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Andrin
Roman
Buch von Martina Altschäfer
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
VoglwehWenn man vom Zustand der Militärstraße auf die Wehrhaftigkeit der hiesigen Armee schließen wollte, drängte sich der Gedanke auf, das ganze Land könne problemlos mit Steinschleudern in Besitz genommen werden. Die Straße, auf der wir jetzt entlangrumpelten, war nicht nur extrem schmal, sie hatte auch die gesamte Palette an Straßenschäden zu bieten: Abbrüche, Spurrillen und Bodenwellen, Schlagloch reihte sich an Schlagloch.Trotzdem kam Andrin mir jetzt weniger angespannt vor. Seit wir die Passstraße verlassen hatten, fuhr er mit der schlafwandlerischen Sicherheit des Ortskundigen. So gut es ging, umkurvte er die schadhaftesten Stellen. Für seine Ausweichmanöver war wenig Raum und so blieb es nicht aus, dass es den Jeep abenteuerlich von einer Seite auf die andere warf. Wir Insassen wurden kräftig durchgeschüttelt. Ich hielt mich gleichzeitig an Deckengriff und Sitz fest, um nicht gegen irgendetwas geschleudert zu werden. Andrin hatte nur das Lenkrad zum Festhalten; bei den ärgsten Löchern hob es ihn zentimeterhoch aus seinem Sitz. Draußen nagte das Unwetter unermüdlich an Farben und Formen, hatte Himmel, Wiesen, Fels und was sonst draußen an uns vorbeiziehen mochte, vertilgt und die Landschaft als undurchsichtigen Watteklumpen wieder ausgespuckt. Ich wusste schon lange nicht mehr, wo wir uns befanden. Alles war grau. Es gab das Nebelgrau, das nicht nur den Raum sondern auch die Zeit egalisierte. Es gab das Wassergrau, das vom Himmel rauschte, das schuttartig gegen die Scheiben klatschte, das in Bächen über die Straße lief, so dass der Jeep sekundenlang schwamm, wenn die Reifen den Kontakt zum Boden verloren, und es gab das Grau, das sich in meinem Kopf ausbreitete, das meine ursprüngliche Vorstellung von Voglweh verblassen ließ, als würden Schwamm und Wasser ein unvollständiges oder misslungenes Aquarell vom Papier waschen. Und alles verband sich in dem nicht enden wollenden Geprassel der Regentropfen auf Fenster, Dach, Motorhaube und Ladung mit dem Taktschlag, mit dem der Scheibenwischer das Konzert dirigierte und dabei ein Tempo anschlug, schneller als ein Sportlerherz bei maximaler Belastung.Ich kann nicht sagen, wie lange wir in dieser Schlechtwetterwolke gefangen waren, bis der Regen etwas nachließ und der Nebel transparenter wurde. Von irgendwoher fiel ein magisches Licht in die Ungegend und lupfte das Grau wie einen Theatervorhang verheißungsvolle zwei, drei Meter empor.Zu beiden Seiten des Fahrzeugs materialisierten sich vor Nässe glänzende Sockelzonen anthrazitfarbener Felswände und verloren sich in unwägbaren Höhen. Erst hielten sie Abstand, rahmten die Fahrbahn respektvoll ein, dann kamen die Wände näher und näher, wurden aufdringlich, waren weniger als eine Armlänge, dann eine Handbreit vom Jeep entfernt, bis die Straße nur noch ein Spalt im Fels war.Wir holperten durch den steinernen Kanal, eine Klamm, bis die rechte Felswand abrupt endete. Mehr Licht kam durch die Wolken, brachte nun eine deutliche Verbesserung der Sicht, bis die Umgebung wieder farbig wurde. Aus meinem Fenster sah ich weit unterhalb der Straße ein grünes Tal. Inmitten des Tals lag ein See, dessen von Regen und Wind bewegte Oberfläche in einem dunklen Türkis schimmerte. »Da ist es«, sagte Andrin, leiser nun, da die Wassertropfen weniger heftig auf das Auto trommelten. Das Unwetter schien abzuklingen. Ich fand, dass wir uns eine Atempause verdient hatten.Ab jetzt ging es bergab. Die Fahrt wurde rasant, links war der Fels, die rechte Straßenflanke war ungesichert, keine Leitplanke, keine Mauer, nicht einmal ein Begrenzungspfosten markierte das steil abfallende Gelände direkt neben der Fahrbahn. Der Jeep rollte schneller, wie ein Lasttier, das den heimatlichen Stall wittert. Andrin hielt das Fahrzeug dicht an der Felswand, da an meiner Seite der Abgrund gähnte. »Da ist der Zufluss des Sees!« Mit einer raschen Kopfbewegung wies er in Richtung eines Baches oder Flusses, der zäh wie Quecksilber in den Wiesen glitzerte, um sich kurz darauf a
VoglwehWenn man vom Zustand der Militärstraße auf die Wehrhaftigkeit der hiesigen Armee schließen wollte, drängte sich der Gedanke auf, das ganze Land könne problemlos mit Steinschleudern in Besitz genommen werden. Die Straße, auf der wir jetzt entlangrumpelten, war nicht nur extrem schmal, sie hatte auch die gesamte Palette an Straßenschäden zu bieten: Abbrüche, Spurrillen und Bodenwellen, Schlagloch reihte sich an Schlagloch.Trotzdem kam Andrin mir jetzt weniger angespannt vor. Seit wir die Passstraße verlassen hatten, fuhr er mit der schlafwandlerischen Sicherheit des Ortskundigen. So gut es ging, umkurvte er die schadhaftesten Stellen. Für seine Ausweichmanöver war wenig Raum und so blieb es nicht aus, dass es den Jeep abenteuerlich von einer Seite auf die andere warf. Wir Insassen wurden kräftig durchgeschüttelt. Ich hielt mich gleichzeitig an Deckengriff und Sitz fest, um nicht gegen irgendetwas geschleudert zu werden. Andrin hatte nur das Lenkrad zum Festhalten; bei den ärgsten Löchern hob es ihn zentimeterhoch aus seinem Sitz. Draußen nagte das Unwetter unermüdlich an Farben und Formen, hatte Himmel, Wiesen, Fels und was sonst draußen an uns vorbeiziehen mochte, vertilgt und die Landschaft als undurchsichtigen Watteklumpen wieder ausgespuckt. Ich wusste schon lange nicht mehr, wo wir uns befanden. Alles war grau. Es gab das Nebelgrau, das nicht nur den Raum sondern auch die Zeit egalisierte. Es gab das Wassergrau, das vom Himmel rauschte, das schuttartig gegen die Scheiben klatschte, das in Bächen über die Straße lief, so dass der Jeep sekundenlang schwamm, wenn die Reifen den Kontakt zum Boden verloren, und es gab das Grau, das sich in meinem Kopf ausbreitete, das meine ursprüngliche Vorstellung von Voglweh verblassen ließ, als würden Schwamm und Wasser ein unvollständiges oder misslungenes Aquarell vom Papier waschen. Und alles verband sich in dem nicht enden wollenden Geprassel der Regentropfen auf Fenster, Dach, Motorhaube und Ladung mit dem Taktschlag, mit dem der Scheibenwischer das Konzert dirigierte und dabei ein Tempo anschlug, schneller als ein Sportlerherz bei maximaler Belastung.Ich kann nicht sagen, wie lange wir in dieser Schlechtwetterwolke gefangen waren, bis der Regen etwas nachließ und der Nebel transparenter wurde. Von irgendwoher fiel ein magisches Licht in die Ungegend und lupfte das Grau wie einen Theatervorhang verheißungsvolle zwei, drei Meter empor.Zu beiden Seiten des Fahrzeugs materialisierten sich vor Nässe glänzende Sockelzonen anthrazitfarbener Felswände und verloren sich in unwägbaren Höhen. Erst hielten sie Abstand, rahmten die Fahrbahn respektvoll ein, dann kamen die Wände näher und näher, wurden aufdringlich, waren weniger als eine Armlänge, dann eine Handbreit vom Jeep entfernt, bis die Straße nur noch ein Spalt im Fels war.Wir holperten durch den steinernen Kanal, eine Klamm, bis die rechte Felswand abrupt endete. Mehr Licht kam durch die Wolken, brachte nun eine deutliche Verbesserung der Sicht, bis die Umgebung wieder farbig wurde. Aus meinem Fenster sah ich weit unterhalb der Straße ein grünes Tal. Inmitten des Tals lag ein See, dessen von Regen und Wind bewegte Oberfläche in einem dunklen Türkis schimmerte. »Da ist es«, sagte Andrin, leiser nun, da die Wassertropfen weniger heftig auf das Auto trommelten. Das Unwetter schien abzuklingen. Ich fand, dass wir uns eine Atempause verdient hatten.Ab jetzt ging es bergab. Die Fahrt wurde rasant, links war der Fels, die rechte Straßenflanke war ungesichert, keine Leitplanke, keine Mauer, nicht einmal ein Begrenzungspfosten markierte das steil abfallende Gelände direkt neben der Fahrbahn. Der Jeep rollte schneller, wie ein Lasttier, das den heimatlichen Stall wittert. Andrin hielt das Fahrzeug dicht an der Felswand, da an meiner Seite der Abgrund gähnte. »Da ist der Zufluss des Sees!« Mit einer raschen Kopfbewegung wies er in Richtung eines Baches oder Flusses, der zäh wie Quecksilber in den Wiesen glitzerte, um sich kurz darauf a
Details
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Romane & Erzählungen
Rubrik: Belletristik
Medium: Buch
Seiten: 264
Inhalt: 264 S.
2 Illustr.
ISBN-13: 9783947857050
ISBN-10: 3947857055
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Altschäfer, Martina
mirabilis verlag: Mirabilis Verlag
Maße: 201 x 144 x 25 mm
Von/Mit: Martina Altschäfer
Erscheinungsdatum: 25.08.2020
Gewicht: 0,438 kg
preigu-id: 118466506
Details
Erscheinungsjahr: 2020
Genre: Romane & Erzählungen
Rubrik: Belletristik
Medium: Buch
Seiten: 264
Inhalt: 264 S.
2 Illustr.
ISBN-13: 9783947857050
ISBN-10: 3947857055
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Altschäfer, Martina
mirabilis verlag: Mirabilis Verlag
Maße: 201 x 144 x 25 mm
Von/Mit: Martina Altschäfer
Erscheinungsdatum: 25.08.2020
Gewicht: 0,438 kg
preigu-id: 118466506
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