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Familie Fisch macht Urlaub
oder niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten - Roman
Buch von Michael Wäser
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Kommt ein Wölkchen angeflogenIrgendwann würde Hempel fliegen, das wusste Carla ganz genau. Hempel war das allerschönste und liebste Huhn von allen Hühnern der Familie Fisch, fand jedenfalls das Mädchen, und deshalb hatte Carla ihm auch einen Namen gegeben. Sie wusste nicht, ob Hempel ein Hahn oder eine Henne war. "Das kann man bei Hühnern erst später erkennen", sagte Carlas Mutter immer. "Aber fliegen können diese Hühner nicht." Wenn man erst viele Wochen nach dem Schlüpfen sehen konnte, ob Hempel eine Henne oder ein Hahn war, warum sollte das Tier nach ein paar Wochen nicht auch fliegen können? Es war ein ganz besonderes junges Huhn. Hempel kam Carla immer entgegengerannt, wenn die Achtjährige über den alten Schulhof lief, der zur Betriebsberufsschule des "VEB Hochbau Erfurt" gehörte. Dann hob Carla Hempel vom Boden hoch und herzte sie - oder ihn. Das braun-weiße, halbwüchsige Huhn fühlte sich weich an wie Seide und pickte zärtlich gegen Carlas Nase. Jeden Abend wünschte Carla Hempel eine gute Nacht, bevor sie selbst ins Bett musste. Carlas Eltern wussten nicht, dass ihre zweitjüngste Tochter ein Lieblingshuhn hatte, auch nicht, dass es Hempel hieß. Das war Carlas Geheimnis.Für Carlas Vater, Rainer Fisch, Hausmeister der Schule, waren die Hühner einfach gut, um die Familie mit frischen Eiern zu versorgen, ab und zu auch mal mit einer schönen Hühnersuppe oder einem Brathähnchen. Bei sieben und nun bald acht Kindern, die satt werden wollten, durfte man natürlich nicht so häufig Hühner schlachten, sonst wären bald keine mehr übrig gewesen, die Eier legen konnten. Rainer dachte da ganz praktisch. Er war Stadtkind, in Erfurt groß geworden, von seiner Mutter gleichzeitig verwöhnt und beherrscht und gegenüber den Geschwistern bevorzugt. Seinen Vater hatte er nie kennengelernt, seine Mutter Lisa weigerte sich noch heute, die Identität seines Vaters preiszugeben, und falls seine Geschwister, allesamt älter als er, sie kannten, hatten sie bisher absolut dichtgehalten. Warum er nicht als Geschichtslehrer arbeitete, wie er es eigentlich wollte, verstand Carla nicht. Schließlich hatte er vom Krieg eine kaputte Hand und konnte manche Hausmeisterarbeiten nur mit Mühe erledigen. Er ärgerte sich darüber aber seltener, als es Carlas Mama tat. Sie ärgerte sich ziemlich häufig und schimpfte auf irgendwen, auf "die da". Besonders, wenn sie sich unbeobachtet fühlte, schimpfte sie ganz allein vor sich hin.Carlas Mama Erika mochte die Gegenwart der Hühner, weil diese gleichermaßen gewöhnlichen wie urtümlichen Vögel sie an ihre Kindheit erinnerten. Sie war auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Stralsund aufgewachsen, mit vielen Geschwistern und einem ewig besoffenen Stiefvater. Ihre Mutter Anna hatte in dem rückständigen Dorf als Hexe gegolten, weil sie mit ihren Tieren sprach wie mit Menschen. Vor allem, wenn ein Tier krank war, zog sich Anna mit ihm in den Stall zurück und redete mit ihrem Patienten. Meistens ging es dem Tier bald wieder besser. Vielleicht hatte sich diese Vorliebe oder Fähigkeit von der Großmutter auf Carla vererbt. Manchmal schien es Erika, als habe die kleine Carla zwischen ihren zarten, hellblonden Locken hochempfindliche Antennen für die Dinge, die in der Luft lagen. Was Erika wohl zu den intimen Gesprächen zwischen ihrer Tochter und Hempel gesagt hätte? Ihre Kinder waren ihr ohnehin manchmal unheimlich, und so war es wohl besser, dass sie nichts davon wusste.Carla verfügte tatsächlich über eine Art Antennen, natürlich nicht auf ihrem Kopf, sondern in ihrem sensiblen Wesen, ihrer ausgeprägten Fantasie, die immer irgendwie in Verbindung mit dem stand, was sie umgab. Carlas besonderes Gespür für die Dinge hatte das Mädchen auch veranlasst, seine besondere Freundschaft mit Hempel nicht an die große Glocke zu hängen. Ihre Geschwister hätten sie bloß gehänselt, vor allem Siegfried und Norbert. Die beiden interessierten sich überhaupt nicht für die Hühner, Norbert jagte sie sogar manchmal mit seinem klapprigen Holzroller
Kommt ein Wölkchen angeflogenIrgendwann würde Hempel fliegen, das wusste Carla ganz genau. Hempel war das allerschönste und liebste Huhn von allen Hühnern der Familie Fisch, fand jedenfalls das Mädchen, und deshalb hatte Carla ihm auch einen Namen gegeben. Sie wusste nicht, ob Hempel ein Hahn oder eine Henne war. "Das kann man bei Hühnern erst später erkennen", sagte Carlas Mutter immer. "Aber fliegen können diese Hühner nicht." Wenn man erst viele Wochen nach dem Schlüpfen sehen konnte, ob Hempel eine Henne oder ein Hahn war, warum sollte das Tier nach ein paar Wochen nicht auch fliegen können? Es war ein ganz besonderes junges Huhn. Hempel kam Carla immer entgegengerannt, wenn die Achtjährige über den alten Schulhof lief, der zur Betriebsberufsschule des "VEB Hochbau Erfurt" gehörte. Dann hob Carla Hempel vom Boden hoch und herzte sie - oder ihn. Das braun-weiße, halbwüchsige Huhn fühlte sich weich an wie Seide und pickte zärtlich gegen Carlas Nase. Jeden Abend wünschte Carla Hempel eine gute Nacht, bevor sie selbst ins Bett musste. Carlas Eltern wussten nicht, dass ihre zweitjüngste Tochter ein Lieblingshuhn hatte, auch nicht, dass es Hempel hieß. Das war Carlas Geheimnis.Für Carlas Vater, Rainer Fisch, Hausmeister der Schule, waren die Hühner einfach gut, um die Familie mit frischen Eiern zu versorgen, ab und zu auch mal mit einer schönen Hühnersuppe oder einem Brathähnchen. Bei sieben und nun bald acht Kindern, die satt werden wollten, durfte man natürlich nicht so häufig Hühner schlachten, sonst wären bald keine mehr übrig gewesen, die Eier legen konnten. Rainer dachte da ganz praktisch. Er war Stadtkind, in Erfurt groß geworden, von seiner Mutter gleichzeitig verwöhnt und beherrscht und gegenüber den Geschwistern bevorzugt. Seinen Vater hatte er nie kennengelernt, seine Mutter Lisa weigerte sich noch heute, die Identität seines Vaters preiszugeben, und falls seine Geschwister, allesamt älter als er, sie kannten, hatten sie bisher absolut dichtgehalten. Warum er nicht als Geschichtslehrer arbeitete, wie er es eigentlich wollte, verstand Carla nicht. Schließlich hatte er vom Krieg eine kaputte Hand und konnte manche Hausmeisterarbeiten nur mit Mühe erledigen. Er ärgerte sich darüber aber seltener, als es Carlas Mama tat. Sie ärgerte sich ziemlich häufig und schimpfte auf irgendwen, auf "die da". Besonders, wenn sie sich unbeobachtet fühlte, schimpfte sie ganz allein vor sich hin.Carlas Mama Erika mochte die Gegenwart der Hühner, weil diese gleichermaßen gewöhnlichen wie urtümlichen Vögel sie an ihre Kindheit erinnerten. Sie war auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Stralsund aufgewachsen, mit vielen Geschwistern und einem ewig besoffenen Stiefvater. Ihre Mutter Anna hatte in dem rückständigen Dorf als Hexe gegolten, weil sie mit ihren Tieren sprach wie mit Menschen. Vor allem, wenn ein Tier krank war, zog sich Anna mit ihm in den Stall zurück und redete mit ihrem Patienten. Meistens ging es dem Tier bald wieder besser. Vielleicht hatte sich diese Vorliebe oder Fähigkeit von der Großmutter auf Carla vererbt. Manchmal schien es Erika, als habe die kleine Carla zwischen ihren zarten, hellblonden Locken hochempfindliche Antennen für die Dinge, die in der Luft lagen. Was Erika wohl zu den intimen Gesprächen zwischen ihrer Tochter und Hempel gesagt hätte? Ihre Kinder waren ihr ohnehin manchmal unheimlich, und so war es wohl besser, dass sie nichts davon wusste.Carla verfügte tatsächlich über eine Art Antennen, natürlich nicht auf ihrem Kopf, sondern in ihrem sensiblen Wesen, ihrer ausgeprägten Fantasie, die immer irgendwie in Verbindung mit dem stand, was sie umgab. Carlas besonderes Gespür für die Dinge hatte das Mädchen auch veranlasst, seine besondere Freundschaft mit Hempel nicht an die große Glocke zu hängen. Ihre Geschwister hätten sie bloß gehänselt, vor allem Siegfried und Norbert. Die beiden interessierten sich überhaupt nicht für die Hühner, Norbert jagte sie sogar manchmal mit seinem klapprigen Holzroller
Details
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Romane & Erzählungen
Rubrik: Belletristik
Medium: Buch
Seiten: 232
Inhalt: 232 S.
ISBN-13: 9783866382916
ISBN-10: 386638291X
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Wäser, Michael
axel dielmann verlag kg: Axel Dielmann Verlag KG
Maße: 211 x 129 x 20 mm
Von/Mit: Michael Wäser
Erscheinungsdatum: 22.10.2019
Gewicht: 0,361 kg
preigu-id: 117555254
Details
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Romane & Erzählungen
Rubrik: Belletristik
Medium: Buch
Seiten: 232
Inhalt: 232 S.
ISBN-13: 9783866382916
ISBN-10: 386638291X
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Wäser, Michael
axel dielmann verlag kg: Axel Dielmann Verlag KG
Maße: 211 x 129 x 20 mm
Von/Mit: Michael Wäser
Erscheinungsdatum: 22.10.2019
Gewicht: 0,361 kg
preigu-id: 117555254
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