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Altern in unserer Zeit
Späte Lebensphasen zwischen Vitalität und Endlichkeit
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
In Würde altern

Otfried Höffe

Lange Zeit fand unser Thema in der Öffentlichkeit kaum Aufmerksamkeit. Seit einiger Zeit hat sich die Situation geändert, häufig angestoßen durch den vorher verdrängten demographischen Wandel. Dabei ist das neuerdings intensive Nachdenken über Altern und Alter von einer Engführung bedroht: Gesellschaft und Politik pflegen das Thema nur aus funktionaler Hinsicht zu betrachten. Sie fragen, wie man die Alten möglichst effektiv zunächst in die Berufs- und Sozialwelt, später in die Welt von Alten- und Pflegeheimen integriert. Oft stillschweigend, nicht selten ausdrücklich nimmt man dann Nutzen-Kosten-Analysen in Blick auf die Berufswelt, das Gesundheitswesen, nicht zuletzt die Rentenversicherung vor.

Wir leben aber in einer Gesellschaft, die sich emphatisch auf die Menschenwürde verpflichtet. Deshalb braucht sie die funktionale Perspektive nicht aufzugeben, sollte sie jedoch als eine für die Betroffenen weithin fremde Perspektive erkennen und genau deshalb, als Fremdperspektive, relativieren. Sie sollte zusätzlich die Innenansicht der Betroffenen, die der Älteren selbst, einnehmen und dabei nach ihrer Würde fragen.

Weil sich die Altersstruktur unserer Gesellschaft dramatisch verändert hat, pflegt man von einer alternden Gesellschaft zu reden. Man denkt an eine zunehmende Vergreisung, da die Innovationen abnähmen, die Zahl der Pflegebedürftigen dagegen wachse. Dieses Selbstbild unserer Gesellschaft hält einer näheren Prüfung nicht stand. Daher gliedere ich meinen Vortrag in zwei Hauptteile. Als erstes trete ich der unbedachten Rede von der 'Überalterung' entgegen; erst im zweiten Hauptteil rücke ich den Haupttitel in den Vordergrund, das Altern in Würde.

1. Leben wir in einer alternden Gesellschaft?

Die empirische Sozialforschung hat in den letzten Jahren ein im wörtlichen Sinn paradoxes, nämlich dem ersten Anschein widersprechendes Ergebnis gezeitigt: Das Risiko, pflegebedürftig zu werden, ist nicht etwa gestiegen. Dieser Befund ist aber nur ein Mosaiksteinchen in einem neuen Gesamtbild, das man am treffendsten unter den Titel 'Gewonnene Jahre' stellt.

Das neue Bild setzt bei einer enormen Veränderung der Lebenserwartung, allerdings nur durchschnittlichen Lebenserwartung an: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten Sechzigjährige in Mitteleuropa noch dreizehn bis vierzehn Jahre, heute können sie noch etwa zwei Dutzend weitere Lebensjahre erwarten. Die Menschen werden aber nicht bloß älter; sie bleiben auch länger frisch: sowohl körperlich als auch geistig, zusätzlich in emotionaler und sozialer Hinsicht. Dagegen wachsen wenige Kinder und Jugendliche nach. Nicht bei der angeblichen Überalterung liegt das Hauptproblem unserer Gesellschaft, sondern bei der 'Unterjüngung'. Schon heute leben in Europa mehr Menschen, die über sechzig, als Menschen, die unter fünfzehn Jahre alt sind.

Aus der so weit skizzierten Situation drängen sich gesellschaftspolitische Aufgaben wie von selbst auf: Wegen des hohen Werts, den wir jedem Menschen zubilligen, sind als erstes die Chancen, das Leben bis ins hohe Alter selbständig zu gestalten, zu verbessern. Wichtig ist aber auch ein gerechtes und zugleich produktives Verhältnis der Generationen zueinander. Um dieses zu erreichen, ist keine Trennung der Generationen, sondern eine 'Gesellschaft für alle Lebensalter' anzustreben.

Der mit der gestiegenen Lebenserwartung einhergehende Gewinn an Lebenszeit enthält ein Potential, das noch nicht annähernd ausgeschöpft ist. Denn entgegen einer verbreiteten Legende sind die Menschen bis ins hohe Alter lernfähig. Sie lernen sogar, was viele zunächst nicht glauben wollten, mit den modernen Informationstechniken umzugehen. Diese Techniken führen nicht etwa, wie oft befürchtet, zu einer verringerten Integration in das gesellschaftliche Leben, zu einer reduzierten sozialen Teilhabe. Insbesondere bei Personen, deren körperliche Beweglichkeit stark eingeschränkt ist, verhält es sich genau umgekehrt. Wie

In Würde altern

Otfried Höffe

Lange Zeit fand unser Thema in der Öffentlichkeit kaum Aufmerksamkeit. Seit einiger Zeit hat sich die Situation geändert, häufig angestoßen durch den vorher verdrängten demographischen Wandel. Dabei ist das neuerdings intensive Nachdenken über Altern und Alter von einer Engführung bedroht: Gesellschaft und Politik pflegen das Thema nur aus funktionaler Hinsicht zu betrachten. Sie fragen, wie man die Alten möglichst effektiv zunächst in die Berufs- und Sozialwelt, später in die Welt von Alten- und Pflegeheimen integriert. Oft stillschweigend, nicht selten ausdrücklich nimmt man dann Nutzen-Kosten-Analysen in Blick auf die Berufswelt, das Gesundheitswesen, nicht zuletzt die Rentenversicherung vor.

Wir leben aber in einer Gesellschaft, die sich emphatisch auf die Menschenwürde verpflichtet. Deshalb braucht sie die funktionale Perspektive nicht aufzugeben, sollte sie jedoch als eine für die Betroffenen weithin fremde Perspektive erkennen und genau deshalb, als Fremdperspektive, relativieren. Sie sollte zusätzlich die Innenansicht der Betroffenen, die der Älteren selbst, einnehmen und dabei nach ihrer Würde fragen.

Weil sich die Altersstruktur unserer Gesellschaft dramatisch verändert hat, pflegt man von einer alternden Gesellschaft zu reden. Man denkt an eine zunehmende Vergreisung, da die Innovationen abnähmen, die Zahl der Pflegebedürftigen dagegen wachse. Dieses Selbstbild unserer Gesellschaft hält einer näheren Prüfung nicht stand. Daher gliedere ich meinen Vortrag in zwei Hauptteile. Als erstes trete ich der unbedachten Rede von der 'Überalterung' entgegen; erst im zweiten Hauptteil rücke ich den Haupttitel in den Vordergrund, das Altern in Würde.

1. Leben wir in einer alternden Gesellschaft?

Die empirische Sozialforschung hat in den letzten Jahren ein im wörtlichen Sinn paradoxes, nämlich dem ersten Anschein widersprechendes Ergebnis gezeitigt: Das Risiko, pflegebedürftig zu werden, ist nicht etwa gestiegen. Dieser Befund ist aber nur ein Mosaiksteinchen in einem neuen Gesamtbild, das man am treffendsten unter den Titel 'Gewonnene Jahre' stellt.

Das neue Bild setzt bei einer enormen Veränderung der Lebenserwartung, allerdings nur durchschnittlichen Lebenserwartung an: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten Sechzigjährige in Mitteleuropa noch dreizehn bis vierzehn Jahre, heute können sie noch etwa zwei Dutzend weitere Lebensjahre erwarten. Die Menschen werden aber nicht bloß älter; sie bleiben auch länger frisch: sowohl körperlich als auch geistig, zusätzlich in emotionaler und sozialer Hinsicht. Dagegen wachsen wenige Kinder und Jugendliche nach. Nicht bei der angeblichen Überalterung liegt das Hauptproblem unserer Gesellschaft, sondern bei der 'Unterjüngung'. Schon heute leben in Europa mehr Menschen, die über sechzig, als Menschen, die unter fünfzehn Jahre alt sind.

Aus der so weit skizzierten Situation drängen sich gesellschaftspolitische Aufgaben wie von selbst auf: Wegen des hohen Werts, den wir jedem Menschen zubilligen, sind als erstes die Chancen, das Leben bis ins hohe Alter selbständig zu gestalten, zu verbessern. Wichtig ist aber auch ein gerechtes und zugleich produktives Verhältnis der Generationen zueinander. Um dieses zu erreichen, ist keine Trennung der Generationen, sondern eine 'Gesellschaft für alle Lebensalter' anzustreben.

Der mit der gestiegenen Lebenserwartung einhergehende Gewinn an Lebenszeit enthält ein Potential, das noch nicht annähernd ausgeschöpft ist. Denn entgegen einer verbreiteten Legende sind die Menschen bis ins hohe Alter lernfähig. Sie lernen sogar, was viele zunächst nicht glauben wollten, mit den modernen Informationstechniken umzugehen. Diese Techniken führen nicht etwa, wie oft befürchtet, zu einer verringerten Integration in das gesellschaftliche Leben, zu einer reduzierten sozialen Teilhabe. Insbesondere bei Personen, deren körperliche Beweglichkeit stark eingeschränkt ist, verhält es sich genau umgekehrt. Wie

Details
Erscheinungsjahr: 2013
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Philosophie
Jahrhundert: Antike
Rubrik: Geisteswissenschaften
Thema: Lexika
Medium: Taschenbuch
Seiten: 231
Inhalt: 231 S.
ISBN-13: 9783593399089
ISBN-10: 3593399083
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Zimmermann, Harm-Peer
Kruse, Andreas
Rentsch, Thomas
Ehret, Sonja
Gehring, Petra
Grebe, Heinrich
Höffe, Otfried
Jakobs, Timo
Martens, Ekkehard
Otto, Welf-Gerrit
Redaktion: Rentsch, Thomas
Zimmermann, Harm-Peer
Kruse, Andreas
Herausgeber: Thomas Rentsch/Harm-Peer Zimmermann/Andreas Kruse
Auflage: 1/2013
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 141 x 15 mm
Erscheinungsdatum: 15.10.2013
Gewicht: 0,298 kg
preigu-id: 105932422
Details
Erscheinungsjahr: 2013
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Philosophie
Jahrhundert: Antike
Rubrik: Geisteswissenschaften
Thema: Lexika
Medium: Taschenbuch
Seiten: 231
Inhalt: 231 S.
ISBN-13: 9783593399089
ISBN-10: 3593399083
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Zimmermann, Harm-Peer
Kruse, Andreas
Rentsch, Thomas
Ehret, Sonja
Gehring, Petra
Grebe, Heinrich
Höffe, Otfried
Jakobs, Timo
Martens, Ekkehard
Otto, Welf-Gerrit
Redaktion: Rentsch, Thomas
Zimmermann, Harm-Peer
Kruse, Andreas
Herausgeber: Thomas Rentsch/Harm-Peer Zimmermann/Andreas Kruse
Auflage: 1/2013
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 141 x 15 mm
Erscheinungsdatum: 15.10.2013
Gewicht: 0,298 kg
preigu-id: 105932422
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