Liebe Lesende!Sie halten ein Wimmelbuch in den Händen. Keines im herkömmlichen Sinn, also kein Bilderbuch übervoll mit Figuren, Gebäuden, Tieren, kein buntes Buch voller Details und Geschichten, die entstehen, wenn man Bild für Bild durchblättert. Nein, dies ist ein Buch, in dem es von wunderbunten Ideen (!) wimmelt. Man kann dieses kleine Büchlein ordentlich Seite für Seite lesen, aber man kann auch darin blättern. Mit ziemlicher Sicherheit wird man auf jeder Seite etwas finden, das einen amüsiert, überrascht, anrührt, verwundert oder auch dazu verleitet zu denken: Was für ein Blödsinn! Allerdings tut man mit Letzterem dem Autor Christian Morgenstern unrecht, denn Unsinniges schrieb er nie. Ohne Sinn – das ging bei Morgenstern gar nicht. Er suchte zeitlebens nach Sinn, nur dass sein Verstand eben auch ganz neue, absurd erscheinende Figuren und Geschichten erfand. Die lebten und leben im Geist-Reich, einer Art Schlaraffenland. Allerdings fliegt einem in Morgensterns Land kein Bratgeflügel in den Mund, sondern man hört immerfort, dass neue, flirrende Ideen dem Mund entfleuchen.Zugegeben, man muss auch Sinn für Humor haben, für den sehr eigenen Morgensternschen Humor. Wenn es einem möglich wäre, dann solle man seinen Werken, schrieb der Dichter, wie einem vorüberjagenden Auto "mit Humor und Phantasie gleichsam von der Seite her aufs Trittbrett springen". Damals hatten die Autos noch Trittbretter. Und heute? Na, man hat doch Phantasie."Ich definiere den Humor als die Betrachtungsweise des Endlichen vom Standpunkte des Unendlichen aus." (Christian Morgenstern)Ach, Herr Morgenstern – muss man es so kompliziert formulieren? Wenn man sich nur ein bisschen mit Leben und Werk des Dichters Christian Morgenstern beschäftigt, wird man schnell feststellen, dass der Mann immer mit sich und seinen lustigen Phantasien gehadert hat. Viel lieber wäre er als ernster Dichter anerkannt worden, als ernsthafter Schreiber gedankentiefer Gedichte. Allerdings waren eben schon vor ihm Unmengen solcher Texte geschrieben worden, und selbst wenn Morgenstern ein paar wirklich schöne Naturgedichte und ernsthaft-sinnhaft Philosophisches geschrieben hat, das interessiert heute weniger. Auch damals nicht, weil seinem Hirn außer den ernsten Zeilen eben solche entsprangen, die ganz neu und quicklebendig waren. So wie Morgenstern seine Figuren Palmström, von Korf, Palma Kunkel und die vielen anderen das Leben erleben ließ, so hatte man das Leben noch nie gesehen. Denn es war ausgedacht.Christian Morgenstern wurde am 6. Mai 1871 in München geboren und starb am 31. März 1914 in Meran-Untermais. Die zwei Jahreszahlen stehen für Umbrüche in der deutschen Geschichte. Und dazwischen spielte sich das Leben Morgensterns ab – sozial gut abgefedert, ruhig-bürgerlich, krankheitsbelastet und voll selbst erdachter Poesie
Liebe Lesende!Sie halten ein Wimmelbuch in den Händen. Keines im herkömmlichen Sinn, also kein Bilderbuch übervoll mit Figuren, Gebäuden, Tieren, kein buntes Buch voller Details und Geschichten, die entstehen, wenn man Bild für Bild durchblättert. Nein, dies ist ein Buch, in dem es von wunderbunten Ideen (!) wimmelt. Man kann dieses kleine Büchlein ordentlich Seite für Seite lesen, aber man kann auch darin blättern. Mit ziemlicher Sicherheit wird man auf jeder Seite etwas finden, das einen amüsiert, überrascht, anrührt, verwundert oder auch dazu verleitet zu denken: Was für ein Blödsinn! Allerdings tut man mit Letzterem dem Autor Christian Morgenstern unrecht, denn Unsinniges schrieb er nie. Ohne Sinn – das ging bei Morgenstern gar nicht. Er suchte zeitlebens nach Sinn, nur dass sein Verstand eben auch ganz neue, absurd erscheinende Figuren und Geschichten erfand. Die lebten und leben im Geist-Reich, einer Art Schlaraffenland. Allerdings fliegt einem in Morgensterns Land kein Bratgeflügel in den Mund, sondern man hört immerfort, dass neue, flirrende Ideen dem Mund entfleuchen.Zugegeben, man muss auch Sinn für Humor haben, für den sehr eigenen Morgensternschen Humor. Wenn es einem möglich wäre, dann solle man seinen Werken, schrieb der Dichter, wie einem vorüberjagenden Auto "mit Humor und Phantasie gleichsam von der Seite her aufs Trittbrett springen". Damals hatten die Autos noch Trittbretter. Und heute? Na, man hat doch Phantasie."Ich definiere den Humor als die Betrachtungsweise des Endlichen vom Standpunkte des Unendlichen aus." (Christian Morgenstern)Ach, Herr Morgenstern – muss man es so kompliziert formulieren? Wenn man sich nur ein bisschen mit Leben und Werk des Dichters Christian Morgenstern beschäftigt, wird man schnell feststellen, dass der Mann immer mit sich und seinen lustigen Phantasien gehadert hat. Viel lieber wäre er als ernster Dichter anerkannt worden, als ernsthafter Schreiber gedankentiefer Gedichte. Allerdings waren eben schon vor ihm Unmengen solcher Texte geschrieben worden, und selbst wenn Morgenstern ein paar wirklich schöne Naturgedichte und ernsthaft-sinnhaft Philosophisches geschrieben hat, das interessiert heute weniger. Auch damals nicht, weil seinem Hirn außer den ernsten Zeilen eben solche entsprangen, die ganz neu und quicklebendig waren. So wie Morgenstern seine Figuren Palmström, von Korf, Palma Kunkel und die vielen anderen das Leben erleben ließ, so hatte man das Leben noch nie gesehen. Denn es war ausgedacht.Christian Morgenstern wurde am 6. Mai 1871 in München geboren und starb am 31. März 1914 in Meran-Untermais. Die zwei Jahreszahlen stehen für Umbrüche in der deutschen Geschichte. Und dazwischen spielte sich das Leben Morgensterns ab – sozial gut abgefedert, ruhig-bürgerlich, krankheitsbelastet und voll selbst erdachter Poesie
