Wesensmerkmale rechtsextremistischen Denkens und Handelns finden sich in vielen verschiedenen, Menschen verachtenden Ausprägungen in unserer Gesellschaft wieder. Ausländer- und Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Rassismus und aggressiver Nationalismus sind nur einige, sehr bekannte Merkmale des Rechtsextremismus, mit denen sich mehr und mehr Bürgerinnen und Bürger in Stadt und Land konfrontiert sehen. Insbesondere die Menschen im niedersächsischen Bad Nenndorf erleben seit einigen Jahren eine weitere Facette des Rechtsextremismus: den geschichtlichen Revisionismus.
Durch Relativierung, Verharmlosung, Umkehrung oder Leugnung historischer Vorgänge, die in den meisten Fällen in direktem Zusammenhang mit den Verbrechen des Dritten Reiches stehen, sollen die Taten der Nationalsozialismus entkriminalisiert und die deutsche Schuld umgekehrt werden. In geschichtswissenschaftliche Methoden völlig missachtender Manier erhalten Parolen so einen pseudowissenschaftlichen Anstrich. In der politischen Debatte und Auseinandersetzung um die Geschehnisse im Bad Nenndorfer "Wincklerbad" findet der geschichtliche Revisionismus einen Höhepunkt und treibt seit 2006 eine stetig steigende Zahl Rechtsextremer zu sogenannten "Gedenkmärschen" in die beschauliche Kurstadt. Dabei ist die Stimmung bei diesen rechtsextremen Aufmärschen nicht etwa von Trauer, sondern von Aggression, Provokation und politischer Agitation geprägt. Die Mythen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten um die Vorfälle im "Wincklerbad" entsponnen haben, werden in diesem Zusammenhang geschickt genutzt, um Menschen für die politische Sache zu instrumentalisieren.
Erfreulicherweise initiieren die Bad Nenndorfer Bürgerinnen und Bürger seit einigen Jahren einen wachsenden, breit aufgestellten Widerstand und eine Kultur des demokratischen Miteinanders gegen den revisionistischen Spuk in ihrer Stadt.
Der Landespräventionsrat Niedersachsen unterstützt diese positive Entwicklung in Bad Nenndorf seit längerer Zeit und nimmt mit großem Interesse wahr, dass neben der kreativen Bündnisarbeit, bunten Gegenveranstaltungen und breit gefächerter Aufklärungsarbeit vor Ort nun auch eine Publikation erschienen ist, die zur Erhellung der Geschehnisse im und um das "Wincklerbad" beiträgt.
Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass die hier vorliegende historische Aufarbeitung objektiv, d.h. nach standardisierten Regeln wissenschaftlichen Arbeitens und damit unter Offenlegung aller derzeit zugänglichen Quellen erfolgt ist.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Geschichte nicht ein- sondern mehrdimensional vollzieht und sich historisches Wissen nur unter Hinzuziehung relevanter Quellen erschließen lässt. Sie verdeutlichen auch, dass das Herausgreifen gewünschter und isolierter Ereignisse aus dem Gesamtkontext historischer Begebenheiten mit gesichertem Wissen nichts zu tun hat und lediglich einer revisionistischen Strategie dient.
Wir sind sicher, dass diese Publikation zur Klärung und Objektivierung der Geschehnisse um das "Wincklerbad" beitragen wird und hoffen darüber hinaus, dass die Ergebnisse zur Entlarvung der revisionistischen Strategie führen werden.
Landeskoordinierungsstelle des Bundesprogramms
"kompetent. für Demokratie"
beim Landespräventionsrat Niedersachsen