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'Behinderung' überwinden?
Organisierter Behindertensport in der Bundesrepublik Deutschland (1950-1990), Disability History 4
Taschenbuch von Sebastian Schlund
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
EinleitungAcht Meter vierundzwanzig. Die Anzeigetafel im Ulmer Donaustadion zeigte am Nachmittag des 26. Juli 2014 unter dem Namen "Markus Rehm" 8,24 Meter. Der für Bayer Leverkusen angetretene Rehm sollte mit dieser Weite seinen schärfsten Konkurrenten Christian Reif um vier Zentimeter übertreffen und letztlich die Deutschen Meisterschaften im Weitsprung der Männer gewinnen. Was die Anzeigetafel nicht verriet: Markus Rehm ist seit einem Unfall einseitig unterschenkelamputiert und bestritt den Wettkampf mit einer speziell angefertigten Carbonprothese. Mit seinen herausragenden sportlichen Leistungen katapultierte sich Rehm nicht nur regelmäßig an die Spitze von Teilnehmerfeldern, sondern auch ins Zentrum öffentlicher Debatten um den Sinn gemeinsamer Wettkämpfe behinderter und nichtbehinderter Athleten. Schließlich schien dem Springer das eigentlich als Beeinträchtigung verstandene Fehlen eines natürlichen Beines mitnichten zum Nachteil zu geraten. Im Gegenteil: Markus Rehm warf - und wirft noch immer - die Frage auf, ob körperliche Beeinträchtigung mithilfe von High-Tech-Prothesen schlichtweg überwunden werden kann und somit die Chancengleichheit im sportlichen Wettkampf gefährdet sei.Lässt sich "Behinderung" überwinden? Warum der Sport behinderter Menschen historisch wie aktuell mit Überwindungsmotiven konnotiert ist, bildet die Leitfrage dieser Arbeit. Zum einen verspricht diese Fragestellung Erkenntnisse, weil die "Überwindung" einer körperlichen Beeinträchtigung eines der Hauptmotive behinderter Sportlerinnen und Sportler im gesamten Untersuchungszeitraum darstellte. Zum anderen wird nach der Überwindung von Zugangsbeschränkungen gefragt, die behinderte Menschen daran hinderten, am Sport teilzunehmen. Insofern umfasst diese Leitfrage sowohl die Mikroperspektive behinderter Sportler als Subjekte ihrer eigenen Geschichte sowie eine auf der Mesoebene angesiedelte Suche nach verschiedenartigen Barrieren im Behindertensport. Darüber hinaus begleitete der Überwindungsbegriff den Behindertensport in der Bundesrepublik über den gesamten Untersuchungszeitraum - allerdings in unterschiedlicher Form. Auf welche Art und Weise "Überwindung" mit dem Sport behinderter Menschen verknüpft wurde, hing dabei ebenso von gesamtge-sellschaftlichen Wandlungsprozessen auf der Makroebene ab, wie von spezifischen Entwicklungen im organisierten Behindertensport. In erster Linie ist hierbei an den Funktionswandel zu denken, den der Behinderten-sport im Verlauf der Jahrzehnte erfuhr.Zentraler Ort dieses Wandlungsprozesses war der im Deutschen Be-hindertensportverband (DBS) organisierte Sport in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1950 und 1990. An einigen Stellen wird die Analyse allerdings zeitlich nach beiden Richtungen über die Grenzen dieses Beobachtungszeitraums hinausgreifen, um die höchst unterschiedlichen Erscheinungsformen des Sports behinderter Menschen erfassen zu können. So bedeutete Behindertensport in den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten vor allem eine staatlich finanzierte therapeutische Heilmaßnahme kriegsversehrter Männer. Diese funktionelle Art des Behindertensports bezog Anleihen aus Bewegungstherapien, die in Lazaretten des Zweiten und teils gar des Ersten Weltkriegs praktiziert worden waren. Entsprechend seiner Herkunft hieß der Behindertensport auch lange Zeit "Versehrtensport" und der heutige Behindertensportverband trug bis 1975 den Namen Deutscher Versehrtensportverband e.V. (DVS).Die Namensänderung des Verbandes, dessen Entwicklung einen der Schwerpunkte der Untersuchung darstellt, verweist auf mehrere Transformationen, die als thematische Schneisen dienen werden. Erstens veränderte sich die Mitgliederstruktur des organisierten Behindertensports im Beobachtungszeitraum stark: Während anfangs nahezu ausschließlich kriegsversehrte Männer am Sport behinderter Menschen teilnahmen, stie-ßen im Verlauf der Jahrzehnte auch Menschen hinzu, deren Beeinträchti-gung nicht ursächlich auf den Krieg zurückging. Diese sogenan
EinleitungAcht Meter vierundzwanzig. Die Anzeigetafel im Ulmer Donaustadion zeigte am Nachmittag des 26. Juli 2014 unter dem Namen "Markus Rehm" 8,24 Meter. Der für Bayer Leverkusen angetretene Rehm sollte mit dieser Weite seinen schärfsten Konkurrenten Christian Reif um vier Zentimeter übertreffen und letztlich die Deutschen Meisterschaften im Weitsprung der Männer gewinnen. Was die Anzeigetafel nicht verriet: Markus Rehm ist seit einem Unfall einseitig unterschenkelamputiert und bestritt den Wettkampf mit einer speziell angefertigten Carbonprothese. Mit seinen herausragenden sportlichen Leistungen katapultierte sich Rehm nicht nur regelmäßig an die Spitze von Teilnehmerfeldern, sondern auch ins Zentrum öffentlicher Debatten um den Sinn gemeinsamer Wettkämpfe behinderter und nichtbehinderter Athleten. Schließlich schien dem Springer das eigentlich als Beeinträchtigung verstandene Fehlen eines natürlichen Beines mitnichten zum Nachteil zu geraten. Im Gegenteil: Markus Rehm warf - und wirft noch immer - die Frage auf, ob körperliche Beeinträchtigung mithilfe von High-Tech-Prothesen schlichtweg überwunden werden kann und somit die Chancengleichheit im sportlichen Wettkampf gefährdet sei.Lässt sich "Behinderung" überwinden? Warum der Sport behinderter Menschen historisch wie aktuell mit Überwindungsmotiven konnotiert ist, bildet die Leitfrage dieser Arbeit. Zum einen verspricht diese Fragestellung Erkenntnisse, weil die "Überwindung" einer körperlichen Beeinträchtigung eines der Hauptmotive behinderter Sportlerinnen und Sportler im gesamten Untersuchungszeitraum darstellte. Zum anderen wird nach der Überwindung von Zugangsbeschränkungen gefragt, die behinderte Menschen daran hinderten, am Sport teilzunehmen. Insofern umfasst diese Leitfrage sowohl die Mikroperspektive behinderter Sportler als Subjekte ihrer eigenen Geschichte sowie eine auf der Mesoebene angesiedelte Suche nach verschiedenartigen Barrieren im Behindertensport. Darüber hinaus begleitete der Überwindungsbegriff den Behindertensport in der Bundesrepublik über den gesamten Untersuchungszeitraum - allerdings in unterschiedlicher Form. Auf welche Art und Weise "Überwindung" mit dem Sport behinderter Menschen verknüpft wurde, hing dabei ebenso von gesamtge-sellschaftlichen Wandlungsprozessen auf der Makroebene ab, wie von spezifischen Entwicklungen im organisierten Behindertensport. In erster Linie ist hierbei an den Funktionswandel zu denken, den der Behinderten-sport im Verlauf der Jahrzehnte erfuhr.Zentraler Ort dieses Wandlungsprozesses war der im Deutschen Be-hindertensportverband (DBS) organisierte Sport in der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1950 und 1990. An einigen Stellen wird die Analyse allerdings zeitlich nach beiden Richtungen über die Grenzen dieses Beobachtungszeitraums hinausgreifen, um die höchst unterschiedlichen Erscheinungsformen des Sports behinderter Menschen erfassen zu können. So bedeutete Behindertensport in den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten vor allem eine staatlich finanzierte therapeutische Heilmaßnahme kriegsversehrter Männer. Diese funktionelle Art des Behindertensports bezog Anleihen aus Bewegungstherapien, die in Lazaretten des Zweiten und teils gar des Ersten Weltkriegs praktiziert worden waren. Entsprechend seiner Herkunft hieß der Behindertensport auch lange Zeit "Versehrtensport" und der heutige Behindertensportverband trug bis 1975 den Namen Deutscher Versehrtensportverband e.V. (DVS).Die Namensänderung des Verbandes, dessen Entwicklung einen der Schwerpunkte der Untersuchung darstellt, verweist auf mehrere Transformationen, die als thematische Schneisen dienen werden. Erstens veränderte sich die Mitgliederstruktur des organisierten Behindertensports im Beobachtungszeitraum stark: Während anfangs nahezu ausschließlich kriegsversehrte Männer am Sport behinderter Menschen teilnahmen, stie-ßen im Verlauf der Jahrzehnte auch Menschen hinzu, deren Beeinträchti-gung nicht ursächlich auf den Krieg zurückging. Diese sogenan
Details
Erscheinungsjahr: 2017
Fachbereich: Zeitgeschichte & Politik
Genre: Geschichte
Jahrhundert: ab 1949
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 411 S.
ISBN-13: 9783593506838
ISBN-10: 3593506831
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Schlund, Sebastian
Auflage: 1/2017
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 215 x 140 x 29 mm
Von/Mit: Sebastian Schlund
Erscheinungsdatum: 17.08.2017
Gewicht: 0,524 kg
Artikel-ID: 109576003
Details
Erscheinungsjahr: 2017
Fachbereich: Zeitgeschichte & Politik
Genre: Geschichte
Jahrhundert: ab 1949
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 411 S.
ISBN-13: 9783593506838
ISBN-10: 3593506831
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Schlund, Sebastian
Auflage: 1/2017
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 215 x 140 x 29 mm
Von/Mit: Sebastian Schlund
Erscheinungsdatum: 17.08.2017
Gewicht: 0,524 kg
Artikel-ID: 109576003
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