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Beschreibung
1. Einführung"War das eine freudige Überraschung, als Ihr liebes Paket hier eintraf mit so vielen schönen Dingen. Wir freuen uns alle drei sehr [...]!" Mit diesen Worten eröffnete die Dresdenerin Frau Ziegler am 18. November 1980 ihren Brief an Frau Geiß aus Karlsruhe und bedankte sich so für das Weihnachtspaket, mit dem sie bedacht worden war. Neben der Freude war es vermutlich eine Mischung aus Scham und dem Wunsch sich zu rechtfertigen, die sie unmittelbar nach der Danksagung folgende Zeilen schreiben ließ: "So früh habe ich meine Weihnachtsgaben noch gar nicht parat, bei uns ist ja alles mit viel Lauferei und langem Warten verbunden." Als Familie Ziegler kurz vor Weihnachten ein zweites Weihnachtspaket erreicht, ohne dass sie bisher eine Reaktion auf das von ihnen versandte Päckchen erhalten hätten, beschreibt Frau Ziegler dies in einem zweiten Brief wie folgt:"Nun haben Sie sicherlich gedacht, ich schicke Ihnen einen Dresdener Christstollen, aber da hätte ich ja erst anfragen müssen, ob Sie so etwas mögen! Da wird mein kleines Päckchen sicher eine Enttäuschung gewesen sein! Ihr 2. Riesen-Paket von beträchtlichem Gewicht kam zu unser aller Überraschung gut hier an, es hat hellste Begeisterung hervorgerufen und wir alle drei danken Ihnen ganz herzlich!"Nicht nur, dass Frau Ziegler fürchtete, ihr Paket wäre zu klein; vielmehr war es die Sorge darum, ob dessen Inhalt auf der anderen Seite - im Westen - auch dieselbe Freude ausgelöst hatte wie das Westpaket in ihrer eigenen Familie im Osten. Diese Unsicherheit wurde durch eine zunächst ausbleibende Reaktion aus Karlsruhe verstärkt. Weil Frau Geiß auf das Päckchen aus dem Osten erst Mitte Januar antwortete, plagte auch sie ein schlechtes Gewissen. Sie nahm Frau Ziegler die Unsicherheit über die ausgesuchten Geschenke, indem sie beschrieb, wie sich die Familie, vor allem ihre Kinder, über den Nussknacker und den Stern, die im Paket enthalten waren, gefreut hätten. Gleichzeitig bringt sie selbst Unsicherheit zum Ausdruck, indem sie fragt, ob die Backzutaten, die sie nach Dresden versandt hatte, dort wirklich ausschließlich Freude auslösten.Dieser Auszug aus einem Briefwechsel, der den Beginn einer fast 20-jährigen Freundschaft darstellt, verdeutlicht gleich auf mehreren Ebenen die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die es bei einer deutsch-deutschen Freundschaft zu bestehen galt. So scheint es bei beiden Frauen zunächst einmal das Gefühl zu sein, nicht recht zu wissen, worüber sich das jeweilige Gegenüber tatsächlich freuen würde. Eine Unsicherheit, welche zunächst einmal nicht überrascht - begleitet sie doch auch heutzutage viele Menschen, selbst wenn Schenkende und Beschenkte schon lange freundschaftlich verbunden sind. Das gegenseitige Schenken war und ist oft mit Schwierigkeiten verbunden. Für das Schenken unter der besonderen Bedingung der deutschen Teilung - mit den unterschiedlichen Lebensverhältnissen in beiden Teilen - gilt dies in besonderer Art und Weise, denn es "gab [...] keine sozialen Regeln, an denen man sich orientieren konnte" - sie mussten sich erst entwickeln. Darüber hinaus existierten verschiedene Vorstellungen von Nützlichkeit und davon, was im Alltag gebraucht werden könnte. Neben dem Inhalt war es immer wieder auch die Frage, ob das Päckchen oder das Paket das Gegenüber unversehrt erreicht hatte. Denn "wer weiß, ob ansonsten nicht ein Teil 'Beine' bekommen hätte?" , erkundigte sich beispielsweise Frau Mettner bei ihren Verwandten in der [...] Päckchen- und Paketverkehr war während der jahrzehntelangen Teilung Deutschlands ein wichtiger Bestandteil der deutsch-deutschen Kommunikation - stand doch die Möglichkeit des Telefonierens nur den allerwenigsten zur Verfügung. Das Päckchen und das Paket verbanden Freunde, Verwandte, Bekannte sowie ehemalige Arbeitskollegen und stellten weit mehr als einen bloßen Warenaustausch dar. Für unzählige Familien und Freunde war dieser Postverkehr die wichtigste Möglichkeit, Kontakt zu halten sowie sich über
1. Einführung"War das eine freudige Überraschung, als Ihr liebes Paket hier eintraf mit so vielen schönen Dingen. Wir freuen uns alle drei sehr [...]!" Mit diesen Worten eröffnete die Dresdenerin Frau Ziegler am 18. November 1980 ihren Brief an Frau Geiß aus Karlsruhe und bedankte sich so für das Weihnachtspaket, mit dem sie bedacht worden war. Neben der Freude war es vermutlich eine Mischung aus Scham und dem Wunsch sich zu rechtfertigen, die sie unmittelbar nach der Danksagung folgende Zeilen schreiben ließ: "So früh habe ich meine Weihnachtsgaben noch gar nicht parat, bei uns ist ja alles mit viel Lauferei und langem Warten verbunden." Als Familie Ziegler kurz vor Weihnachten ein zweites Weihnachtspaket erreicht, ohne dass sie bisher eine Reaktion auf das von ihnen versandte Päckchen erhalten hätten, beschreibt Frau Ziegler dies in einem zweiten Brief wie folgt:"Nun haben Sie sicherlich gedacht, ich schicke Ihnen einen Dresdener Christstollen, aber da hätte ich ja erst anfragen müssen, ob Sie so etwas mögen! Da wird mein kleines Päckchen sicher eine Enttäuschung gewesen sein! Ihr 2. Riesen-Paket von beträchtlichem Gewicht kam zu unser aller Überraschung gut hier an, es hat hellste Begeisterung hervorgerufen und wir alle drei danken Ihnen ganz herzlich!"Nicht nur, dass Frau Ziegler fürchtete, ihr Paket wäre zu klein; vielmehr war es die Sorge darum, ob dessen Inhalt auf der anderen Seite - im Westen - auch dieselbe Freude ausgelöst hatte wie das Westpaket in ihrer eigenen Familie im Osten. Diese Unsicherheit wurde durch eine zunächst ausbleibende Reaktion aus Karlsruhe verstärkt. Weil Frau Geiß auf das Päckchen aus dem Osten erst Mitte Januar antwortete, plagte auch sie ein schlechtes Gewissen. Sie nahm Frau Ziegler die Unsicherheit über die ausgesuchten Geschenke, indem sie beschrieb, wie sich die Familie, vor allem ihre Kinder, über den Nussknacker und den Stern, die im Paket enthalten waren, gefreut hätten. Gleichzeitig bringt sie selbst Unsicherheit zum Ausdruck, indem sie fragt, ob die Backzutaten, die sie nach Dresden versandt hatte, dort wirklich ausschließlich Freude auslösten.Dieser Auszug aus einem Briefwechsel, der den Beginn einer fast 20-jährigen Freundschaft darstellt, verdeutlicht gleich auf mehreren Ebenen die Schwierigkeiten und Herausforderungen, die es bei einer deutsch-deutschen Freundschaft zu bestehen galt. So scheint es bei beiden Frauen zunächst einmal das Gefühl zu sein, nicht recht zu wissen, worüber sich das jeweilige Gegenüber tatsächlich freuen würde. Eine Unsicherheit, welche zunächst einmal nicht überrascht - begleitet sie doch auch heutzutage viele Menschen, selbst wenn Schenkende und Beschenkte schon lange freundschaftlich verbunden sind. Das gegenseitige Schenken war und ist oft mit Schwierigkeiten verbunden. Für das Schenken unter der besonderen Bedingung der deutschen Teilung - mit den unterschiedlichen Lebensverhältnissen in beiden Teilen - gilt dies in besonderer Art und Weise, denn es "gab [...] keine sozialen Regeln, an denen man sich orientieren konnte" - sie mussten sich erst entwickeln. Darüber hinaus existierten verschiedene Vorstellungen von Nützlichkeit und davon, was im Alltag gebraucht werden könnte. Neben dem Inhalt war es immer wieder auch die Frage, ob das Päckchen oder das Paket das Gegenüber unversehrt erreicht hatte. Denn "wer weiß, ob ansonsten nicht ein Teil 'Beine' bekommen hätte?" , erkundigte sich beispielsweise Frau Mettner bei ihren Verwandten in der [...] Päckchen- und Paketverkehr war während der jahrzehntelangen Teilung Deutschlands ein wichtiger Bestandteil der deutsch-deutschen Kommunikation - stand doch die Möglichkeit des Telefonierens nur den allerwenigsten zur Verfügung. Das Päckchen und das Paket verbanden Freunde, Verwandte, Bekannte sowie ehemalige Arbeitskollegen und stellten weit mehr als einen bloßen Warenaustausch dar. Für unzählige Familien und Freunde war dieser Postverkehr die wichtigste Möglichkeit, Kontakt zu halten sowie sich über
Details
Erscheinungsjahr: | 2018 |
---|---|
Fachbereich: | Zeitgeschichte & Politik |
Genre: | Geisteswissenschaften, Geschichte, Kunst, Musik |
Jahrhundert: | ab 1949 |
Rubrik: | Geisteswissenschaften |
Medium: | Taschenbuch |
Inhalt: | 319 S. |
ISBN-13: | 9783593508443 |
ISBN-10: | 3593508443 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Kartoniert / Broschiert |
Autor: | Soch, Konstanze |
Auflage: | 1/2018 |
campus verlag: | Campus Verlag |
Verantwortliche Person für die EU: | Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de |
Maße: | 215 x 140 x 22 mm |
Von/Mit: | Konstanze Soch |
Erscheinungsdatum: | 10.07.2018 |
Gewicht: | 0,407 kg |
Details
Erscheinungsjahr: | 2018 |
---|---|
Fachbereich: | Zeitgeschichte & Politik |
Genre: | Geisteswissenschaften, Geschichte, Kunst, Musik |
Jahrhundert: | ab 1949 |
Rubrik: | Geisteswissenschaften |
Medium: | Taschenbuch |
Inhalt: | 319 S. |
ISBN-13: | 9783593508443 |
ISBN-10: | 3593508443 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Kartoniert / Broschiert |
Autor: | Soch, Konstanze |
Auflage: | 1/2018 |
campus verlag: | Campus Verlag |
Verantwortliche Person für die EU: | Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de |
Maße: | 215 x 140 x 22 mm |
Von/Mit: | Konstanze Soch |
Erscheinungsdatum: | 10.07.2018 |
Gewicht: | 0,407 kg |
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