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Beschreibung
Prolog
Donna Ancilotto war in der Küche und bereitete das Abendessen vor. Sie hatte keine Eile, denn für gewöhnlich kam ihr Mann erst gegen sieben Uhr nachhause, und jetzt war es sechs Uhr. Sie war also überrascht, als er plötzlich in der Küchentür stand, sie hatte ihn nicht kommen gehört."Hallo, Schatz. Was machst du schon da?" Matteo stand schweigend da und sah sie an. Ein seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen."Was ist? Was schaust du mich so an?""Ich muss mit dir reden."Sie erschrak. War etwas geschehen? Wollte er sie verlassen? War er nicht mehr glücklich?"Nein, keine Sorge. Ich will dich nicht verlassen, da gibt es niemanden sonst." Das hatte er schon immer gekonnt. Irgendwie gab es zwischen ihnen eine telepathische Verbindung. Oft erkannte er ihre Bedürfnisse, bevor sie diese überhaupt ausgesprochen hatte."Was ist dann los?" Sie war immer noch beunruhigt."Ich war heute bei Daniele."Daniele war sein Hausarzt. Ihr Herz begann heftig zu klopfen. Matteo hatte in letzter Zeit oft über Kopfschmerzen geklagt."Was hat er gesagt?""Er hat ein CT von meinem Kopf gemacht ..." "Und??" Wieder entstand eine lange Pause. "Schatz, bitte, was ist los mit dir?" Matteo wollte seiner Frau niemals wehtun, und doch wusste er, welche Bedeutung der nächste Satz für sie alle in der Familie haben würde."Schatz, ich habe einen Gehirntumor."Der Boden unter ihren Füßen schwankte. Was sollte sie darauf sagen?Schreckliche Gedanken kamen in ihr auf. Sofort versuchte sie, sich selbst zu beruhigen."Man kann ihn doch sicher operieren und danach mit einer Chemotherapie behandeln. Du wirst bestimmt wieder gesund." In ihrer Stimme schwang eine ängstliche Frage mit und die Hoffnung, dass er ihre Behauptung bestätigen würde."Nein." "Wie: NEIN?" Das konnte nicht sein! Nein, ganz bestimmt nicht. Sie konnte und wollte es nicht glauben. Das war absurd, inakzeptabel!"Der Tumor sitzt zu tief. Er ist inoperabel. Und für eine Chemotherapie ist er schon zu groß. Man kann nichts mehr machen." Matteo gab sich Mühe, die Fassung zu wahren, für sie, für seine Frau, die Liebe seines [...] er nach dem Termin nachhause gegangen war, hatte er noch am Markusplatz haltgemacht, weil er nicht wusste, wie er diese niederschmetternde Diagnose Donna und seiner Tochter Maria beibringen [...] Markusplatz war für ihn immer ein beruhigender Ort gewesen. Dort hatte er oft Kraft getankt, und die hatte er heute nun wirklich nötig. Er wollte nicht sterben, er hatte noch so viel [...] stellte sich mitten auf den Platz und blickte auf den Markusdom. Immer wieder wurde ihm von Touristenscharen der Blick verstellt. Ja, Venedig hatte viele Bewunderer. Im Augenblick beneidete er diese Menschen. Sie würden – im Gegensatz zu ihm – noch viele Kunstwerke bestaunen, viele schöne Plätze besuchen [...] was würde für ihn kommen? Wie würde sein Sterben sein? Und danach? Was würde aus seiner Familie werden? Er war nie ängstlich gewesen, doch jetzt fraßen sich kalte Angst und Sorge in sein [...] Schar Tauben flog auf. Sie hatten eine neue Futterquelle entdeckt. Ein kleines Mädchen stand inmitten einer Wolke aus flügelschlagenden, gierigen Futterjägern. Einen Arm ängstlich von sich gestreckt, war ihr die plötzliche Belagerung nicht ganz geheuer. Nur eine Taube war nicht aufgeschreckt, sie war vor Matteo sitzen geblieben und schien ihn direkt anzuschauen. Was war denn mit dieser Taube los? Irgendwie kam sie ihm sonderbar vor, anders als die anderen. Drückte der Tumor schon so auf sein Gehirn, dass er nicht mehr klar denken konnte? Wurde er schon langsam verrückt? Aber diese Taube blickte ihn tatsächlich an, als wollte sie ihm etwas sagen. Eine weitere, wesentlich kleinere Taube kam angeflogen und gesellte sich zur ersten. Die beiden schienen sich zu kennen. Es sah fast aus, als würden sie sich mit einem Kuss begrüßen. Waren das Mutter und Tochter?Auch wenn es verrückt klang. Mit einem Mal wusste er, was sie ihm sagen wollten. Er war nicht allein. Er hatte eine Frau und eine Tochter, die ihn liebten. Für sie musste er stark sein in der Zeit, die ihm noch blieb. Sie durften ihn nicht schwach und krank in Erinnerung behalten, und er musste dafür sorgen, dass sie abgesichert [...] neu gefasstem Mut machte er sich auf den Weg nachhause. Die Tauben waren längst davongeflogen. "Wie lange?" Ihre Augen glänzten feucht."Daniele sagte, etwa ein halbes bis ein ganzes Jahr.""Oh, mein Gott!" Ein bitterliches Schluchzen schüttelte sie.Matteo nahm sie tröstend in den Arm.Danach begann das [...] Tumor drückte immer stärker auf Matteos Hirn. Zuerst vergaß er Kleinigkeiten, dann sogar seinen Namen. Darauf folgte eine Zeit mit unkontrollierten Muskelzuckungen in Armen und Beinen. Er baute immer mehr ab und wurde zu einem [...] kümmerte sich liebevoll um ihn. Maria unterstützte die Mutter so gut sie konnte, und auch Matteos Mutter Eleonora stand ihnen zur [...] hatten Matteo im Erdgeschoss des Hauses ein Krankenzimmer mit Blick auf den Canal Grande eingerichtet. Als er nichts mehr lesen konnte, wurde er wenigstens durch das Treiben vor seinem Fenster ein wenig [...] hatte gerade nach ihm gesehen. Matteo schien zu schlafen. Nun kochte sie für sich und Eleonora Kaffee. "Donna." Schwach drang Matteos Stimme in die Küche, als er nach ihr rief."Schaust du bitte auf den Kaffee?", bat Donna ihre Schwiegermutter und verschwand in Matteos Zimmer. Blass und schmal lag er im Bett, doch seine Augen blickten klar wie schon lange nicht mehr. "Kann ich dir etwas diktieren?" Für einen kurzen Moment schöpfte Donna Hoffnung. So bewusst hatte er seit Wochen nicht gesprochen. "Aber sicher gerne, mein Liebling! Alles, was du möchtest!" Donna stellte keine Fragen. Sie notierte gewissenhaft alles, was Matteo diktierte. "In der Nachttischschublade ist mein Notizbuch, da findest du die Adresse einer Familie in Deutschland. Versprich mir, bitte, schick diesen Brief nach meinem Tod dorthin." Völlig verausgabt sank er noch tiefer in seine [...] war erschüttert. Matteos Zeit ging zu Ende. Er hatte reinen Tisch gemacht. Der Brief war schmerzhaft, aber er betraf sie nicht. Sie stellte keine Fragen. Sie wollte die letzten Stunden ihres Mannes nicht mit längst Vergangenem vergeuden. Nach einiger Zeit rief Donna nach ihrer Schwiegermutter. Gemeinsam wachten sie an Matteos Bett. Als Maria von der Schule nachhause kam, schwanden Matteos Kräfte rapide. Er schaffte es noch, sich von allen zu verabschieden, dann starb er in Donnas [...] paar Tage danach schickte Donna Ancilotto den Brief nach Deutschland. Er sollte das Leben einiger Menschen grundlegend ändern.
Kapitel 1
"Musstet ihr ihn unbedingt auch einladen? Wollt ihr mich ärgern?" Leah DeMarco war wütend. Sie stapfte im Wohnzimmer ihrer Eltern erregt auf und ab."Jetzt beruhige dich doch, Kind.""Ich will mich aber nicht beruhigen", fiel Leah ihrer Mutter Mariella barsch ins Wort."Das wirst du aber müssen, wenn du deiner Mutter nicht die Geburtstagsfeier verderben willst."Die ruhigen aber bestimmten Worte ihres Vaters taten ihre Wirkung. Leah war auch wirklich zu wütend gewesen, als sie ihrem Mann, hoffentlich bald Exmann, am Buffet begegnet war."Schließlich gehört er immer noch zur Familie." Wieder die leise Stimme Luigis."Ja, ich weiß. Einmal Familie, immer Familie." Resigniert setzte sich Leah neben Mariella aufs Sofa."Es tut mir leid, Mama. Ich war nur so überrascht. Ihr hättet mich vorwarnen sollen.""Wärst du dann gekommen?" Mariella sah sie prüfend an."Natürlich ... Okay, vielleicht auch nicht. Es ist noch nicht so lange her, dass ich mich von ihm getrennt habe, und eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, ihn so schnell wiederzusehen. Egal. Lasst uns weiterfeiern. Ich werde mich beherrschen."Ein skeptischer Blick Mariellas zeigte Leah, dass diese nur zu gut wusste, wie schwer es ihrer Tochter fiel, ihr Temperament zu zügeln."Wirklich! Versprochen!", versicherte Leah mit Nachdruck. Leah war zwar in Deutschland aufgewachsen, aber sie hatte italienische Vorfahren. Und manchmal ging ihr südländisches Temperament mit ihr durch. Dann war sie schwer zu bremsen."Dein Wort in Gottes Ohr", brummte [...] Geburtstagsfest im Garten war in vollem Gang, als die drei wieder zurückkehrten. Niemand hatte ihre kurze Abwesenheit und die Auseinandersetzung bemerkt, außer [...] hatte gesehen, wie Leah kurz zuvor wutentbrannt ins Wohnzimmer gestürmt war, ihre Eltern im Schlepptau. Und er brauchte kein Hellseher sein, um zu wissen, dass er der Grund dieses Ausbruchs war. Als Mariella DeMarco ihn vor einer Woche angerufen und zu ihrer Geburtstagsfeier an diesem Samstagabend eingeladen hatte, hatte er so etwas kommen sehen. Aber schließlich war er noch Leahs Mann und er mochte ihre Familie wirklich gern. Sie war seine Ersatzfamilie, denn zu seiner eigenen hatte er seit vielen, vielen Jahren keinen Kontakt mehr. "Hältst du nach passenden Röcken Ausschau?"Louis zuckte zusammen und fuhr herum. Leah blickte ihn amüsiert an."Musst du dich immer so anschleichen wie eine Katze? Und um deine Frage zu beantworten: Nein, ich habe nur nachgedacht.""Du und denken? Tut das nicht weh?" Ein freches Grinsen huschte über ihr Gesicht."Wenn ich an dich denke, schon", konterte [...] schon waren die beiden wieder mitten drinnen. So lief es immer zwischen ihnen. Humorvoll, ein bisschen gehässig, aber nie unter der Gürtellinie. Wie zwei Geschwister, die sich gerne einen verbalen Schlagabtausch lieferten.Dieses Geplänkel hatte er irgendwie vermisst, auch wenn er es nie zugeben würde."Was hast du denn für schmerzvolle Gedanken?""Hab mich nur gefragt, warum du dich so aufregst, mich hier zu sehen, dass du sogar Streit mit deinen Eltern anfängst? Eigentlich müsste doch ich derjenige sein, der sich aufregt. Schließlich hast du mich verlassen und das aus einem nicht besonders angenehmen Grund." "Muss das jetzt sein?"Sie dachte an den Tag, als sie Louis unterbreitet hatte, dass sie nicht mehr mit ihm zusammenleben konnte. Vor allem aber wollte sie nicht, dass ihre Eltern den wahren Grund erfuhren.
Donna Ancilotto war in der Küche und bereitete das Abendessen vor. Sie hatte keine Eile, denn für gewöhnlich kam ihr Mann erst gegen sieben Uhr nachhause, und jetzt war es sechs Uhr. Sie war also überrascht, als er plötzlich in der Küchentür stand, sie hatte ihn nicht kommen gehört."Hallo, Schatz. Was machst du schon da?" Matteo stand schweigend da und sah sie an. Ein seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen."Was ist? Was schaust du mich so an?""Ich muss mit dir reden."Sie erschrak. War etwas geschehen? Wollte er sie verlassen? War er nicht mehr glücklich?"Nein, keine Sorge. Ich will dich nicht verlassen, da gibt es niemanden sonst." Das hatte er schon immer gekonnt. Irgendwie gab es zwischen ihnen eine telepathische Verbindung. Oft erkannte er ihre Bedürfnisse, bevor sie diese überhaupt ausgesprochen hatte."Was ist dann los?" Sie war immer noch beunruhigt."Ich war heute bei Daniele."Daniele war sein Hausarzt. Ihr Herz begann heftig zu klopfen. Matteo hatte in letzter Zeit oft über Kopfschmerzen geklagt."Was hat er gesagt?""Er hat ein CT von meinem Kopf gemacht ..." "Und??" Wieder entstand eine lange Pause. "Schatz, bitte, was ist los mit dir?" Matteo wollte seiner Frau niemals wehtun, und doch wusste er, welche Bedeutung der nächste Satz für sie alle in der Familie haben würde."Schatz, ich habe einen Gehirntumor."Der Boden unter ihren Füßen schwankte. Was sollte sie darauf sagen?Schreckliche Gedanken kamen in ihr auf. Sofort versuchte sie, sich selbst zu beruhigen."Man kann ihn doch sicher operieren und danach mit einer Chemotherapie behandeln. Du wirst bestimmt wieder gesund." In ihrer Stimme schwang eine ängstliche Frage mit und die Hoffnung, dass er ihre Behauptung bestätigen würde."Nein." "Wie: NEIN?" Das konnte nicht sein! Nein, ganz bestimmt nicht. Sie konnte und wollte es nicht glauben. Das war absurd, inakzeptabel!"Der Tumor sitzt zu tief. Er ist inoperabel. Und für eine Chemotherapie ist er schon zu groß. Man kann nichts mehr machen." Matteo gab sich Mühe, die Fassung zu wahren, für sie, für seine Frau, die Liebe seines [...] er nach dem Termin nachhause gegangen war, hatte er noch am Markusplatz haltgemacht, weil er nicht wusste, wie er diese niederschmetternde Diagnose Donna und seiner Tochter Maria beibringen [...] Markusplatz war für ihn immer ein beruhigender Ort gewesen. Dort hatte er oft Kraft getankt, und die hatte er heute nun wirklich nötig. Er wollte nicht sterben, er hatte noch so viel [...] stellte sich mitten auf den Platz und blickte auf den Markusdom. Immer wieder wurde ihm von Touristenscharen der Blick verstellt. Ja, Venedig hatte viele Bewunderer. Im Augenblick beneidete er diese Menschen. Sie würden – im Gegensatz zu ihm – noch viele Kunstwerke bestaunen, viele schöne Plätze besuchen [...] was würde für ihn kommen? Wie würde sein Sterben sein? Und danach? Was würde aus seiner Familie werden? Er war nie ängstlich gewesen, doch jetzt fraßen sich kalte Angst und Sorge in sein [...] Schar Tauben flog auf. Sie hatten eine neue Futterquelle entdeckt. Ein kleines Mädchen stand inmitten einer Wolke aus flügelschlagenden, gierigen Futterjägern. Einen Arm ängstlich von sich gestreckt, war ihr die plötzliche Belagerung nicht ganz geheuer. Nur eine Taube war nicht aufgeschreckt, sie war vor Matteo sitzen geblieben und schien ihn direkt anzuschauen. Was war denn mit dieser Taube los? Irgendwie kam sie ihm sonderbar vor, anders als die anderen. Drückte der Tumor schon so auf sein Gehirn, dass er nicht mehr klar denken konnte? Wurde er schon langsam verrückt? Aber diese Taube blickte ihn tatsächlich an, als wollte sie ihm etwas sagen. Eine weitere, wesentlich kleinere Taube kam angeflogen und gesellte sich zur ersten. Die beiden schienen sich zu kennen. Es sah fast aus, als würden sie sich mit einem Kuss begrüßen. Waren das Mutter und Tochter?Auch wenn es verrückt klang. Mit einem Mal wusste er, was sie ihm sagen wollten. Er war nicht allein. Er hatte eine Frau und eine Tochter, die ihn liebten. Für sie musste er stark sein in der Zeit, die ihm noch blieb. Sie durften ihn nicht schwach und krank in Erinnerung behalten, und er musste dafür sorgen, dass sie abgesichert [...] neu gefasstem Mut machte er sich auf den Weg nachhause. Die Tauben waren längst davongeflogen. "Wie lange?" Ihre Augen glänzten feucht."Daniele sagte, etwa ein halbes bis ein ganzes Jahr.""Oh, mein Gott!" Ein bitterliches Schluchzen schüttelte sie.Matteo nahm sie tröstend in den Arm.Danach begann das [...] Tumor drückte immer stärker auf Matteos Hirn. Zuerst vergaß er Kleinigkeiten, dann sogar seinen Namen. Darauf folgte eine Zeit mit unkontrollierten Muskelzuckungen in Armen und Beinen. Er baute immer mehr ab und wurde zu einem [...] kümmerte sich liebevoll um ihn. Maria unterstützte die Mutter so gut sie konnte, und auch Matteos Mutter Eleonora stand ihnen zur [...] hatten Matteo im Erdgeschoss des Hauses ein Krankenzimmer mit Blick auf den Canal Grande eingerichtet. Als er nichts mehr lesen konnte, wurde er wenigstens durch das Treiben vor seinem Fenster ein wenig [...] hatte gerade nach ihm gesehen. Matteo schien zu schlafen. Nun kochte sie für sich und Eleonora Kaffee. "Donna." Schwach drang Matteos Stimme in die Küche, als er nach ihr rief."Schaust du bitte auf den Kaffee?", bat Donna ihre Schwiegermutter und verschwand in Matteos Zimmer. Blass und schmal lag er im Bett, doch seine Augen blickten klar wie schon lange nicht mehr. "Kann ich dir etwas diktieren?" Für einen kurzen Moment schöpfte Donna Hoffnung. So bewusst hatte er seit Wochen nicht gesprochen. "Aber sicher gerne, mein Liebling! Alles, was du möchtest!" Donna stellte keine Fragen. Sie notierte gewissenhaft alles, was Matteo diktierte. "In der Nachttischschublade ist mein Notizbuch, da findest du die Adresse einer Familie in Deutschland. Versprich mir, bitte, schick diesen Brief nach meinem Tod dorthin." Völlig verausgabt sank er noch tiefer in seine [...] war erschüttert. Matteos Zeit ging zu Ende. Er hatte reinen Tisch gemacht. Der Brief war schmerzhaft, aber er betraf sie nicht. Sie stellte keine Fragen. Sie wollte die letzten Stunden ihres Mannes nicht mit längst Vergangenem vergeuden. Nach einiger Zeit rief Donna nach ihrer Schwiegermutter. Gemeinsam wachten sie an Matteos Bett. Als Maria von der Schule nachhause kam, schwanden Matteos Kräfte rapide. Er schaffte es noch, sich von allen zu verabschieden, dann starb er in Donnas [...] paar Tage danach schickte Donna Ancilotto den Brief nach Deutschland. Er sollte das Leben einiger Menschen grundlegend ändern.
Kapitel 1
"Musstet ihr ihn unbedingt auch einladen? Wollt ihr mich ärgern?" Leah DeMarco war wütend. Sie stapfte im Wohnzimmer ihrer Eltern erregt auf und ab."Jetzt beruhige dich doch, Kind.""Ich will mich aber nicht beruhigen", fiel Leah ihrer Mutter Mariella barsch ins Wort."Das wirst du aber müssen, wenn du deiner Mutter nicht die Geburtstagsfeier verderben willst."Die ruhigen aber bestimmten Worte ihres Vaters taten ihre Wirkung. Leah war auch wirklich zu wütend gewesen, als sie ihrem Mann, hoffentlich bald Exmann, am Buffet begegnet war."Schließlich gehört er immer noch zur Familie." Wieder die leise Stimme Luigis."Ja, ich weiß. Einmal Familie, immer Familie." Resigniert setzte sich Leah neben Mariella aufs Sofa."Es tut mir leid, Mama. Ich war nur so überrascht. Ihr hättet mich vorwarnen sollen.""Wärst du dann gekommen?" Mariella sah sie prüfend an."Natürlich ... Okay, vielleicht auch nicht. Es ist noch nicht so lange her, dass ich mich von ihm getrennt habe, und eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, ihn so schnell wiederzusehen. Egal. Lasst uns weiterfeiern. Ich werde mich beherrschen."Ein skeptischer Blick Mariellas zeigte Leah, dass diese nur zu gut wusste, wie schwer es ihrer Tochter fiel, ihr Temperament zu zügeln."Wirklich! Versprochen!", versicherte Leah mit Nachdruck. Leah war zwar in Deutschland aufgewachsen, aber sie hatte italienische Vorfahren. Und manchmal ging ihr südländisches Temperament mit ihr durch. Dann war sie schwer zu bremsen."Dein Wort in Gottes Ohr", brummte [...] Geburtstagsfest im Garten war in vollem Gang, als die drei wieder zurückkehrten. Niemand hatte ihre kurze Abwesenheit und die Auseinandersetzung bemerkt, außer [...] hatte gesehen, wie Leah kurz zuvor wutentbrannt ins Wohnzimmer gestürmt war, ihre Eltern im Schlepptau. Und er brauchte kein Hellseher sein, um zu wissen, dass er der Grund dieses Ausbruchs war. Als Mariella DeMarco ihn vor einer Woche angerufen und zu ihrer Geburtstagsfeier an diesem Samstagabend eingeladen hatte, hatte er so etwas kommen sehen. Aber schließlich war er noch Leahs Mann und er mochte ihre Familie wirklich gern. Sie war seine Ersatzfamilie, denn zu seiner eigenen hatte er seit vielen, vielen Jahren keinen Kontakt mehr. "Hältst du nach passenden Röcken Ausschau?"Louis zuckte zusammen und fuhr herum. Leah blickte ihn amüsiert an."Musst du dich immer so anschleichen wie eine Katze? Und um deine Frage zu beantworten: Nein, ich habe nur nachgedacht.""Du und denken? Tut das nicht weh?" Ein freches Grinsen huschte über ihr Gesicht."Wenn ich an dich denke, schon", konterte [...] schon waren die beiden wieder mitten drinnen. So lief es immer zwischen ihnen. Humorvoll, ein bisschen gehässig, aber nie unter der Gürtellinie. Wie zwei Geschwister, die sich gerne einen verbalen Schlagabtausch lieferten.Dieses Geplänkel hatte er irgendwie vermisst, auch wenn er es nie zugeben würde."Was hast du denn für schmerzvolle Gedanken?""Hab mich nur gefragt, warum du dich so aufregst, mich hier zu sehen, dass du sogar Streit mit deinen Eltern anfängst? Eigentlich müsste doch ich derjenige sein, der sich aufregt. Schließlich hast du mich verlassen und das aus einem nicht besonders angenehmen Grund." "Muss das jetzt sein?"Sie dachte an den Tag, als sie Louis unterbreitet hatte, dass sie nicht mehr mit ihm zusammenleben konnte. Vor allem aber wollte sie nicht, dass ihre Eltern den wahren Grund erfuhren.
Prolog
Donna Ancilotto war in der Küche und bereitete das Abendessen vor. Sie hatte keine Eile, denn für gewöhnlich kam ihr Mann erst gegen sieben Uhr nachhause, und jetzt war es sechs Uhr. Sie war also überrascht, als er plötzlich in der Küchentür stand, sie hatte ihn nicht kommen gehört."Hallo, Schatz. Was machst du schon da?" Matteo stand schweigend da und sah sie an. Ein seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen."Was ist? Was schaust du mich so an?""Ich muss mit dir reden."Sie erschrak. War etwas geschehen? Wollte er sie verlassen? War er nicht mehr glücklich?"Nein, keine Sorge. Ich will dich nicht verlassen, da gibt es niemanden sonst." Das hatte er schon immer gekonnt. Irgendwie gab es zwischen ihnen eine telepathische Verbindung. Oft erkannte er ihre Bedürfnisse, bevor sie diese überhaupt ausgesprochen hatte."Was ist dann los?" Sie war immer noch beunruhigt."Ich war heute bei Daniele."Daniele war sein Hausarzt. Ihr Herz begann heftig zu klopfen. Matteo hatte in letzter Zeit oft über Kopfschmerzen geklagt."Was hat er gesagt?""Er hat ein CT von meinem Kopf gemacht ..." "Und??" Wieder entstand eine lange Pause. "Schatz, bitte, was ist los mit dir?" Matteo wollte seiner Frau niemals wehtun, und doch wusste er, welche Bedeutung der nächste Satz für sie alle in der Familie haben würde."Schatz, ich habe einen Gehirntumor."Der Boden unter ihren Füßen schwankte. Was sollte sie darauf sagen?Schreckliche Gedanken kamen in ihr auf. Sofort versuchte sie, sich selbst zu beruhigen."Man kann ihn doch sicher operieren und danach mit einer Chemotherapie behandeln. Du wirst bestimmt wieder gesund." In ihrer Stimme schwang eine ängstliche Frage mit und die Hoffnung, dass er ihre Behauptung bestätigen würde."Nein." "Wie: NEIN?" Das konnte nicht sein! Nein, ganz bestimmt nicht. Sie konnte und wollte es nicht glauben. Das war absurd, inakzeptabel!"Der Tumor sitzt zu tief. Er ist inoperabel. Und für eine Chemotherapie ist er schon zu groß. Man kann nichts mehr machen." Matteo gab sich Mühe, die Fassung zu wahren, für sie, für seine Frau, die Liebe seines [...] er nach dem Termin nachhause gegangen war, hatte er noch am Markusplatz haltgemacht, weil er nicht wusste, wie er diese niederschmetternde Diagnose Donna und seiner Tochter Maria beibringen [...] Markusplatz war für ihn immer ein beruhigender Ort gewesen. Dort hatte er oft Kraft getankt, und die hatte er heute nun wirklich nötig. Er wollte nicht sterben, er hatte noch so viel [...] stellte sich mitten auf den Platz und blickte auf den Markusdom. Immer wieder wurde ihm von Touristenscharen der Blick verstellt. Ja, Venedig hatte viele Bewunderer. Im Augenblick beneidete er diese Menschen. Sie würden – im Gegensatz zu ihm – noch viele Kunstwerke bestaunen, viele schöne Plätze besuchen [...] was würde für ihn kommen? Wie würde sein Sterben sein? Und danach? Was würde aus seiner Familie werden? Er war nie ängstlich gewesen, doch jetzt fraßen sich kalte Angst und Sorge in sein [...] Schar Tauben flog auf. Sie hatten eine neue Futterquelle entdeckt. Ein kleines Mädchen stand inmitten einer Wolke aus flügelschlagenden, gierigen Futterjägern. Einen Arm ängstlich von sich gestreckt, war ihr die plötzliche Belagerung nicht ganz geheuer. Nur eine Taube war nicht aufgeschreckt, sie war vor Matteo sitzen geblieben und schien ihn direkt anzuschauen. Was war denn mit dieser Taube los? Irgendwie kam sie ihm sonderbar vor, anders als die anderen. Drückte der Tumor schon so auf sein Gehirn, dass er nicht mehr klar denken konnte? Wurde er schon langsam verrückt? Aber diese Taube blickte ihn tatsächlich an, als wollte sie ihm etwas sagen. Eine weitere, wesentlich kleinere Taube kam angeflogen und gesellte sich zur ersten. Die beiden schienen sich zu kennen. Es sah fast aus, als würden sie sich mit einem Kuss begrüßen. Waren das Mutter und Tochter?Auch wenn es verrückt klang. Mit einem Mal wusste er, was sie ihm sagen wollten. Er war nicht allein. Er hatte eine Frau und eine Tochter, die ihn liebten. Für sie musste er stark sein in der Zeit, die ihm noch blieb. Sie durften ihn nicht schwach und krank in Erinnerung behalten, und er musste dafür sorgen, dass sie abgesichert [...] neu gefasstem Mut machte er sich auf den Weg nachhause. Die Tauben waren längst davongeflogen. "Wie lange?" Ihre Augen glänzten feucht."Daniele sagte, etwa ein halbes bis ein ganzes Jahr.""Oh, mein Gott!" Ein bitterliches Schluchzen schüttelte sie.Matteo nahm sie tröstend in den Arm.Danach begann das [...] Tumor drückte immer stärker auf Matteos Hirn. Zuerst vergaß er Kleinigkeiten, dann sogar seinen Namen. Darauf folgte eine Zeit mit unkontrollierten Muskelzuckungen in Armen und Beinen. Er baute immer mehr ab und wurde zu einem [...] kümmerte sich liebevoll um ihn. Maria unterstützte die Mutter so gut sie konnte, und auch Matteos Mutter Eleonora stand ihnen zur [...] hatten Matteo im Erdgeschoss des Hauses ein Krankenzimmer mit Blick auf den Canal Grande eingerichtet. Als er nichts mehr lesen konnte, wurde er wenigstens durch das Treiben vor seinem Fenster ein wenig [...] hatte gerade nach ihm gesehen. Matteo schien zu schlafen. Nun kochte sie für sich und Eleonora Kaffee. "Donna." Schwach drang Matteos Stimme in die Küche, als er nach ihr rief."Schaust du bitte auf den Kaffee?", bat Donna ihre Schwiegermutter und verschwand in Matteos Zimmer. Blass und schmal lag er im Bett, doch seine Augen blickten klar wie schon lange nicht mehr. "Kann ich dir etwas diktieren?" Für einen kurzen Moment schöpfte Donna Hoffnung. So bewusst hatte er seit Wochen nicht gesprochen. "Aber sicher gerne, mein Liebling! Alles, was du möchtest!" Donna stellte keine Fragen. Sie notierte gewissenhaft alles, was Matteo diktierte. "In der Nachttischschublade ist mein Notizbuch, da findest du die Adresse einer Familie in Deutschland. Versprich mir, bitte, schick diesen Brief nach meinem Tod dorthin." Völlig verausgabt sank er noch tiefer in seine [...] war erschüttert. Matteos Zeit ging zu Ende. Er hatte reinen Tisch gemacht. Der Brief war schmerzhaft, aber er betraf sie nicht. Sie stellte keine Fragen. Sie wollte die letzten Stunden ihres Mannes nicht mit längst Vergangenem vergeuden. Nach einiger Zeit rief Donna nach ihrer Schwiegermutter. Gemeinsam wachten sie an Matteos Bett. Als Maria von der Schule nachhause kam, schwanden Matteos Kräfte rapide. Er schaffte es noch, sich von allen zu verabschieden, dann starb er in Donnas [...] paar Tage danach schickte Donna Ancilotto den Brief nach Deutschland. Er sollte das Leben einiger Menschen grundlegend ändern.
Kapitel 1
"Musstet ihr ihn unbedingt auch einladen? Wollt ihr mich ärgern?" Leah DeMarco war wütend. Sie stapfte im Wohnzimmer ihrer Eltern erregt auf und ab."Jetzt beruhige dich doch, Kind.""Ich will mich aber nicht beruhigen", fiel Leah ihrer Mutter Mariella barsch ins Wort."Das wirst du aber müssen, wenn du deiner Mutter nicht die Geburtstagsfeier verderben willst."Die ruhigen aber bestimmten Worte ihres Vaters taten ihre Wirkung. Leah war auch wirklich zu wütend gewesen, als sie ihrem Mann, hoffentlich bald Exmann, am Buffet begegnet war."Schließlich gehört er immer noch zur Familie." Wieder die leise Stimme Luigis."Ja, ich weiß. Einmal Familie, immer Familie." Resigniert setzte sich Leah neben Mariella aufs Sofa."Es tut mir leid, Mama. Ich war nur so überrascht. Ihr hättet mich vorwarnen sollen.""Wärst du dann gekommen?" Mariella sah sie prüfend an."Natürlich ... Okay, vielleicht auch nicht. Es ist noch nicht so lange her, dass ich mich von ihm getrennt habe, und eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, ihn so schnell wiederzusehen. Egal. Lasst uns weiterfeiern. Ich werde mich beherrschen."Ein skeptischer Blick Mariellas zeigte Leah, dass diese nur zu gut wusste, wie schwer es ihrer Tochter fiel, ihr Temperament zu zügeln."Wirklich! Versprochen!", versicherte Leah mit Nachdruck. Leah war zwar in Deutschland aufgewachsen, aber sie hatte italienische Vorfahren. Und manchmal ging ihr südländisches Temperament mit ihr durch. Dann war sie schwer zu bremsen."Dein Wort in Gottes Ohr", brummte [...] Geburtstagsfest im Garten war in vollem Gang, als die drei wieder zurückkehrten. Niemand hatte ihre kurze Abwesenheit und die Auseinandersetzung bemerkt, außer [...] hatte gesehen, wie Leah kurz zuvor wutentbrannt ins Wohnzimmer gestürmt war, ihre Eltern im Schlepptau. Und er brauchte kein Hellseher sein, um zu wissen, dass er der Grund dieses Ausbruchs war. Als Mariella DeMarco ihn vor einer Woche angerufen und zu ihrer Geburtstagsfeier an diesem Samstagabend eingeladen hatte, hatte er so etwas kommen sehen. Aber schließlich war er noch Leahs Mann und er mochte ihre Familie wirklich gern. Sie war seine Ersatzfamilie, denn zu seiner eigenen hatte er seit vielen, vielen Jahren keinen Kontakt mehr. "Hältst du nach passenden Röcken Ausschau?"Louis zuckte zusammen und fuhr herum. Leah blickte ihn amüsiert an."Musst du dich immer so anschleichen wie eine Katze? Und um deine Frage zu beantworten: Nein, ich habe nur nachgedacht.""Du und denken? Tut das nicht weh?" Ein freches Grinsen huschte über ihr Gesicht."Wenn ich an dich denke, schon", konterte [...] schon waren die beiden wieder mitten drinnen. So lief es immer zwischen ihnen. Humorvoll, ein bisschen gehässig, aber nie unter der Gürtellinie. Wie zwei Geschwister, die sich gerne einen verbalen Schlagabtausch lieferten.Dieses Geplänkel hatte er irgendwie vermisst, auch wenn er es nie zugeben würde."Was hast du denn für schmerzvolle Gedanken?""Hab mich nur gefragt, warum du dich so aufregst, mich hier zu sehen, dass du sogar Streit mit deinen Eltern anfängst? Eigentlich müsste doch ich derjenige sein, der sich aufregt. Schließlich hast du mich verlassen und das aus einem nicht besonders angenehmen Grund." "Muss das jetzt sein?"Sie dachte an den Tag, als sie Louis unterbreitet hatte, dass sie nicht mehr mit ihm zusammenleben konnte. Vor allem aber wollte sie nicht, dass ihre Eltern den wahren Grund erfuhren.
Donna Ancilotto war in der Küche und bereitete das Abendessen vor. Sie hatte keine Eile, denn für gewöhnlich kam ihr Mann erst gegen sieben Uhr nachhause, und jetzt war es sechs Uhr. Sie war also überrascht, als er plötzlich in der Küchentür stand, sie hatte ihn nicht kommen gehört."Hallo, Schatz. Was machst du schon da?" Matteo stand schweigend da und sah sie an. Ein seltsamer Ausdruck lag in seinen Augen."Was ist? Was schaust du mich so an?""Ich muss mit dir reden."Sie erschrak. War etwas geschehen? Wollte er sie verlassen? War er nicht mehr glücklich?"Nein, keine Sorge. Ich will dich nicht verlassen, da gibt es niemanden sonst." Das hatte er schon immer gekonnt. Irgendwie gab es zwischen ihnen eine telepathische Verbindung. Oft erkannte er ihre Bedürfnisse, bevor sie diese überhaupt ausgesprochen hatte."Was ist dann los?" Sie war immer noch beunruhigt."Ich war heute bei Daniele."Daniele war sein Hausarzt. Ihr Herz begann heftig zu klopfen. Matteo hatte in letzter Zeit oft über Kopfschmerzen geklagt."Was hat er gesagt?""Er hat ein CT von meinem Kopf gemacht ..." "Und??" Wieder entstand eine lange Pause. "Schatz, bitte, was ist los mit dir?" Matteo wollte seiner Frau niemals wehtun, und doch wusste er, welche Bedeutung der nächste Satz für sie alle in der Familie haben würde."Schatz, ich habe einen Gehirntumor."Der Boden unter ihren Füßen schwankte. Was sollte sie darauf sagen?Schreckliche Gedanken kamen in ihr auf. Sofort versuchte sie, sich selbst zu beruhigen."Man kann ihn doch sicher operieren und danach mit einer Chemotherapie behandeln. Du wirst bestimmt wieder gesund." In ihrer Stimme schwang eine ängstliche Frage mit und die Hoffnung, dass er ihre Behauptung bestätigen würde."Nein." "Wie: NEIN?" Das konnte nicht sein! Nein, ganz bestimmt nicht. Sie konnte und wollte es nicht glauben. Das war absurd, inakzeptabel!"Der Tumor sitzt zu tief. Er ist inoperabel. Und für eine Chemotherapie ist er schon zu groß. Man kann nichts mehr machen." Matteo gab sich Mühe, die Fassung zu wahren, für sie, für seine Frau, die Liebe seines [...] er nach dem Termin nachhause gegangen war, hatte er noch am Markusplatz haltgemacht, weil er nicht wusste, wie er diese niederschmetternde Diagnose Donna und seiner Tochter Maria beibringen [...] Markusplatz war für ihn immer ein beruhigender Ort gewesen. Dort hatte er oft Kraft getankt, und die hatte er heute nun wirklich nötig. Er wollte nicht sterben, er hatte noch so viel [...] stellte sich mitten auf den Platz und blickte auf den Markusdom. Immer wieder wurde ihm von Touristenscharen der Blick verstellt. Ja, Venedig hatte viele Bewunderer. Im Augenblick beneidete er diese Menschen. Sie würden – im Gegensatz zu ihm – noch viele Kunstwerke bestaunen, viele schöne Plätze besuchen [...] was würde für ihn kommen? Wie würde sein Sterben sein? Und danach? Was würde aus seiner Familie werden? Er war nie ängstlich gewesen, doch jetzt fraßen sich kalte Angst und Sorge in sein [...] Schar Tauben flog auf. Sie hatten eine neue Futterquelle entdeckt. Ein kleines Mädchen stand inmitten einer Wolke aus flügelschlagenden, gierigen Futterjägern. Einen Arm ängstlich von sich gestreckt, war ihr die plötzliche Belagerung nicht ganz geheuer. Nur eine Taube war nicht aufgeschreckt, sie war vor Matteo sitzen geblieben und schien ihn direkt anzuschauen. Was war denn mit dieser Taube los? Irgendwie kam sie ihm sonderbar vor, anders als die anderen. Drückte der Tumor schon so auf sein Gehirn, dass er nicht mehr klar denken konnte? Wurde er schon langsam verrückt? Aber diese Taube blickte ihn tatsächlich an, als wollte sie ihm etwas sagen. Eine weitere, wesentlich kleinere Taube kam angeflogen und gesellte sich zur ersten. Die beiden schienen sich zu kennen. Es sah fast aus, als würden sie sich mit einem Kuss begrüßen. Waren das Mutter und Tochter?Auch wenn es verrückt klang. Mit einem Mal wusste er, was sie ihm sagen wollten. Er war nicht allein. Er hatte eine Frau und eine Tochter, die ihn liebten. Für sie musste er stark sein in der Zeit, die ihm noch blieb. Sie durften ihn nicht schwach und krank in Erinnerung behalten, und er musste dafür sorgen, dass sie abgesichert [...] neu gefasstem Mut machte er sich auf den Weg nachhause. Die Tauben waren längst davongeflogen. "Wie lange?" Ihre Augen glänzten feucht."Daniele sagte, etwa ein halbes bis ein ganzes Jahr.""Oh, mein Gott!" Ein bitterliches Schluchzen schüttelte sie.Matteo nahm sie tröstend in den Arm.Danach begann das [...] Tumor drückte immer stärker auf Matteos Hirn. Zuerst vergaß er Kleinigkeiten, dann sogar seinen Namen. Darauf folgte eine Zeit mit unkontrollierten Muskelzuckungen in Armen und Beinen. Er baute immer mehr ab und wurde zu einem [...] kümmerte sich liebevoll um ihn. Maria unterstützte die Mutter so gut sie konnte, und auch Matteos Mutter Eleonora stand ihnen zur [...] hatten Matteo im Erdgeschoss des Hauses ein Krankenzimmer mit Blick auf den Canal Grande eingerichtet. Als er nichts mehr lesen konnte, wurde er wenigstens durch das Treiben vor seinem Fenster ein wenig [...] hatte gerade nach ihm gesehen. Matteo schien zu schlafen. Nun kochte sie für sich und Eleonora Kaffee. "Donna." Schwach drang Matteos Stimme in die Küche, als er nach ihr rief."Schaust du bitte auf den Kaffee?", bat Donna ihre Schwiegermutter und verschwand in Matteos Zimmer. Blass und schmal lag er im Bett, doch seine Augen blickten klar wie schon lange nicht mehr. "Kann ich dir etwas diktieren?" Für einen kurzen Moment schöpfte Donna Hoffnung. So bewusst hatte er seit Wochen nicht gesprochen. "Aber sicher gerne, mein Liebling! Alles, was du möchtest!" Donna stellte keine Fragen. Sie notierte gewissenhaft alles, was Matteo diktierte. "In der Nachttischschublade ist mein Notizbuch, da findest du die Adresse einer Familie in Deutschland. Versprich mir, bitte, schick diesen Brief nach meinem Tod dorthin." Völlig verausgabt sank er noch tiefer in seine [...] war erschüttert. Matteos Zeit ging zu Ende. Er hatte reinen Tisch gemacht. Der Brief war schmerzhaft, aber er betraf sie nicht. Sie stellte keine Fragen. Sie wollte die letzten Stunden ihres Mannes nicht mit längst Vergangenem vergeuden. Nach einiger Zeit rief Donna nach ihrer Schwiegermutter. Gemeinsam wachten sie an Matteos Bett. Als Maria von der Schule nachhause kam, schwanden Matteos Kräfte rapide. Er schaffte es noch, sich von allen zu verabschieden, dann starb er in Donnas [...] paar Tage danach schickte Donna Ancilotto den Brief nach Deutschland. Er sollte das Leben einiger Menschen grundlegend ändern.
Kapitel 1
"Musstet ihr ihn unbedingt auch einladen? Wollt ihr mich ärgern?" Leah DeMarco war wütend. Sie stapfte im Wohnzimmer ihrer Eltern erregt auf und ab."Jetzt beruhige dich doch, Kind.""Ich will mich aber nicht beruhigen", fiel Leah ihrer Mutter Mariella barsch ins Wort."Das wirst du aber müssen, wenn du deiner Mutter nicht die Geburtstagsfeier verderben willst."Die ruhigen aber bestimmten Worte ihres Vaters taten ihre Wirkung. Leah war auch wirklich zu wütend gewesen, als sie ihrem Mann, hoffentlich bald Exmann, am Buffet begegnet war."Schließlich gehört er immer noch zur Familie." Wieder die leise Stimme Luigis."Ja, ich weiß. Einmal Familie, immer Familie." Resigniert setzte sich Leah neben Mariella aufs Sofa."Es tut mir leid, Mama. Ich war nur so überrascht. Ihr hättet mich vorwarnen sollen.""Wärst du dann gekommen?" Mariella sah sie prüfend an."Natürlich ... Okay, vielleicht auch nicht. Es ist noch nicht so lange her, dass ich mich von ihm getrennt habe, und eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, ihn so schnell wiederzusehen. Egal. Lasst uns weiterfeiern. Ich werde mich beherrschen."Ein skeptischer Blick Mariellas zeigte Leah, dass diese nur zu gut wusste, wie schwer es ihrer Tochter fiel, ihr Temperament zu zügeln."Wirklich! Versprochen!", versicherte Leah mit Nachdruck. Leah war zwar in Deutschland aufgewachsen, aber sie hatte italienische Vorfahren. Und manchmal ging ihr südländisches Temperament mit ihr durch. Dann war sie schwer zu bremsen."Dein Wort in Gottes Ohr", brummte [...] Geburtstagsfest im Garten war in vollem Gang, als die drei wieder zurückkehrten. Niemand hatte ihre kurze Abwesenheit und die Auseinandersetzung bemerkt, außer [...] hatte gesehen, wie Leah kurz zuvor wutentbrannt ins Wohnzimmer gestürmt war, ihre Eltern im Schlepptau. Und er brauchte kein Hellseher sein, um zu wissen, dass er der Grund dieses Ausbruchs war. Als Mariella DeMarco ihn vor einer Woche angerufen und zu ihrer Geburtstagsfeier an diesem Samstagabend eingeladen hatte, hatte er so etwas kommen sehen. Aber schließlich war er noch Leahs Mann und er mochte ihre Familie wirklich gern. Sie war seine Ersatzfamilie, denn zu seiner eigenen hatte er seit vielen, vielen Jahren keinen Kontakt mehr. "Hältst du nach passenden Röcken Ausschau?"Louis zuckte zusammen und fuhr herum. Leah blickte ihn amüsiert an."Musst du dich immer so anschleichen wie eine Katze? Und um deine Frage zu beantworten: Nein, ich habe nur nachgedacht.""Du und denken? Tut das nicht weh?" Ein freches Grinsen huschte über ihr Gesicht."Wenn ich an dich denke, schon", konterte [...] schon waren die beiden wieder mitten drinnen. So lief es immer zwischen ihnen. Humorvoll, ein bisschen gehässig, aber nie unter der Gürtellinie. Wie zwei Geschwister, die sich gerne einen verbalen Schlagabtausch lieferten.Dieses Geplänkel hatte er irgendwie vermisst, auch wenn er es nie zugeben würde."Was hast du denn für schmerzvolle Gedanken?""Hab mich nur gefragt, warum du dich so aufregst, mich hier zu sehen, dass du sogar Streit mit deinen Eltern anfängst? Eigentlich müsste doch ich derjenige sein, der sich aufregt. Schließlich hast du mich verlassen und das aus einem nicht besonders angenehmen Grund." "Muss das jetzt sein?"Sie dachte an den Tag, als sie Louis unterbreitet hatte, dass sie nicht mehr mit ihm zusammenleben konnte. Vor allem aber wollte sie nicht, dass ihre Eltern den wahren Grund erfuhren.
Details
Erscheinungsjahr: | 2019 |
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Genre: | Belletristik, Krimis & Thriller |
Rubrik: | Belletristik |
Medium: | Taschenbuch |
Inhalt: | 256 S. |
ISBN-13: | 9783947145287 |
ISBN-10: | 3947145284 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Paperback |
Autor: | Meltz, Olivia |
Auflage: | 1/2019 |
Hersteller: | hansanord IMAGINE Verlag |
Verantwortliche Person für die EU: | hansanord IMAGINE Verlag, Johann-Biersack-Str. 9, D-82340 Feldafing, thomas.stolze@imagine-verlag.de |
Maße: | 210 x 135 x 27 mm |
Von/Mit: | Olivia Meltz |
Erscheinungsdatum: | 11.11.2019 |
Gewicht: | 0,439 kg |