islam
Deutsche und britische Herrschaft in Westafrika (1900-1914), Globalgeschichte 27
Taschenbuch von Sebastian Gottschalk
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
1.EinleitungThema und FragestellungKolonialismus und Islam, dieses Begriffspaar weckt zunächst Assoziationen eines Gegensatzes: Der europäische Orientalismus konstruierte den zumeist islamischen Orient als negatives Gegenbild zum fortschrittlichen Europa - eine Sichtweise, die, wie Edward Said prominent demonstrierte, die imperiale Beherrschung "des Orients" mental vorbereitet, wenn nicht geradezu prädestiniert hat. Die Gebiete des mit inneren wie äußeren Problemen kämpfenden osmanischen Reiches gehörten zu den begehrtesten Objekten des europäischen Imperialismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In Afrika südlich der Sahara war der arabische Sklavenhändler islamischen Glaubens ein zentraler Topos der europäischen Anti-Sklaverei-Rhetorik, welche oft einherging mit der Forderung nach einer kolonialen Intervention und Besetzung zur Beseitigung des Sklavenhandels auf dem afrikanischen Kontinent. Auch wenn die jüngere Forschung gezeigt hat, dass Missionsgesellschaften und Kolonialbehörden keine kongruenten Ziele hatten und daher nicht immer harmonisch Hand-in-Hand arbeiteten, gehörte die christliche Missionierung der Welt - und damit die Eindämmung, wenn nicht gar Zurückdrängung des Islam - zum Kernbestand imperialer Ideologie des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit lebten bereits Millionen von Muslimen in Nordafrika, Süd- und Südostasien unter der Herrschaft christlicher Kolonialmächte. Flächendeckende bewaffnete Widerstandsbewegungen unter den zahlreichen kolonialen Untertanen islamischen Glaubens gehörten dabei fest in das Arsenal imperialer Schreckgespenster; die Angst vor einem umfassenden Widerstand der Muslime gegen die europäische Kolonialherrschaft war um 1900 in den Kolonialbehörden fast aller europäischen Kolonialmächte verbreitet. Muslime erschienen in dieser Perspektive vor allem als sinnlich-dekadente Vertreter einer Kultur im Niedergang, sie galten als erbitterte Gegner der europäischen mission civilisatrice, die wegen ihrer angeblichen Neigung zu Gewalt und religiösem Fanatismus besonders gefürchtet waren.Gleichzeitig waren muslimische Eliten aber in allen europäischen Kolonialreichen in die kolonialen Herrschaftsstrukturen eingebunden. Gerade innerhalb des britischen Empire betonten wichtige Kolonialfunktionäre daher auch eine dem Missionierungsgedanken zuwiderlaufende religiöse Neutralität und erklärten die britische Monarchin zur Schutzherrin kolonialer Untertanen aller Religionen. Auch in den französischen Kolonien in Nordafrika - vor allem in Algerien - entwickelten die Kolonialadministratoren eine Haltung zum Islam, die eine Kooperation zumindest mit Teilen der lokalen Eliten ermöglichte. Dabei nahmen die Kolonisatoren einen Blickwinkel auf den Islam ein, der den zuvor skizzierten Repräsentationen in vielem widersprach: Aus dieser Perspektive waren die muslimischen Kolonialuntertanen, und besonders die muslimischen Eliten der jeweiligen Kolonialgebiete, nicht unberechenbare, zu Irrationalität und Gewalt neigende religiöse Fanatiker, sondern erschienen vielmehr als Vertreter einer alten und der europäischen relativ ähnlichen Kultur, die, wenn sie auch in der Entwicklung weit hinter der europäischen zurückgeblieben war, dennoch über gesellschaftliche und politische Institutionen verfügte, welche sich zur kolonialen Beherrschung der betreffenden Gebiete vortrefflich einspannen ließen. Die europäische Sicht auf das, was man zu dieser Zeit die "islamische Welt" zu nennen begann, war damit äußerst ambivalent: Einerseits war der Islam das irrationale und rückschrittliche Gegenbild zum aufgeklärten und fortschrittlichen Europa, andererseits erschienen Muslime in einer sich globalisierenden Welt, in der die europäischen Kolonisatoren einer Vielzahl ihnen fremder Kulturen begegneten, als Vertreter einer vergleichsweise vertrauten und beherrschbar erscheinenden Nachbarzivilisation, die für das koloniale Projekt wertvolle Verbündete sein konnten.Um 1900 herum gelangten nun islamisch geprägte Gebiete im afrika
1.EinleitungThema und FragestellungKolonialismus und Islam, dieses Begriffspaar weckt zunächst Assoziationen eines Gegensatzes: Der europäische Orientalismus konstruierte den zumeist islamischen Orient als negatives Gegenbild zum fortschrittlichen Europa - eine Sichtweise, die, wie Edward Said prominent demonstrierte, die imperiale Beherrschung "des Orients" mental vorbereitet, wenn nicht geradezu prädestiniert hat. Die Gebiete des mit inneren wie äußeren Problemen kämpfenden osmanischen Reiches gehörten zu den begehrtesten Objekten des europäischen Imperialismus in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In Afrika südlich der Sahara war der arabische Sklavenhändler islamischen Glaubens ein zentraler Topos der europäischen Anti-Sklaverei-Rhetorik, welche oft einherging mit der Forderung nach einer kolonialen Intervention und Besetzung zur Beseitigung des Sklavenhandels auf dem afrikanischen Kontinent. Auch wenn die jüngere Forschung gezeigt hat, dass Missionsgesellschaften und Kolonialbehörden keine kongruenten Ziele hatten und daher nicht immer harmonisch Hand-in-Hand arbeiteten, gehörte die christliche Missionierung der Welt - und damit die Eindämmung, wenn nicht gar Zurückdrängung des Islam - zum Kernbestand imperialer Ideologie des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit lebten bereits Millionen von Muslimen in Nordafrika, Süd- und Südostasien unter der Herrschaft christlicher Kolonialmächte. Flächendeckende bewaffnete Widerstandsbewegungen unter den zahlreichen kolonialen Untertanen islamischen Glaubens gehörten dabei fest in das Arsenal imperialer Schreckgespenster; die Angst vor einem umfassenden Widerstand der Muslime gegen die europäische Kolonialherrschaft war um 1900 in den Kolonialbehörden fast aller europäischen Kolonialmächte verbreitet. Muslime erschienen in dieser Perspektive vor allem als sinnlich-dekadente Vertreter einer Kultur im Niedergang, sie galten als erbitterte Gegner der europäischen mission civilisatrice, die wegen ihrer angeblichen Neigung zu Gewalt und religiösem Fanatismus besonders gefürchtet waren.Gleichzeitig waren muslimische Eliten aber in allen europäischen Kolonialreichen in die kolonialen Herrschaftsstrukturen eingebunden. Gerade innerhalb des britischen Empire betonten wichtige Kolonialfunktionäre daher auch eine dem Missionierungsgedanken zuwiderlaufende religiöse Neutralität und erklärten die britische Monarchin zur Schutzherrin kolonialer Untertanen aller Religionen. Auch in den französischen Kolonien in Nordafrika - vor allem in Algerien - entwickelten die Kolonialadministratoren eine Haltung zum Islam, die eine Kooperation zumindest mit Teilen der lokalen Eliten ermöglichte. Dabei nahmen die Kolonisatoren einen Blickwinkel auf den Islam ein, der den zuvor skizzierten Repräsentationen in vielem widersprach: Aus dieser Perspektive waren die muslimischen Kolonialuntertanen, und besonders die muslimischen Eliten der jeweiligen Kolonialgebiete, nicht unberechenbare, zu Irrationalität und Gewalt neigende religiöse Fanatiker, sondern erschienen vielmehr als Vertreter einer alten und der europäischen relativ ähnlichen Kultur, die, wenn sie auch in der Entwicklung weit hinter der europäischen zurückgeblieben war, dennoch über gesellschaftliche und politische Institutionen verfügte, welche sich zur kolonialen Beherrschung der betreffenden Gebiete vortrefflich einspannen ließen. Die europäische Sicht auf das, was man zu dieser Zeit die "islamische Welt" zu nennen begann, war damit äußerst ambivalent: Einerseits war der Islam das irrationale und rückschrittliche Gegenbild zum aufgeklärten und fortschrittlichen Europa, andererseits erschienen Muslime in einer sich globalisierenden Welt, in der die europäischen Kolonisatoren einer Vielzahl ihnen fremder Kulturen begegneten, als Vertreter einer vergleichsweise vertrauten und beherrschbar erscheinenden Nachbarzivilisation, die für das koloniale Projekt wertvolle Verbündete sein konnten.Um 1900 herum gelangten nun islamisch geprägte Gebiete im afrika
Details
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Geschichte
Jahrhundert: 20. Jahrhundert
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 324 S.
ISBN-13: 9783593506760
ISBN-10: 3593506769
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Gottschalk, Sebastian
Auflage: 1/2017
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 141 x 20 mm
Von/Mit: Sebastian Gottschalk
Erscheinungsdatum: 17.08.2017
Gewicht: 0,412 kg
Artikel-ID: 109576002
Details
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Geschichte
Jahrhundert: 20. Jahrhundert
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 324 S.
ISBN-13: 9783593506760
ISBN-10: 3593506769
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Gottschalk, Sebastian
Auflage: 1/2017
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 141 x 20 mm
Von/Mit: Sebastian Gottschalk
Erscheinungsdatum: 17.08.2017
Gewicht: 0,412 kg
Artikel-ID: 109576002
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