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Hass, Neid, Wahn
Antiamerikanismus in den deutschen Medien
Taschenbuch von Tobias Jaecker
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
1. Einleitung

"USA aufs Maul" - "raus aus 36". Diese Graffiti prangen an der Fassade eines kleinen Cafés zwischen Görlitzer Park und Landwehrkanal im Berliner Szeneviertel Kreuzberg 36. Und: "fart cafe, shit cake, fuck off".

Es ist ein Tag im August 2011. Im Gastraum steht Kris Schackman hinter der Theke. Der 35-Jährige kommt ursprünglich aus New York. Das Café hat er ein halbes Jahr zuvor mit einer Freundin eröffnet. Es gibt Torten, Tees und selbstgerösteten Bohnenkaffee. Auf die Frage nach den Graffiti reagiert Schackman ratlos: "Ich bin doch nicht die USA." Er erzählt, dass die Fassade bereits mehrmals beschmiert wurde. Mit Sprüchen wie "Tourist Fick", "Pissladen" und "Kill USA". Der Eingangsbereich sei eines Morgens mit einer klebrigen Masse aus Eiern und Zucker verschmutzt gewesen. Schackman sagt, dass man ihn für die steigenden Mieten im Bezirk verantwortlich mache: "Aber ich kann doch auch nichts dafür. Ich habe den Laden nur gemietet. Es ist nicht mal eine Kette." Und wie zur Entschuldigung: "Ein Kaffee kostet bei uns gerade mal [...]o. Das ist weniger als in den meisten anderen Läden in der Gegend hier." Dann sagt er noch, dass Kreuzberg ja eigentlich als liberal gelte. "Aber die Leute, die diese Graffiti sprühen, sind so hasserfüllt."

Oberflächlich betrachtet ist es der Unmut über die Gentrifizierung, der sich hier Bahn bricht. Unmut über die schleichende Aufwertung eines Stadtteils, in dem sich einkommensschwache Anwohner das Leben kaum noch leisten können. Doch warum werden die USA oder gar ein junger Amerikaner für diese Entwicklung verantwortlich gemacht?

Über Amerika und dessen Einfluss in der Welt wird in Deutschland heftig gestritten. Ein Antiamerikanismus, der sich wie hier geschildert gegen Objekte oder einzelne Amerikaner richtet, stellt dabei die Ausnahme dar. In der öffentlichen Debatte zeigt er sich dafür umso offener. In Zeitungen, in Funk und Fernsehen, im Internet. Von links bis rechts, quer durch die Gesellschaft. Antiamerikanische Meinungen sind breit akzeptiert - selbst unter Menschen, die sich als fortschrittlich verstehen. Auch wenn das die Meisten weit von sich weisen. Antiamerikanismus? Wer das Thema heute anspricht, bekommt oft zu hören: Das war doch nur eine Folge der politischen Sünden von US-Präsident Georg W. Bush. Den haben die USA kräftig selbst befeuert: mit dem Irak-Krieg, Guantanamo, Abu Ghraib.

Als ich im Jahr 2007 mit der Arbeit an diesem Buch begonnen habe, war Bush noch im Amt - und die antiamerikanische Stimmung auf einem Höhepunkt. Die Frage, wie sich dies nach einem Regierungswechsel entwickeln würde, versprach spannend zu werden. Obgleich die Politik nur einen Aspekt darstellt. Weniger beachtet ist, dass sich der Antiamerikanismus auch im Zusammenhang mit wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen zeigt. Vor allem in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und Krisen. Zeiten der Unsicherheit und Angst, in denen viele Menschen nach Hintergründen, Verantwortlichen oder Schuldigen fragen. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 markieren den Beginn einer solchen Phase. Der US-geführte "War on Terror", die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008, aber auch kulturelle Veränderungen durch das Internet haben den Beginn des neuen Jahrhunderts geprägt.

Ziel dieser Untersuchung ist es, die Elemente und Erscheinungsformen des Antiamerikanismus im medialen Diskurs in Deutschland aufzuzeigen und so zu einer besseren Erklärung des Phänomens beizutragen. Die Analyse umfasst vielfältige Medienformen: Zeitungs- und Online-Texte, Sachbücher, Hörfunk- und TV-Beiträge, aber auch Zeitschriftencover, Karikaturen, TV-Filme und Musikvideos. Ein Schwerpunkt liegt auf der Frage, wie der Antiamerikanismus auf der diskursiven Ebene funktioniert - und welche Funktion er für die Individuen und in der Gesellschaft erfüllt.

Um dem verbreiteten Einwand zu begegnen, der Antiamerikanismus stelle nur eine (legitime) Reaktion auf die US-Politik dar, werde ich den Diskurs z

1. Einleitung

"USA aufs Maul" - "raus aus 36". Diese Graffiti prangen an der Fassade eines kleinen Cafés zwischen Görlitzer Park und Landwehrkanal im Berliner Szeneviertel Kreuzberg 36. Und: "fart cafe, shit cake, fuck off".

Es ist ein Tag im August 2011. Im Gastraum steht Kris Schackman hinter der Theke. Der 35-Jährige kommt ursprünglich aus New York. Das Café hat er ein halbes Jahr zuvor mit einer Freundin eröffnet. Es gibt Torten, Tees und selbstgerösteten Bohnenkaffee. Auf die Frage nach den Graffiti reagiert Schackman ratlos: "Ich bin doch nicht die USA." Er erzählt, dass die Fassade bereits mehrmals beschmiert wurde. Mit Sprüchen wie "Tourist Fick", "Pissladen" und "Kill USA". Der Eingangsbereich sei eines Morgens mit einer klebrigen Masse aus Eiern und Zucker verschmutzt gewesen. Schackman sagt, dass man ihn für die steigenden Mieten im Bezirk verantwortlich mache: "Aber ich kann doch auch nichts dafür. Ich habe den Laden nur gemietet. Es ist nicht mal eine Kette." Und wie zur Entschuldigung: "Ein Kaffee kostet bei uns gerade mal [...]o. Das ist weniger als in den meisten anderen Läden in der Gegend hier." Dann sagt er noch, dass Kreuzberg ja eigentlich als liberal gelte. "Aber die Leute, die diese Graffiti sprühen, sind so hasserfüllt."

Oberflächlich betrachtet ist es der Unmut über die Gentrifizierung, der sich hier Bahn bricht. Unmut über die schleichende Aufwertung eines Stadtteils, in dem sich einkommensschwache Anwohner das Leben kaum noch leisten können. Doch warum werden die USA oder gar ein junger Amerikaner für diese Entwicklung verantwortlich gemacht?

Über Amerika und dessen Einfluss in der Welt wird in Deutschland heftig gestritten. Ein Antiamerikanismus, der sich wie hier geschildert gegen Objekte oder einzelne Amerikaner richtet, stellt dabei die Ausnahme dar. In der öffentlichen Debatte zeigt er sich dafür umso offener. In Zeitungen, in Funk und Fernsehen, im Internet. Von links bis rechts, quer durch die Gesellschaft. Antiamerikanische Meinungen sind breit akzeptiert - selbst unter Menschen, die sich als fortschrittlich verstehen. Auch wenn das die Meisten weit von sich weisen. Antiamerikanismus? Wer das Thema heute anspricht, bekommt oft zu hören: Das war doch nur eine Folge der politischen Sünden von US-Präsident Georg W. Bush. Den haben die USA kräftig selbst befeuert: mit dem Irak-Krieg, Guantanamo, Abu Ghraib.

Als ich im Jahr 2007 mit der Arbeit an diesem Buch begonnen habe, war Bush noch im Amt - und die antiamerikanische Stimmung auf einem Höhepunkt. Die Frage, wie sich dies nach einem Regierungswechsel entwickeln würde, versprach spannend zu werden. Obgleich die Politik nur einen Aspekt darstellt. Weniger beachtet ist, dass sich der Antiamerikanismus auch im Zusammenhang mit wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen zeigt. Vor allem in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und Krisen. Zeiten der Unsicherheit und Angst, in denen viele Menschen nach Hintergründen, Verantwortlichen oder Schuldigen fragen. Die Terroranschläge vom 11. September 2001 markieren den Beginn einer solchen Phase. Der US-geführte "War on Terror", die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008, aber auch kulturelle Veränderungen durch das Internet haben den Beginn des neuen Jahrhunderts geprägt.

Ziel dieser Untersuchung ist es, die Elemente und Erscheinungsformen des Antiamerikanismus im medialen Diskurs in Deutschland aufzuzeigen und so zu einer besseren Erklärung des Phänomens beizutragen. Die Analyse umfasst vielfältige Medienformen: Zeitungs- und Online-Texte, Sachbücher, Hörfunk- und TV-Beiträge, aber auch Zeitschriftencover, Karikaturen, TV-Filme und Musikvideos. Ein Schwerpunkt liegt auf der Frage, wie der Antiamerikanismus auf der diskursiven Ebene funktioniert - und welche Funktion er für die Individuen und in der Gesellschaft erfüllt.

Um dem verbreiteten Einwand zu begegnen, der Antiamerikanismus stelle nur eine (legitime) Reaktion auf die US-Politik dar, werde ich den Diskurs z

Details
Erscheinungsjahr: 2014
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Medienwissenschaften
Rubrik: Wissenschaften
Medium: Taschenbuch
Seiten: 409
Inhalt: 409 S.
ISBN-13: 9783593500669
ISBN-10: 3593500663
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Jaecker, Tobias
Auflage: 1/2014
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 142 x 25 mm
Von/Mit: Tobias Jaecker
Erscheinungsdatum: 13.02.2014
Gewicht: 0,509 kg
preigu-id: 105566401
Details
Erscheinungsjahr: 2014
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Medienwissenschaften
Rubrik: Wissenschaften
Medium: Taschenbuch
Seiten: 409
Inhalt: 409 S.
ISBN-13: 9783593500669
ISBN-10: 3593500663
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Jaecker, Tobias
Auflage: 1/2014
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 214 x 142 x 25 mm
Von/Mit: Tobias Jaecker
Erscheinungsdatum: 13.02.2014
Gewicht: 0,509 kg
preigu-id: 105566401
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